Brüssel/Tripolis. . Die Gewalt in Libyen hält an, die humanitäre Lage wird besorgniserregend. Lebensmittelpreise rasen in die Höhe, Hunderttausende sind auf der Flucht oder bereits geflüchtet. Die NATO hat beschlossen, die Durchsetzung der Flugverbotszone zu übernehmen.
Nach mehrtägigen Verhandlungen hat die NATO beschlossen, die Durchsetzung der Flugverbotszone über Libyen zu übernehmen. Die 28 Mitgliedsstaaten hätten sich darauf geeinigt, die Zivilbevölkerung vor Angriffen durch Truppen des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi zu schützen, sagte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am späten Donnerstagabend in Brüssel.
Der Einigung waren schwierige Verhandlungen vorangegangen. Am Donnerstag gelang dann der Durchbruch, als die Türkei ihre Bedenken aufgab und ihre Unterstützung zusagte. „Wir werden mit unseren Partnern in der Region zusammenarbeiten und begrüßen ihre Beteiligung“, erklärte Rasmussen.
Zustimmung aus den USA
Zunächst werde es weiterhin eine Militäraktion der internationalen Streitmacht und eine NATO-Aktion geben, sagte Rasmussen. Es werde aber darüber nachgedacht, ob die NATO im Einklang mit der UN-Resolution die Gesamtverantwortung übernehme. Er erwarte eine Entscheidung in den kommenden Tagen.
Die USA begrüßten den Schritt. Washington hatte allerdings gehofft, dass das Bündnis gleich die Führung über die gesamte von den UN genehmigte Militäraktion übernehmen werde, also auch den Schutz der Zivilpersonen, die Umsetzung des Waffenembargos und die Unterstützung humanitärer Hilfe in Libyen. US-Vizeadmiral William Gortney kündigte an, die USA wollten bei Bedarf weitere Kampfeinsätze fliegen, vor allem aber wollten sie nun unterstützend eingreifen, etwa bei Auftanken alliierter Flugzeuge oder bei der Luftaufklärung.
Der französische Außenminister Alain Juppé sagte im Rundfunksender RTL, die internationale Militäraktion werde Tage oder Wochen, aber nicht Monate dauern. Neben dem Schutz von Zivilisten gehe es auch darum, Gaddafis Gegner, die für Demokratie und Freiheit kämpften, in die Lage zu versetzen, wieder die Oberhand zu gewinnen.
Die Rebellen gewinnen nach eigenen Angaben Raum zurück
In der Nacht zum Freitag waren in Tripolis wieder Explosionen zu hören, offenbar von Luftangriffen. Am späten Donnerstagabend rief ein Kämpfer der Aufständischen bei der Nachrichtenagentur AP an und erklärte, die Rebellentruppen erzielten in der umkämpften Stadt Adschdabija Geländegewinne. Die Regierungstruppen verhandelten über ihre Kapitulation, sagte Ahmed al Swei. Seine Angaben konnten zunächst nicht verifiziert werden.
Die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen sich mit zwölf Flugzeugen an der Militärmission zum Schutz von Zivilisten in Libyen, wie US-Außenministerin Hillary Clinton am Donnerstag bekannt gab. Die Ministerin dankte den Emiraten dafür, nach Katar als zweites arabisches Land Flugzeuge für den Einsatz gegen das Regime Gaddafis bereitzustellen. Katar will ab dem Wochenende Patrouillen über Libyen fliegen.
Preis für Mehr und Lebensmittel hat sich verdoppelt
Machthaber Gaddafi hat nach den Worten von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach Verkündung einer Waffenruhe missachtet. Sollte er die Gewalt nicht stoppen, drohten weitere Schritte des Weltsicherheitsrats, sagte Ban am Donnerstag in New York. An einem Treffen der Arabischen Union (AU) in Addis Abeba am (heutigen) Freitag nähmen auch Vertreter von Gaddafis Regierung sowie der libyschen Opposition teil, sagte Ban vor dem Sicherheitsrat.
Im Bemühen um eine politische Lösung für das nordafrikanische Land reisten sein Sondergesandter für Libyen, der frühere jordanische Außenminister Abdelilah Al Chatib, sowie Vertreter verschiedener regionaler Organisationen ebenfalls zu dem Treffen nach Äthiopien, sagte Ban.
In seinem Bericht an den Sicherheitsrat äußerte sich der UN-Generalsekretär besorgt über die humanitäre Lage in Libyen. Dem Welternährungsprogramm (WFP) lägen Berichte vor, wonach die Lebensmittelpreise drastisch stiegen und sich der Preis für Mehl in den vergangenen Woche verdoppelt habe. Mehr als 335.000 Menschen hätten Libyen seit Beginn der Unruhen verlassen, etwa 9.000 von ihnen säßen noch immer an der Grenze zu Tunesien fest. (dapd)