Essen. . Wieder ist ein junger Mann aus dem Ruhrgebiet in die Fänge von Islamisten geraten: Der Deutsch-Afghane Abdullah schloss sich der „Islamischen Bewegung Usbekistans“ an. Er soll im März im Kampf gegen US-Sodaten bei Kundus gefallen sein.
Der bärtige junge Mann lächelt freundlich in die Kamera. Mal vor einer Hütte, mal als Reiter mit weißer Kappe und geschlossenem braunem Rock auf dem Pferd. Dann aber tritt er, verhüllt und mit einer Kalaschnikow, als Krieger auf. „Hier ist eine Bombenstimmung“, sagt er. Er grüßt „die Geschwister weltweit, speziell die in Deutschland“ aus Afghanistan und ist „stolz“, mit den Taliban gegen Nato und Deutsche zu kämpfen.
Das Video stammt aus dem Nachruf auf Abdullah aus Essen. Die „Islamische Bewegung Usbekistans“ (IBU) hat ihn gestern ins Internet gestellt. Darin berichtet der Islamist Yassin Chouka, der den Einpeitscher auf solchen Clips macht, vom Tod des jungen Essener Deutsch-Afghanen. Er sei am 20. März im Kampf gegen US-Soldaten bei Kundus gefallen.
„Afghanischer Blitz“
Hymnisch wird der Tote gelobt: Sie hätten Abdullah, der sich den Kampfnamen „Miqdad“ zugelegt habe, auch den „afghanischen Blitz“ genannt. Er habe noch kürzlich „in euren Gebetsreihen“ gestanden, erzählt Chouka den „lieben Geschwistern in Essen“. Er sei ein Bruder gewesen, der „durch die Straßen Essens spazierte und nicht auffiel“.
Erst im November sei Miqdad in die Berge Waziristans gekommen, habe im Januar seine Ausbildung aufgenommen und gebeten, schnell in Kundus eingesetzt zu werden. Er habe dies mit den Worten bekräftigt: „Ich will unbedingt Deutsche töten.“
Islamistisches Netzwerk im Rhein-Ruhr-Raum
Trotz der behaupteten Unauffälligkeit daheim im Ruhrgebiet ist Abdullah alias Miqdad, so viel scheint klar, den Sicherheitsbehörden nicht unbekannt. Denn die Bundesanwaltschaft mutmaßt seit 2010, dass es im Rhein-Ruhr-Raum ein Netzwerk gibt, in dem sich Nachwuchs für den islamistischen Waffengang verfängt.
Bünyamin E. aus Wuppertal und Shahab D. aus Hamburg gerieten hinein und starben im Oktober im Lager in Mir Ali durch eine US-Drohne. Auch der Bonner Bekkay Harrach überlebte die Auslandsreise nicht. Schon rund 200 in Deutschland aufgewachsene junge Muslime sind von islamistischen Gruppen als „Heilige Krieger“ oder Selbstmordattentäter für die Ausbildungslager angeheuert worden. Die Polizei konnte 20 von ihnen bei der Ausreise abfangen. Etwa 100 dürften unbemerkt die Rückkehr nach Deutschland geschafft haben. Nach ihnen wird gefahndet oder sie stehen unter Beobachtung.
Stimmungsmacher für Deutschland – per YouTube
Die „Islamische Bewegung Usbekistans“, der Abdullah alias Miqdad angehört hat, spielt eine Schlüsselrolle bei den Werbeversuchen der Gotteskrieger. Jüngste Analysen des Verfassungsschutzes aus Hessen besagen, dass sie nicht nur den Nachwuchs für El Kaida besorgt, sondern auch in Kampfhandlungen in Afghanistan selbst eingreift – so im April gegen eine Bundeswehrpatrouille.
Der Bonner Yassin Chouka, der „Moderator“ des neuen Videos mit dem Kampfnamen Abu Ibrahim, sowie sein Bruder Mounir sind seit längerem die Stimmungsmacher für Deutschland. Sie nutzen YouTube. Gezielt setzen sie Internet-Filme ein – entweder als Kampfaufruf, als Werbeclip für das Leben in den Ausbildungslagern oder, wie jetzt, als anfeuernden Nachruf auf gefallene Djihadisten.
Die Chouka-Brüder leben es schließlich ihrer Kundschaft vor: Sie haben selbst die Verwandlung von braven, unauffälligen Deutschen mit Migrationshintergrund hin zu fanatischen Killern durchgemacht. In Bonn erinnert man sich, wie sie bei Fortuna kickten.
Attraktivität lässt nach
Es gibt allererste Hinweise darauf, dass die Werbemasche für einen „Märtyrertod“ im Namen Allahs langsam an Anziehungskraft einbüßt: Verhaftungen werden häufiger, die Reisetätigkeit zwischen Deutschland und dem Mittleren Osten lässt nach.
Für Abdullah irgendwo aus Essen, den „afghanischen Blitz“, ist das zu spät.