Bengasi. . Die libyschen Rebellen kontrollieren noch immer die Stadt Adschdabija, die von Kampfflugzeugen sowie Schiffs-, Panzer- und Artilleriegeschützen angegriffen wurde. Ein Kampfflugzeug der Rebellen hat offenbar Kriegsschiffe der Regierung versenkt.

Die libyschen Rebellen kontrollieren nach eigenen Angaben noch immer die Stadt Adschdabija im Osten des Landes. „Adschdabija ist nach wie vor in der Hand der Revolutionäre“, sagte ein Sprecher des von den Rebellen gebildeten Nationalrats am Dienstag in Bengasi. Die libysche Armee habe Adschdabija aus großer Entfernung bombardiert. Armeeeinheiten hätten versucht, in die Stadt vorzurücken, doch die Rebellen hätten sie zurückgedrängt.

Adschdabija liegt etwa 160 Kilometer südlich der Rebellenhochburg Bengasi und gilt den Oppositionellen als Festung gegen die Truppen des Machthabers Muammar el Gaddafi. Am Dienstag und Montag hatten oppositionelle Rebellen und Gaddafi-treue Soldaten sich Kämpfe in Adschdabija geliefert. Die regierungstreuen Truppen griffen auch aus der Luft an.

Rebellen-Flugzeug versenkt libysche Kriegschiffe

Außerdem haben ein Kampfflugzeug und ein Hubschrauber der libyschen Rebellen einer Oppositions-Website zufolge zwei Kriegsschiffe der Regierung versenkt. Die Internet-Website Brniek berief sich am Dienstag auf einen namentlich nicht genannten Luftwaffen-Offizier auf dem Stützpunkt Benina in der von den Aufständischen gehaltenen Stadt Benghasi. Bei dem Flugzeug habe es sich um eine MiG-23 gehandelt. Die Schiffe seien nahe der Stadt Abdschabijah versenkt worden, die von Regierungstruppen eingenommen wurde. Es war unklar, von wo die Maschinen gestartet waren.

Der Luftwaffenstützpunkt nahe Benghasi wird von den Rebellen kontrolliert. Mehrere Luftwaffenoffiziere haben sich den Aufständischen angeschlossen.

Letzte Stadt westlich von Tripolis zurückerobert

Derweil treiben Gaddafi-treue Truppen die Aufständischen andernorts immer weiter in die Enge. Die wegen ihrer Waffen- und Munitionsdepots strategisch wichtige Stadt Adschdabija wurde am Dienstag von Kampfflugzeugen sowie Schiffs-, Panzer- und Artilleriegeschützen angegriffen. Swara, die letzte von den Aufständischen gehaltene Stadt westlich von Tripolis, nahmen die Regierungstruppen wieder ein; sie haben damit nun den gesamten Küstenstreifen zwischen der Hauptstadt Tripolis und der Grenze zu Tunesien unter ihrer Kontrolle.

Die internationale Gemeinschaft findet unterdessen keine gemeinsame Linie im Umgang mit dem libyschen Staatschef Muammar al Gaddafi. Beim Treffen der G-8-Außenminister in Paris einigten sich die Ressortchefs zwar darauf, dass der politische Druck auf Staatschef Mummar al Gaddafi erhöht werden müsse. Die Einrichtung einer Flugverbotszone blieb aber strittig. Nun soll sich der Weltsicherheitsrat erneut mit dem Thema befassen.

Der französische Außenminister Alain Juppé erklärte, er rechne noch in dieser Woche mit einer UN-Resolution. Allerdings räumte er ein, dass der von Frankreich und Großbritannien betriebene Vorstoß zur Einrichtung einer Flugverbotszone bislang keine breite Unterstützung gefunden habe. Bundesaußenminister Guido Westerwelle bekräftigte seine Skepsis und betonte, er wolle nicht, dass Deutschland dauerhaft in einen Krieg in Nordafrika hineingezogen werde.

Hilfslieferungen blockiert

In Adschdabija starteten die Regierungstruppen Überraschungsangriffe von zwei Seiten und rückten später mit Panzern und Mannschaftswagen in die Stadt ein. Das Staatsfernsehen berichtete, Adschdabija stehe wieder vollständig unter der Kontrolle des Regimes. Die Stadt war seit Beginn des Aufstands in der Hand der Regimegegner. Sollte sie in die Hände Gaddafis fallen, stünde dessen Streitkräften der direkte Weg nach Bengasi, Tobruk und zu den Ölfeldern im Süden offen. Die Rebellen fürchten die Einkesselung Bengasis.

Die Regimegegner sehen sich außerdem einer seit Tagen andauernden Blockade der von ihnen gehaltenen Stadt Misrata gegenüber. Ein Arzt sagte, Kriegsschiffe behinderten Hilfslieferungen. Es würden dringend Antibiotika und Hilfsmittel für Operationen benötigt. Misrata ist die drittgrößte Stadt des Landes und liegt rund 200 Kilometer südöstlich von Tripolis.

US-Außenministerin Hillary Clinton traf am Montagabend in Paris mit Vertretern der libyschen Opposition zusammen. Es habe ein offenes Gespräch gegeben „über Wege, wie die USA das libysche Volk in seinem Kampf gegen das Gaddafi-Regime unterstützen können“, sagte ihr Sprecher nach dem Treffen. Das Gespräch war das erste zwischen Vertretern der USA und der libyschen Opposition auf höchster Regierungsebene seit Beginn der Kämpfe.

Muammar al Gaddafi

Auf den Straßen von Bengasi...
Auf den Straßen von Bengasi...
...feiern die Menschen den Einzug...
...feiern die Menschen den Einzug...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... Regierungszeit machten  Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den
... Regierungszeit machten Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den "König der afrikanischen Könige". Oberst Gaddafi, nach eigenen Worten 1942 in einem Beduinenstamm ... © AP/Sergei Grits
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den "Staat der Massen" aus. Der regiert sich ... © AP/Francois Mori
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ.
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ. © REUTERS
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ...
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ... © REUTERS
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht.
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht. © REUTERS
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ...
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ... © REUTERS
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt.
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt. © REUTERS
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden.
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden. © REUTERS
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ...
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ... © REUTERS
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags.
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags. © AFP
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ...
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ... © REUTERS
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen.
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen. © REUTERS
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Ölexport aus Libyen eingestellt

Der Ölexport aus Libyen ist mittlerweile vollständig zum Erliegen gekommen. Die Internationale Energieagentur (IEA) erklärte am Dienstag in Paris, Grund seien die Flucht ausländischer Ölarbeiter und die Einstellung der Produktion durch internationale Unternehmen.

Die Kämpfe in Libyen hatten den Ölpreis in der vergangenen Woche auf fast 107 Dollar pro Barrel ansteigen lassen, bevor der Preis nach dem schweren Erdbeben in Japan wieder zurückging. Analysten waren schon zuvor davon ausgegangen, dass in Libyen derzeit kaum noch Öl produziert wird. (afp/rtr/dapd)