Washington. . Die Frau, die der IWF-Chef im Hotel überfallen haben soll, lebt versteckt unter Polizeischutz. Detektive sind beauftragt, ihr Privatleben zu erforschen. Strauss-Kahn steht im Gefängnis unter ständiger Beobachtung – wegen Selbstmordgefahr.

Ob Ophelia ahnt, was da auf sie zurollt? Ihr Leben ist jedenfalls schon jetzt komplett aus den Fugen. Die New Yorker Staatsanwaltschaft hält die 32-jährige ­Hotelangestellte an einem ­geheimen Ort vor den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit versteckt.

Schützen soll das auch vor dem Druck, den die gewieften Anwälte ihres Gegners auf die allein­erziehende Mutter ausüben könnten, wäre sie auf sich ­allein gestellt. Ophelia gegen Dominique Strauss-Kahn, ein Zimmermädchen gegen einen der mächtigsten Männer der Welt – auf den ersten Blick ist das ein ungleiches Duell.

Kontrolle alle 15 Minuten

Ihre Beschuldigungen, der Vergewaltigungsversuch, der erzwungene Sex haben den französischen Weltbanker in die karge Zelle auf der berüchtigten New Yorker Gefängnisinsel Rikers Island gebracht. In einem separaten Flügel, der ihn zum Schutz von den anderen Gefangenen ­trennen soll, ist der prominente U-Häftling untergebracht.

Dort hockt „DSK“, 23 Stunden am Tag auf sich allein gestellt. Nur eine Stunde Hofgang, drei kärgliche Mahlzeiten und die Besuche der Anwälte bringen Abwechslung in die Monotonie dieses Knast-Alltags. Auch Ehefrau Anne Sinclair, die sofort aus Paris angereist war, hat ihn erstmals besucht.

Alle 15 Minuten blickt ein Schließer in die Zelle, um zu verhindern, dass sich Strauss-Kahn etwas antut. Es gibt die Sorge, dass der 62-Jährige mit dem Hang zum guten Leben den Sturz aus den Höhen der Hochfinanz und Spitzenpolitik in ein derartiges Loch nicht verkraften könnte.

„Ihre Welt steht auf dem Kopf“

Draußen hat die Schlacht begonnen. Kann man Ophelia glauben? Detektive sind engagiert, kramen in ihrem Leben. Zudem haben Strauss-Kahns Anwälte begonnen, Zweifel an ihren Aussagen zu säen. „Einvernehmlich“ soll der Sex gewesen sein, ließ Anwalt Benjamin Brafman verbreiten.

Eine Behauptung, die Ophelias Anwalt empört zurückwies. „Sie wurde angegriffen und musste fliehen. Sie sagt die Wahrheit“, polterte Jeffrey Shapiro. „Sie ist nur ein Zimmermädchen, das in einen Raum ging, um sauberzumachen.“ Die Frau sei das Opfer, nicht nur mit Blick auf die Geschehnisse in der Hotelsuite, sondern auch hinsichtlich ihres gewohnten Lebens, das sie nun – wer weiß, wie lange – nicht mehr zurück bekomme. „Ihre Welt steht auf dem Kopf.“

Gutes Zeugnis des Arbeitgebers

Auch ein Bruder, der in New York ein afrikanisches Restaurant betreibt, stellt sich schützend vor seine Schwester. Sie sei eine gute Muslima, führe ein unauffälliges, stilles Leben. Ihr Arbeitgeber stellt ihr ebenfalls ein gutes Zeugnis aus. Nicht jedes Zimmermädchen darf in der 28. Etage des ­Luxus-Hotels, wo die Suiten liegen, saubermachen.

Auch Staatsanwalt Cyrus Vance, ein Sohn des früheren US-Außenministers, hält seine Zeugin für seriös und glaubwürdig. Der spektakuläre Fall, der in aller Welt hohe Wellen schlägt, ist auch seine große Chance, sich über New York hinaus einen Namen zu ­machen, vielleicht in einem Atemzug mit Kenneth Starr genannt zu werden, der seinerzeit Bill Clinton nachsetzte.

Zwischen all den großen Egos steht Ophelia. Den ­Namen hat sie sich selbst gegeben, um amerikanischen ­Zungen die Aussprache ihres Geburtsnamens Narfitassou zu ersparen. Viele Einwanderer tun das. Aber für Strauss-Kahns Anwälte wird auch dies ein Indiz sein, an ihrer Glaubwürdigkeit zu rütteln.

Die Jury entscheidet

Vor sieben Jahren kam die Witwe aus Guinea in die USA, erhielt dort Asyl. Mit ihrer 15-jährigen Tochter Dana lebt sie seit einigen Monaten in einem Appartementhaus in einer der ärmeren Gegenden der Bronx. Ein Verein, der sich um Aids-Kranke kümmert, hat das Haus angemietet. Ob sie selbst den HI-Virus hat, ist nicht ­bekannt. Für Strauss-Kahn wäre dies in jedem Fall eine weitere schlechte Nachricht.

Sein weiteres Schicksal liegt nun in den Händen New ­Yorker Bürger, die am Freitag als Jury zu entscheiden haben, ob die Indizien ausreichen, ihm den Prozess zu machen. Haben sie Zweifel, kommt er sofort frei. Wenn nicht, geht die Schlacht erst richtig los.