Berlin. . Neuer Beschluss soll die Israel-Kritiker in der Bundestagsfraktion im Antisemitismus-Streit befrieden. Doch zehn Abgeordnete verließen unter Protest den Saal und sprachen von einem „Maulkorb-Beschluss“.
Die Linkspartei kommt in der Antisemitismus-Debatte nicht zur Ruhe. Nach Bekanntwerden einer wissenschaftlichen Studie, wonach Israel-feindliche und antisemitische Strömungen in der Linkspartei zugenommen haben sollen, hatte Fraktions-Chef Gregor Gysi in der ersten Juni-Woche nach emotionsgeladener Debatte einen Beschluss der rund 70 Bundestagsabgeordneten durchgesetzt.
Er stellt fest, dass Antisemitismus „in unserer Partei heute und niemals einen Platz hat“. Konkret wird darauf verwiesen, dass die Linke im Nahost-Konflikt weder „Boykottaufrufe gegen israelische Produkte“ befürwortet noch Initiativen, „die eine Ein-Staaten-Lösung für Palästina und Israel fordern“. Außerdem legte die Fraktion fest, dass sie sich nicht an einer weiteren Hilfsflotte für den Gaza-Streifen beteiligt.
Zehn „Dissidenten“
2010 waren die Linken-Abgeordneten Annette Groth und Inge Höger auf dem Schiff „Mavi Marmara“ dabei, als eine islamische Hilfsorganisation versucht hatte, die israelische Seeblockade des Palästinensergebietes zu durchbrechen. Dabei gab es neun Tote.
Dem von Gysi durchgesetzten Beschluss widersetzten sich zehn Abgeordnete. Sie sprachen von einem „Maulkorb“ und verließen vor der Abstimmung den Saal. In der Sitzung am 28. Juni sollen die „Dissidenten“ dem Vernehmen nach mit einem zweiten Beschluss besänftigt werden. Grund-Tenor des Papiers, das noch in der Feinabstimmung ist: Kritik an der Politik Israels sei nicht automatisch Ausdruck von Antisemitismus.
Streit absehbar
Dass dies den internen Streit beilegen kann, gilt als zweifelhaft. „Die Debatte wird bestimmt wieder heftig und sie wird uns weiter begleiten“, sagte ein Führungsmitglied dieser Zeitung. Bodo Ramelow, Spitzen-Linker in Thüringen, sieht die Bundestagsfraktion am Zug: „Sie darf sich nicht wegducken, wenn einzelne von ihnen in Grauzonen unterwegs sind“, sagte er auf Anfrage dieser Zeitung. Die palästinensische Hamas als Freiheitsbewegung zu verklären, sei nicht hinnehmbar.