Düsseldorf. .
Es ging um nicht weniger als um alles. Auf dem Spiel standen der Landeshaushalt, die davon abhängende Neuwahl-Frage und die weitere Existenz der Linkspartei im NRW-Landtag. Was der Landesrat der Linken aufführte, als er stundenlang um den Etat 2011 rang, war fast eine Kopie grüner Landesparteitage in den 90er-Jahren. Mit dem entscheidenden Unterschied: Nie ließ die grüne Basis ihre Führung so grandios durchfallen wie es die linke Parteispitze am Sonntag erleben musste.
Als „völlig unpolitisch“ wertete ein Essener Delegierter hinterher die Regie des Vorstands. „Besonders bedenklich“ sei, so ein Insider, wie falsch die Parteiführung mit ihren beiden Sprechern Hubertus Zdebel und Katharina Schwabedissen die Stimmung in den Kreisverbänden eingeschätzt habe. Am Ende fegten 70 Prozent der Delegierten ihren Vorstoß weg, den Landeshaushalt am morgigen Mittwoch im Landtag scheitern zu lassen. Eine herbe Schlappe vor allem für Zdebel, der in Bochum für ein Nein zum Etat geworben hatte.
Abgeordnete sind frustriert
In der Heinrich-Böll-Gesamtschule, wo die Linke tagte, wurde sogleich über personelle Konsequenzen spekuliert. Mit „dem einen oder anderen Rücktritt“ sei zu rechnen, wenn sich der über 20-köpfige Landesvorstand am kommenden Wochenende treffe, hieß es. Frust gibt es auch unter den Abgeordneten im Landtag, wo die „mangelhafte Kooperation“ zwischen Fraktion und Parteispitze beklagt wird. So habe man sich nicht auf eine gemeinsame Position für die Abstimmung über den Etat einigen können. In Bochum agierten Partei und Fraktion trotz wortreicher Solidaritätsschwüre streckenweise wie Rivalen.
Geradezu als Blamage endete der Versuch des Vorstands, in den Beschluss des Landesrats über den Haushalt eine Hintertür einzubauen. Den Antrag, nur bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit sollte das Basis-Votum bindend für die Landtagsfraktion sein, mochten kaum zehn Prozent der 120 Delegierten mittragen.
„Albern und inkonsequent“
Einen solchen Vorschlag habe er in seiner langen politischen Laufbahn noch nicht erlebt, ätzte Fraktionsgeschäftsführer Ralf Michalowsky: „Das ist undemokratisch, albern und inkonsequent.“ Es passte ins Bild, dass der vom Landesvorstand vorgelegte Haushaltsplan für die Partei ebenfalls abgelehnt wurde, weil es Streit um das hauptamtlich bezahlte Personal gibt.
Doch trotz der missglückten Inszenierung legte die Parteispitze den Kern des Konflikts offen: die Strategie der Enthaltung bei wichtigen Abstimmungen im Landtag sorgt zunehmend für Verdruss. „Enthalten, enthalten – wo bleibt da unser Profil?“ sprach ein Redner aus, was viele dachten. Und Zdebel argwöhnt, die Linke werde von Rot-Grün nur noch als konturenlose „Enthaltungspartei“ wahrgenommen. Ein Ausweg ist nicht in Sicht.