Düsseldorf. Spitzenpolitiker müssen in Wahlkampfzeiten mit Zuspitzungen leben. Das hat das Kölner Landgericht am Mittwoch in der Auseinandersetzung von SPD-NRW-Chefin Hannelore Kraft gegen die CDU entschieden. Der Lügen-Vorwurf der CDU gegen Kraft sei eine "zulässige Meinungsäußerung".
Für die Sozialdemokratin Hannelore Kraft ging es nach eigenem Bekunden um mehr als um eine gerichtliche Auseinandersetzung gegen die CDU. Für die nordrhein-westfälische SPD-Chefin war es „eine Frage der Ehre, der Union eine klare Grenze aufzuzeigen“. Und zwar in einem Eilverfahren vor der 28. Zivilkammer des Kölner Landgerichts, Zimmer 240.
Lebenslauf-Vorwürfe sind nicht akzeptabel
Und das gelang ihr – zumindest größtenteils. Die Union muss den Stein des sozialdemokratischen Anstoßes, eine Postkartenaktion mit dem Titel „Kraftilantis Lebenslauf-Lüge zensiert“, sofort stoppen. Keineswegs wegen des Begriffs Lüge: Diesen christdemokratischen Vorwurf ließ die Vorsitzende Richterin Margarete Reske trotz Mangels an Beweisen noch so eben als „zulässige Meinungsäußerung“ durchgehen.
Als nicht akzeptabel bewerteten sie und ihre beiden Co-Richterinnen allerdings die auf der Rückseite der 500 mal verteilten Karte behauptete Verwicklung von Hannelore Kraft in einen Förderskandal einer Mülheimer Firma. Es sei zwar unstreitig, dass die SPD-Politikerin ihre zwölfjährige Tätigkeit bei dieser Firma von ihrer Homepage getilgt habe. Allerdings gebe es weder Belege für einen Förderskandal dieses Unternehmens noch für eine Beteiligung von Hannelore Kraft an irgendwelchen Unregelmäßigkeiten. Die CDU äußere nur einen „Verdacht“ und agiere „im Wesentlichen mit Vermutungen“.
Bei bestimmten Behauptungen "Konzessionen machen"
Gleichwohl müssten Spitzenpolitiker mit Zuspitzungen leben - vor allem in Wahlkampfzeiten. In dieser Phase müsse man sogar „beim Inhalt von bestimmten Behauptungen Konzessionen machen“. Diese Einschränkung griffen die Rechtsvertreter und Sprecher der CDU nach der Urteilsverkündung auf. Man werde zwar auf eine weitere Verteilung der Postkarte verzichten. Gleichwohl dürfe man auch in Zukunft behaupten, dass der Lebenslauf der SPD-Chefin eine „Lüge“ enthalte – das Weglassen des Mülheimer Firmennamens. Zudem werde man die schriftliche Begründung des Gerichts abwarten, um danach über eine mögliche Berufung zu entscheiden – die CDU-Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner ausdrücklich empfahl.
Die Grünen im Düsseldorfer Landtag gratulierten der SPD und warfen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) vor, dass er seinen Generalsekretär mit „Dreck nach dem politischen Gegner werfen“ lasse. Klägerin Kraft hofft nunmehr auf zweierlei: auf einen juristischen Schlussstrich und auf die „Rückkehr der CDU zu einer sachlich-inhaltlichen Auseinandersetzung“.