Essen. . Rösler ist vor allem deshalb gut geeignet für das Amt des FDP-Parteichefs, weil Angela Merkel ihn sympathisch findet. Die FDP demontiert sich selbst. Da waren sich die Kandidaten bei der TV-Talkshow Beckmann einig.

Die Debatte um die Nachfolge von Noch-FDP-Chef Guido Westerwelle läuft auf Hochtouren. Zwar ist mit einer offiziellen Benennung von Kandidaten erst am heutigen Dienstag zu rechnen, trotzdem wird Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler schon jetzt als Westerwelle-Nachfolger gehandelt. So auch in der Talk-Show Beckmann, die gestern Abend aus aktuellem Anlass Thema und Gäste kurzfristig austauschte. Wer eingeschaltet hatte, um eine Talk-Runde über „ein Leben im Schatten der RAF“ zu sehen, wurden vom Reinhold Beckmann auf nächste Woche vertröstet.

Alle anderen erfuhren zwar nicht, wer für das Amt des Parteichefs kandidieren wird, dafür aber warum Rösler gut dafür geeignet wäre. Und auch, was schief läuft bei den Liberalen und in der Regierungskoalition. Beckmann hatte dazu die beiden FDP-Politiker und Westerwelle-Kritiker Wolfgang Kubicki und Jorgo Chatzimarkakis eingeladen, die Politik- und Wirtschaftsberaterin Prof. Gertrud Höhler, sowie die beiden Journalisten Ulrich Wickert und Michael Jürgs.

Abrechnung mit der FDP

Angekündigt war ein Gespräch über den „Showdown bei der FDP“ – über den Entscheidungskampf also. Doch von einem Kampf war kaum noch die Rede. Zu sehen und zu hören war eher eine Abrechnung mit der FDP der letzten zehn Jahre und besonders mit ihrem Noch-Vorsitzenden Guido Westerwelle.

Zu Beginn versucht Chatzimarkakis noch einmal zu erklären wie er das Wort „Igitt-Faktor“, gemeint hat, das er, im Zusammenhang mit Guido Westerwelle, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, geprägt hatte. Zwar hat er sich zwischenzeitlich bei Westerwelle dafür entschuldigt. Seine Erklärung bei Beckmann greift den Vorwurf, aber im Kern wieder auf: „Die anderen Parteien wollen nicht mehr mit einem im Sandkasten spielen“, versucht der FDP-Politiker mit einem anderen Kinderbeispiel zu umschreiben, was er mit dem Wort aus der „Kindersprache“, wie er es nennt, habe aussagen wollen.

„Die Wählerinnen und Wähler fühlen sich verraten“

FDP-Vorstandsmitglied Kubicki beschreibt die gegenwärtige Lage der Liberalen: „Wir haben nicht das Problem Westerwelle. Aber er ist Teil des Problems. Die Wählerinnen und Wähler fühlen sich verraten.“ Noch drastischer analysiert Prof. Höhler die Lage: „Die FDP tut – wer weiß wem – den Gefallen sich selbst zu demontieren.“ Besonders gut lasse sich das am Beispiel Brüderle erkennen, der, obwohl er als Wirtschaftsminister gute Arbeit leiste, von der eigenen Partei aus dem Amt gedrängt werde. Ein Hauptproblem sieht Kubicki in der medialen Ausrichtung einer ganzen Partei – seiner Partei – auf ihren Vorsitzenden. Auch die die fehlende innerparteiliche Diskussionsfreiheit bemängelt er: „Keiner steht mehr auf und hält eine Anti-Rede.“

Die Figur Westerwelle sei einfach zu „schrill“ (Beckmann) und der „Ego-Tripp“(Jürgs) des Noch-Parteivorsitzenden habe nur so lange gut gehen können, so lange die Partei Erfolge verzeichnete. (Jürgs). Auch deshalb erscheint Rösler als der richtige Kandidat. Pluspunkte bekommt er von Parteikollege Chatzimarkakis vor allem dafür, dass er „sympathisch,“ sei und für „mitfühlenden Liberalismus“ stehe. Allerdings wirft FDP-Kollege Kubicki ein, allein könne Rösler es nicht schaffen. Außerdem brauche die die FDP ein neues Grundsatzprogramm.

Auch Koalitionspartner beschädigt

Tritt Rösler den Parteivorsitz nicht bereits beschädigt an, wenn er Gesundheitsminister bleiben würde und Brüderle sein als Wirtschaftsminister behält – so eine Frage von Beckmann. „Ich glaube nicht, dass Rösler zu beschädigt ist, weil die Partei so beschädigt ist, dass das nicht weiter auffällt,“ bringt Michael Jürgs die problematische Situation der FDP noch einmal auf dem Punkt.

Doch nicht nur die FDP als Partei ist beschädigt. Beschädigt ist sie auch als Koalitionspartner in der Bundesregierung. Daran habe die Kanzlerin erheblichen Anteil, sind sich die Gäste bei Beckmann einig. Angela Merkel, die „alles – außer Frau von der Leyen – was gefährlich werden, könnte aus dem Weg geschafft“ (Jürgs) habe, sei vor allem am Machterhalt interessiert und weniger an den Inhalten der Politik (Höhler). Sie habe zwar „Humor“(Chatzimarkakis), aber, so der FDP-Abgeordnete: „Sie ist eiskalt.“ Beckmanns Frage beantwortet Chatzimarkakis ein bisschen zu schnell: Beckmann: „Ist Philipp Rösler dem gewachsen?“ Chatzimarkakis: „Sie mag Philipp Rösler.“

Höhlers Seitenhieb: „Dann muss er aufpassen, dass sie ihn nicht als Adoptivsohn sieht,“ auf Röslers eigene Adoptionsgeschichte kommt ein bisschen zu böse daher. Trotzdem: Die Entscheidung darüber, wer neuer FDP-Vorsitzender wird, hängt hoffentlich nicht davon ab, ob die CDU-Vorsitzende ihn nett findet oder nicht.