Paris. Bei der Niederschlagung der Wahlproteste im Iran sind nach Angaben eines internationalen Juristenkomitees 300 Menschen getötet, Tausende verletzt und 10.000 Oppositionelle verhaftet worden. Die Identitäten von 74 Opfern seien inzwischen festgestellt worden.
Die Namen der bereits identifizierten Personen stehen in einem am Donnerstag in Paris vorgestellten Bericht des Internationalen Juristenkomitees (IJC), das sich nach den Aufständen vor einem Monat gründete.
Andere Angaben von iranischen Medien
Staatliche iranische Medien meldeten bislang lediglich sieben Tote am 15. Juni und mindestens zehn weitere Opfer sowie 100 Verletzte am 20. Juni.
Im IJC haben sich namhafte europäische Menschenrechtsanwälte wie der Franzose William Bourdon und der Vizepräsident der Berliner Anwaltskammer, Bernd Häusler, zusammengeschlossen. Neben juristischem Beistand für die Verhafteten planen sie, den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag anzuklagen.
Mitinitiator des IJC ist der Nationale Widerstandsrat des Irans (NWRI). Die Angaben über die Opfer der Protestniederschlagung basierten auf Zeugenaussagen, Informationen der Familien sowie Filmaufnahmen, sagte NWRI-Präsidentin Maryam Rajavi.
Verbrechen gegen die Menschheit
Eine Anklage Ahmadinedschads sei möglich, weil sich die Teheraner Regierung massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht habe, sagte IJC-Mitgründer Bourdon. Auch wenn dem Präsidenten keine aktive Rolle beim Vorgehen der Sicherheitskräfte nachgewiesen werden könne, sei er wegen seiner Passivität verantwortlich und müsse zur Rechenschaft gezogen werden.
Das Komitee will die Vereinten Nationen und die EU zudem zu einem Kurswechsel bewegen. «Der Schrei des iranischen Volkes nach Freiheit muss gehört werden», sagte Rajavi. Sie forderte eine Kappung aller diplomatischen Beziehungen zum Iran sowie schärfere Sanktionen.
Internationaler juristischer Beistand
"Es muss Schluss mit der Appeasement-Politik gegenüber Teheran sein", sagte der deutsche Menschenrechtsanwalt Häusler. Internationaler juristischer Beistand sei für vieler der Menschen, die in Haft gefoltert würden, womöglich die letzte Chance. Häusler verwies darauf, dass im Iran auch Anwälte festgenommen worden seien, die sich um Oppositionelle kümmern wollten. Deswegen drohe die juristische Gleichschaltung. (ap)