Brüssel. . Unmittelbar vor dem EU-Gipfel sind zahlreiche Konflikte aufgebrochen: Europäische Regierungschefs setzten die griechische Opposition unter Druck, dem neuen Sparpaket zuzustimmen. Oppositionsführer Antonis Samaras lehnte ab.
Unmittelbar vor dem EU-Gipfel sind am Donnerstag in Brüssel zahlreiche Konflikte aufgebrochen. Europäische Regierungschefs setzten die griechische Opposition unter Druck, dem neuen Sparpaket zuzustimmen. Doch Oppositionsführer Antonis Samaras lehnte ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde vorab zu einem Siebener-Krisengespräch zum Thema Griechenland erwartet. Großbritannien und Tschechien wollten beim neuen Hilfspaket nicht mitmachen. Während das EU-Parlament noch für einen schärferen Stabilitätspakt kämpfte, wackelte die Nominierung des neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi.
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso wirbt für Konjunkturhilfen. Währungskommissar Olli Rehn sprach von „kritischen Tagen“ für Europa. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, sagte, zum ersten Mal in 25 Jahren habe er das Gefühl, die EU könne sich nicht vorwärts bewegen, sondern rückwärts.
Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeld sagte bei einem Vorab-Treffen der konservativen Parteien in Brüssel: „Es ist wichtig, dass kein griechischer Politiker dem griechischen Volk sagt, dass es eine Abkürzung gibt.“
Doch Samaras erstickte die Hoffnung auf einen überparteilichen Konsens. „Die gegenwärtige Politik der sozialistischen Regierung sieht Steuererhöhungen vor in einer Wirtschaft, die sich in einer unvergleichlichen Rezession befindet“, sagte er. „Wir brauchen eine Korrektur der Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft sich erholt und wir unsere Schulden zurückzahlen können.“
Van Rompuy lädt EU-Spitzenpolitiker
Merkel wollte mit EU-Spitzenpolitikern über Griechenland beraten, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. Zu dem Gespräch hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy geladen. Dazu kommen sollten der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou, der französische Staatschef Nicolas Sarkozy, Luxemburgs Ministerpräsident und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sowie EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet.
Derweil wollten Großbritannien und Tschechien bei weiteren Hilfen für Griechenland nicht mitmachen. Der britische Regierungschef David Cameron und sein tschechischer Kollege Petr Necas sagten in Prag, nur Länder der Eurozone sollten Hilfe leisten. „Es wäre falsch, uns um einen Beitrag zu bitten“, sagte Cameron.
Barroso will Konjunktur-Programm
EU-Kommissionspräsident Barroso schlug vor, Griechenland eine Milliarde Euro an Strukturfondsmittel aus dem EU-Haushalt vorzuschießen. Die Mitgliedsstaaten sollten den Athener Behörden technisch helfen, sinnvolle Projekte zu finden. Barroso will ein „Notfallprogramm, weil Athen in einer Notfallsituation ist“. Die Aussicht auf Konjunkturhilfe solle den Griechen Hoffnung geben.
Brücke für die griechische Opposition
Im EU-Parlament wird der Vorstoß unterstützt. „Damit können wir auch der griechischen Opposition eine Brücke bauen, um den Sparmaßnahmen zuzustimmen“, sagte der CSU-Europa-Abgeordnete Markus Ferber. Der FDP-Chef im Parlament, Alexander Graf Lambsdorff, stimmte zu.
Das Parlament kämpft derweil weiter für automatische Sanktionen gegen Schuldensünder. Es verschob die Schlussabstimmung über den neuen Stabilitätspakt, weil ihm die Reform nicht weit genug geht. Frankreich und Deutschland blockieren, dass Strafverfahren von der EU-Kommission eröffnet werden. Sie wollen selbst darüber entscheiden. In den nächsten Tagen soll nun erneut verhandelt werden. „Wir werden noch mal eine grundsätzliche Diskussion führen“, sagte Merkel und deutete damit ein Entgegenkommen an.
Doch ein Fragezeichen stand plötzlich hinter der Nominierung des italienischen Notenbankchefs Mario Draghi für den Chefposten der Europäischen Zentralbank (EZB). Frankreich blockierte plötzlich. Die wichtige Personalfrage tauchte nicht mehr auf der Tagesordnung auf.
Frankreich beansprucht Sitz im EZB-Direktorium
Frankreich hatte sich zwar hinter Draghi gestellt - aber gegen die Zusage, der Italiener Lorenzo Bini Smaghi gebe seinen Posten im EZB-Direktorium auf. Doch Smaghi weigert sich, zurückzutreten. Bevor nicht klar sei, was mit Smaghi passiere und wer dessen Job bekomme, wollen mehrere Länder die Nominierung Draghis nicht mittragen, verlautete aus EU-Diplomatenkreisen. Frankreich beansprucht demnach einen neuen Posten im Direktorium. Mit Trichet scheidet ein Franzose aus. Ohne formelle Nominierung durch die Staats- und Regierungschefs kann Draghi nicht wie geplant am 31. Oktober sein Amt antreten. (dapd)