Berlin. . Hätte Osama bin Laden vor den Internationalen Gerichtshof gehört? Das meint Berlins Innensenator Erhart Körting. Und der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen sagt, das Gebot “Du sollst nicht töten“ gelte “ohne Wenn und Aber“.

Erleichterung, Freude, Jubel: Die ersten Reaktionen auf die Tötung Osama bin Ladens in der westlichen Welt waren positiv. Auch der UN-Sicherheitsrat hat den Tod von El-Kaida-Chef Osama bin Laden begrüßt. Inzwischen melden sich auch kritische Stimmen zu Wort. Nach Ansicht von Berlins Innensenator Ehrhart Körting etwa wäre Osama bin Laden eigentlich ein Fall für den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gewesen.

Der SPD-Politiker sagte am Dienstag, man empfinde sicherlich Genugtuung, wenn ein Mensch, der Massenmord zu verantworten habe, in irgendeiner Form zur Rechenschaft gezogen werde. "Mir als Jurist wäre es lieber gewesen, wenn er vor dem internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung gezogen worden wäre." Zudem kritisierte Körting den Jubel über den Tod bin Ladens. "Wie wir reagieren, ist auch für die zukünftige Sicherheitslage relevant."

Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, wirft den USA in einem Interview mit der "Neuen Westfälischen" eine "verhängnisvolle Logik" vor. Sie führe zu dem Irrglauben führe, mit Gewalt könne Gewalt aus der Welt geschaffen werden, sagte Buß. "Hier zeigt sich wohl eine sehr amerikanische Befindlichkeit: Der Gerechtigkeit ist Genüge getan, wenn der Böse vernichtet wurde", sagte der Präses. So werde auch die Todesstrafe gerechtfertigt. Buß verwies auf das fünfte Gebot: "Du sollst nicht töten." Dies gelte "ohne Wenn und Aber", betonte der Geistliche.

Der UN-Sicherheitsrat hat am Montag in New York eine Erklärung verabschiedet, in der von einer „entscheidenden Entwicklung“ im Kampf gegen den Terrorismus gesprochen wird. Der Gründer des Terrornetzwerkes El Kaida werde nie mehr in der Lage sein, „Akte des Terrorismus“ wie bei den Anschlägen vom 11. September 2001 zu begehen, hieß es. Dass der 15 Mitglieder zählende Sicherheitsrat den Tod eines Menschen ausdrücklich „begrüßt“, ist äußerst selten.

Osama bin Laden ist tot

Er war der meistgesuchte und wohl gefürchtetste Terrorist der Welt - jetzt ist Osama bin Laden tot.
Er war der meistgesuchte und wohl gefürchtetste Terrorist der Welt - jetzt ist Osama bin Laden tot. © AP
US-Präsident Barack Obama bestätigte in der Nacht zu Montag in einer TV-Ansprache, ...
US-Präsident Barack Obama bestätigte in der Nacht zu Montag in einer TV-Ansprache, ... © AP
... dass der Chef des Terrornetzwerks El Kaida bei einem Feuergefecht in Pakistan von einem US-Kommando getötet wurde. Eine DNA-Analyse habe die Identität des Toten bestätigt. Über das Internet machte ein verstörendes Foto die Runde, ...
... dass der Chef des Terrornetzwerks El Kaida bei einem Feuergefecht in Pakistan von einem US-Kommando getötet wurde. Eine DNA-Analyse habe die Identität des Toten bestätigt. Über das Internet machte ein verstörendes Foto die Runde, ... © AP
... das den Terroristenführer zeigen sollte. Bei dem Foto ...
... das den Terroristenführer zeigen sollte. Bei dem Foto ... © AFP
... handelte es sich jedoch um eine Fälschung, die bereits im Jahr 2009 im Internet kursierte.
... handelte es sich jedoch um eine Fälschung, die bereits im Jahr 2009 im Internet kursierte. © AP
"Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan", sagte der US-Präsident. Er selbst, so Obama, habe den geheimen Einsatz angeordnet. © REUTERS
Die Nachricht vom Tod des Terroristen markiert das Ende einer Jagd, die nahezu zehn Jahre lang angedauert hat.
Die Nachricht vom Tod des Terroristen markiert das Ende einer Jagd, die nahezu zehn Jahre lang angedauert hat. © AP
Der Terrorist Bin Laden ...
Der Terrorist Bin Laden ... © AP
... wird von den USA für die Terroranschläge vom 11. September 2001 verantwortlich gemacht. Bei den gezielten Flugzeugabstürzen ...
... wird von den USA für die Terroranschläge vom 11. September 2001 verantwortlich gemacht. Bei den gezielten Flugzeugabstürzen ... © Reuters
... auf das World Trade Center in New York ...
... auf das World Trade Center in New York ... © Reuters
... und das Pentagon starben mehr als 3000 Menschen.
... und das Pentagon starben mehr als 3000 Menschen. © Reuters
Seit dem stand Bin Laden auf der
Seit dem stand Bin Laden auf der "Most Wanted"-Liste des FBI ganz oben. 50 Millionen Dollar hatten die USA für Hinweise ausgesetzt, die zu seiner Ergreifung führen. Doch aus dem Nichts ... © Reuters
... meldete sich der Islamisten-Führer immer wieder in Video- oder Tonbandbotschaften zu Wort ...
... meldete sich der Islamisten-Führer immer wieder in Video- oder Tonbandbotschaften zu Wort ... © REUTERS
... und verhöhnte seine Verfolger.
... und verhöhnte seine Verfolger. © REUTERS
Als zwölftes von mehr als 50 Kindern eines reichen saudiarabischen Bauunternehmers wurde Bin Laden vermutlich im Jahr 1957 in Riad geboren.
Als zwölftes von mehr als 50 Kindern eines reichen saudiarabischen Bauunternehmers wurde Bin Laden vermutlich im Jahr 1957 in Riad geboren. © AP
Ein Jahr vor Ende der sowjetischen Invasion in Afghanistan 1989 begann Bin Laden mithilfe von Gefolgsleuten mit dem Aufbau des Netzwerks
Ein Jahr vor Ende der sowjetischen Invasion in Afghanistan 1989 begann Bin Laden mithilfe von Gefolgsleuten mit dem Aufbau des Netzwerks "El Kaida" ("Das Fundament"). © AP
"Er war ein junger Mann, der sich enthusiastisch für den heiligen Krieg einsetzte", beschrieb ihn der saudiarabische Ex-Geheimdienstchef Prinz Turki el Feisal in einem Fernsehinterview. "Er sprach wenig und erhob nie seine Stimme. Kurzum, er war ein netter Kerl." © AP
Als 1991 eine internationale Koalition unter Führung der USA den Krieg gegen Irak führte, erklärte er Washington den
Als 1991 eine internationale Koalition unter Führung der USA den Krieg gegen Irak führte, erklärte er Washington den "Dschihad", den religiös motivierten Krieg. © AFP
Die Neuigkeit, dass Bin Laden tot ist, ging in kurzer Zeit rund um die Welt. In Neu Delhi brannten Plakate mit seinem Konterfei, ...
Die Neuigkeit, dass Bin Laden tot ist, ging in kurzer Zeit rund um die Welt. In Neu Delhi brannten Plakate mit seinem Konterfei, ... © AFP
... vor dem Weißen Haus in Washington versammelten sich jubelnde Amerikaner.
... vor dem Weißen Haus in Washington versammelten sich jubelnde Amerikaner. © AP
Sie feierten das erfolgreiche Ende der Suche nach dem Top-Terroristen.
Sie feierten das erfolgreiche Ende der Suche nach dem Top-Terroristen. © AFP
Der frühere US-Präsident George W. Bush sprach von einem
Der frühere US-Präsident George W. Bush sprach von einem "Sieg für Amerika". © REUTERS
In die Erleichterung mischt sich aber auch Sorge um mögliche Terror-Reaktionen von Bin Ladens Anhängern.
In die Erleichterung mischt sich aber auch Sorge um mögliche Terror-Reaktionen von Bin Ladens Anhängern. © AP
Die USA warnten ihre im Ausland befindlichen Staatsangehörigen vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen  versetzten ihre Botschaften weltweit in Alarmbereitschaft.
Die USA warnten ihre im Ausland befindlichen Staatsangehörigen vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen versetzten ihre Botschaften weltweit in Alarmbereitschaft. © AP
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Domizil für 23 Kinder und neun Frauen

El-Kaida-Chef Osama bin Laden war bei dem in Pakistan ausgeführten Kommandoeinsatz in der Nacht zu Montag nach Angaben eines US-Vertreters in Begleitung von 23 Kindern und neun Frauen. Sie hätten sich in jener Residenz aufgehalten, die bin Laden sechs Jahre als Versteck gedient habe, sagte der mit der Operation vertraute Offizielle der Nachrichtenagentur AP. Demzufolge seien die Frauen sowie die Kinder den pakistanischen Behörden übergeben worden. Bei dem Einsatz der Marine-Eliteinheit SEAL waren in der Stadt Abbottabad neben bin Laden auch einer seiner Söhne sowie zwei weitere Personen getötet worden.

Nach der Tötung von El-Kaida-Chef Osama bin Laden in Pakistan schließen die USA eine Unterstützung des meistgesuchten Terroristen der Welt durch örtliche Behörden nicht aus. Es sei "unvorstellbar", dass sich Bin Laden ohne Hilfe längere Zeit in Pakistan habe verstecken können, sagte der Anti-Terror-Berater von US-Präsident Barack Obama, John Brennan.

Die USA hatten die pakistanische Regierung erst über die Kommandoaktion in der Stadt Abbottabad informiert, als die Hubschrauber mit den US-Elitesoldaten den Luftraum des Landes wieder verlassen hatten. Dabei habe Washington ein Feuergefecht mit dem pakistanischen Militär in Kauf genommen, sagte Brennan. "Zum Glück hat es keine Konfrontation mit den pakistanischen Streitkräften gegeben." Die Regierung in Islamabad habe keine Ahnung gehabt, ob die USA oder ein anderes Land hinter der Militäraktion auf ihrem Staatsgebiet stünden.

US-Kongress stellt Finanzhilfe für Pakistan infrage

Mitglieder des US-Kongresses zeigten sich am Montag wütend und fassungslos, dass Bin Laden möglicherweise Jahre lang angeblich ohne Wissen der Behörden so zentral leben konnte. Sie stellten die US-Finanzhilfe für Pakistan infrage, die seit den Angriffen vom 11. September 2001 etwa 20 Milliarden Dollar beträgt. "Unsere Regierung ist in finanziellen Nöten", erklärte die einflussreiche Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Dianne Feinstein. Viele Abgeordnete hätten ein Problem damit, ein Land zu unterstützen, das sich nicht mit ganzer Kraft einbringe.

Auch die pakistanischen Medien zeigten sich am Dienstag kritisch. "Dass Pakistan den meistgesuchten Mann der Welt hier nicht aufspüren konnte, ist schockierend", schrieb "The News". In einem Kommentar der "Daily Times" hieß es, man werde den Amerikanern die Tatenlosigkeit Pakistans nur schwer erklären können. Unterdessen zeigten pakistanische Fernsehsender immer wieder Archivaufnahmen von Politikern wie Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani, die beteuerten, Bin Laden halte sich nicht in Pakistan auf.

Jahrelang von den USA gejagt

Auch der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari bestreitet, dass die Sicherheitskräfte im Land dem getöteten Al-Kaida-Chef Osama bin Laden Unterschlupf gewährt haben. Der Umstand hatte erneut die Frage aufgeworfen, ob den pakistanischen Streitkräften nicht doch seine Anwesenheit im Land bekannt gewesen war. In einem Beitrag für die Tageszeitung "Washington Post" schrieb Zardari am Montag, dass eine "solch unbegründete Spekulation spannende Botschaftsdepeschen zu erstellen hilft, aber nicht die Tatsachen wiedergibt".

Inzwischen haben die USA ihre Botschaft in Islamabad und drei Konsulate in in Peshawar, Lahore und Karachi geschlossen. Zuvor hatte die größte Talibangruppe in Pakistan erklärt, Bin Ladens Tod rächen und "die Regierungen der USA und Pakistans und ihre Sicherheitskräfte" angreifen zu wollen.

Bin Laden galt als Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington mit fast 3000 Toten und war jahrelang von den USA gejagt worden. (afp/dapd)