Ulm. Vertreter aus Politik und Kirche haben die Wahl von Margot Käßmann zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche mit Begeisterung kommentiert. Die 51-jährige Landesbischöfin aus Hannover ist die erste Frau an der EKD-Spitze. Sie löst Vorgänger Wolfgang Hubert in diesem Amt ab.

Die Wahl der Hannoveraner Landesbischöfin Margot Käßmann zur ersten Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist in der Politik und in der katholischen Kirche mit großer Zustimmung begrüßt worden. Die 51-Jährige erhielt auf der EKD-Synode in Ulm 132 von 142 möglichen Stimmen, nur fünf Synodale stimmten gegen sie. Käßmann kündigte an, sich vor allem der Ökumene und den Ortsgemeinden widmen zu wollen.

Die für sechs Jahre gewählte Ratsvorsitzende ist nun oberste Repräsentantin der 25 Millionen Protestanten in Deutschland. Margot Käßmann sagte, sie sei von dem großen Vertrauen "sehr berührt" und empfinde die große Zustimmung als Stärkung. "Ich werde alles tun, um auf meine Weise den Ratsvorsitz auszufüllen, so gut ich es vermag." Für die evangelische Kirche gelte, dass sie den nach Lebenssinn suchenden Menschen Antwort geben könne.

In politische Debatten einmischen

Wie die 1999 zur Landesbischöfin gewählte Theologin betonte, wird sie in den Grundlinien den Kurs ihres Vorgängers, des aus Altersgründen ausgeschiedenen Berliner Bischofs Wolfgang Huber, beibehalten. Anders als der als Wissenschaftler renommierte Huber habe sie aber nie an einer Universität gelehrt. "Ich bringe eher ein, dass ich Gemeindepfarrerin vor Ort war", erklärte Käßmann. Außerdem wolle sie sich in politische Debatten einmischen: "Wir sind dazu da, Fragen, die die Welt und das Land bewegen, aus unserer Sicht zu begleiten." Vor allem bei Themen wie würdiger Pflege und würdigen Sterbens wolle sie sich engagieren.

Margot Käßmann bedankte sich ausdrücklich für die Glückwünsche der katholischen Kirche. Dass sie eine Frau ist, habe darin keine Rolle gespielt. Fortschritte in der Ökumene nannte die neue EKD-Ratsvorsitzende als eines der wichtigsten Anliegen ihrer Amtszeit.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, untermauerte in seiner Gratulation ebenfalls das Anliegen der Ökumene. "Lassen Sie uns gemeinsam die ökumenischen Bande weiter entwickeln", erklärte Zollitsch. "Unser Weg als Christen ist ein Weg der Ökumene. Es ist ein Weg, den wir gemeinsam und auf Augenhöhe gehen", sagte er weiter. Die amtskirchenkritische Organisation "Wir sind Kirche" bezeichnete die Wahl Käßmanns als Chance auch für die katholische Kirche.

Bundespräsident Horst Köhler wünschte Käßmann in einem Brief für das "verantwortungsvolle Amt", das auch für Staat und Gesellschaft von hoher Bedeutung sei, "viel Kraft, eine glückliche Hand und Gottes Segen."

Hohe Anerkennung erworben

SPD-Chef Franz Müntefering schrieb an die neue EKD-Chefin, in ihrer Wahl zeige sich "die hohe Anerkennung und Wertschätzung, die Sie durch Ihr Wirken in der Kirche, in der weltweiten Ökumene und in der gesellschaftlichen Diskussion um ethische Fragen erworben haben". Die kirchenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Ingrid Fischbach, erklärte, das gute Wahlergebnis zeige, dass Margot Käßmann nicht nur bundesweit beliebt sei, sondern auch innerhalb der Kirche breite Zustimmung genieße.

Der FDP-Kirchen-Experte Patrick Meinhardt äußerte, mit Käßmann stehe eine sozial engagierte und führungsstarke Persönlichkeit an der Spitze der EKD. Die Vorsitzenden der Grünen, Claudia Roth und Cem Özdemir, gaben bekannt, als Frau und liberale Bischöfin setze Käßmann ein Zeichen der Erneuerung. Der religionspolitische Sprecher des Linksparteivorstands, Bodo Ramelow, ergäntze, Käßmann stehe für soziale Verantwortung in der Gesellschaft und verstehe "Nächstenliebe im eigentlichen Wortsinn". (afp/ddp)