Berlin. . Die Union will die bislang meist unerlaubte Beschäftigung von ausländischen Pflegekräften in Privathaushalten legalisieren: Ab Mai dürfen Pflege- und Hilfskräfte aus den EU-Beitrittsländern ungehindert in Deutschland arbeiten.

Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig. Doch einen 24-Stunden­-Pflegedienst können sich die Wenigsten leisten. Daher werden bundesweit viele Hilfskräfte aus Mittel- und Osteu­ropa beschäftigt. Wer aber eine Pflegerin unter der Hand be­schäftigt, kann sich strafbar machen. Nun soll sich die La­ge für die Betroffenen verbessern: Ab Mai dürfen Pflege- und Hilfskräfte aus den EU-Beitrittsländern ungehindert in Deutschland arbeiten.

Dank der Arbeitnehmerfrei­zügigkeit darf dann jeder EU-Bürger in einem anderen Land der Europäischen Union arbeiten – zu gleichen Bedingungen wie Einheimische. Genehmigungsverfahren fallen weg. Die Union will im Zuge der Pflegereform nun auch den Einsatz von Nicht-EU-Bürgern legalisieren. Zustimmung kommt dazu von der FDP.

Der Ist-Zustand:

Rund 1,5 Millionen Menschen erhalten Leistungen der Pflegekassen und werden da­heim versorgt. 100 000 bis 130 000 Hilfskräfte aus Mittel- und Osteuropa unterstützen deren Angehörige. Ein Großteil der Pflegekräfte arbeitet aus Expertensicht illegal.

Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA):

Es gibt mehrere Möglichkeiten für eine reguläre Beschäftigung. Die „Zentrale Auslands- und Fachvermittlung“ (ZAV) der BA vermittelt Haushaltshilfen aus dem Ausland. Da­mit wird die Familie zum Ar­beitgeber und bezahlt die Pflegekraft nach Tarif. Die arbeitet offiziell bis zu 38,5 Stunden in der Woche.

Zentrale Vermittlung

Seit 2010 dürfen die Arbeitskräfte Hilfsdienste übernehmen wie Anziehen oder Windelwechseln. Medizinische Pflege (Spritzen) bleibt tabu. 2010 hat die ZAV 1948 osteuropäische Haushaltshilfen in Familien vermittelt.

Zentraler Streitpunkt

Einer der zentralen Streitpunkte bei der Pflegereform ist die künftige Finanzierung der Leistungen. Weil immer mehr Menschen pflegebedürftig werden, hat Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag den Aufbau einer privaten Pflegezusatzversicherung vereinbart. Davon ist die CSU wieder abgerückt, während die FDP darauf beharrt. Die Union spart diese Frage in ihrem Eckpunktepapier aus. Sie spricht von der Einführung einer „er­gänzten Kapitaldeckung zur vorausschauenden Vorsorge“. Dabei soll jeder Versicherte individuell Geld ansparen.

Aus Sicht von Larisa Dauer vom Vorstand des Bundesverbandes Europäischer Betreuungs- und Pflegekräfte funktioniert das System aber nicht. Es gebe zu viele recht­liche Probleme für Auftraggeber und Hilfe. Die käme – bei permanentem Einsatz – auf 600 bis 700 Euro im Monat. „Wer schwarz arbeitet, kommt auf 1000 bis 1200 Euro“, so Dauer.

Mitarbeiter ausländischer Pflegedienste:

Angehörige können über Agenturen eine Haushalts­hilfe anfordern, die bei einem ausländischen Pflegedienst angestellt ist. 17 solcher Vermittlungsagenturen hat die Stiftung Warentest 2009 ge­prüft (www.test.de) und dabei zahlreiche Mängel entdeckt. Bei einigen Anbietern fanden die Prüfer gar Anzeichen für illegal vermittelte Pflegerinnen.

Laut Warentest kostet eine 24-Stunden-Betreuung 1200 bis 2550 Euro, hinzu kommen freie Kost und Logis.

Aus Dauers Sicht sind die Arbeitbedingungen für diese Pflegehilfen haltlos. Nach ih­ren Angaben zahlen die ­Ent­sendefirmen polnischen ­Frau­en 330 Euro im Monat aus. Nach drei Monaten würden die Helferinnen in der Regel zurückbeordert und in eine andere Familie gegeben.

Das will die Union:

Die Gesundheitspolitiker von CDU und CSU wollen die Arbeit von Betreuungskräften aus Nicht-EU-Ländern nach österreichischem Vorbild legalisieren. Demnach müssten die Angehörigen der Hilfskraft ein eigenes Zimmer, freie Kost und zwischen 600 und 800 Euro Monatslohn anbieten.

Die Kosten für die Sozialver­sicherung soll dann die Pflegekasse übernehmen. „Dies ist deutlich günstiger als die Inanspruchnahme eines qualifizierten Pflegedienstes oder gar ein Heimplatz“, heißt es in dem Eckpunktepapier zur anstehenden Pflegereform.

Widerstand von der FDP ist hierzu nicht zu erwarten. „Wir haben ähnliche Überlegungen“, so Ulrike Flach, Gesundheitsexpertin der Liberalen.

Die Grünen halten von dem Vorstoß dagegen nichts. „Die vielen vorhandenen illegalen Beschäftigungsverhältnisse sind ein Resultat der unzureichenden und unbezahlbaren Angebote hierzulande“, sagt Elisabeth Scharfenberg, pflegepolitische Sprecherin der Grünen. Umetikettierung löse das Problem nicht.

Weitere Unionspläne

In ihren Eckpunkten plant die Union eine bessere Überprüfung von Pflegeheimen. Sie will den Bedürftigkeitsbegriff neu definieren, um Demenzkranke einzubeziehen. Für Leistungen aus der Pflegekasse sollen künftig nicht mehr körperliche Defizite, sondern der Grad der Selbständigkeit ausschlaggebend sein.