Kairo. Die Truppen von Libyens Machthaber rücken immer näher an die Hochburgen der Regime-Gegner heran. Die internationale Gemeinschaft kann sich weiterhin nicht über Sanktionen gegen Muammar Gaddafi einigen.
Während die Aufständischen im Osten Libyens militärisch immer stärker unter Druck geraten, treten die diplomatischen Bemühungen für eine Flugverbotszone auf der Stelle. Bei einem Treffen der Außenminister der G 8 gelang es Frankreich und Großbritannien nicht, die übrigen Mitglieder von ihrem Militärplan gegen Muammar Gaddafi zu überzeugen.
Nun soll die Entscheidung erneut dem Weltsicherheitsrat vorgelegt werden. In dem UN-Gremium haben sich die Vetomächte Russland und China bisher gegen ein militärisches Eingreifen ausgesprochen, auch die USA äußerten sich sehr zurückhaltend. „Gaddafi macht weiter Punkte“, erklärte dagegen der neue französische Außenminister Alain Juppe. „Vielleicht haben wir bereits die Chance vergeben, das Gleichgewicht der Kräfte zwischen beiden Seiten wiederherzustellen.“
Die Angst geht um
In der Hafenstadt Bengasi, der Hochburg der Rebellen, geht derweil die Angst um, die Truppen Gaddafis könnten in den nächsten Tagen mit dem Angriff auf die Stadt beginnen. Denn die Rebellen werden vor den weitaus besser ausgerüsteten Einheiten Gaddafis immer weiter zurückgedrängt. Am Dienstag mussten sie offenbar auch die strategisch wichtige Stadt Ajdabiya aufgeben, wo ein großes Waffendepot der Armee existiert. Von hier aus führt eine Straße entlang der Küste direkt nach Bengasi sowie eine schnurgerade Wüstenautobahn durch das Hinterland nach Tobruk. Nach einer Einnahme von Ajdabiya können Gaddafis Streitkräfte nun die Hochburgen der Aufständischen direkt angreifen und die von ihnen kontrollierte Küstenregion rasch umzingeln.
Unterdessen räumten auch amerikanische Diplomaten ein, in Libyen sei Situation von eine „hoher Dringlichkeit“ entstanden. Offenbar wächst mittlerweile in Washington die Bereitschaft, den Rebellen entschiedener als bisher zu helfen und den Druck auf das Gaddafi-Regime zu erhöhen, das Bombardement gegen das eigene Volk zu stoppen.
Clinton trifft Gegner
Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton traf sich in Paris mit Mahmoud Jibril, einem Mitglied im Nationalrat der Opposition. In dem „privaten und sehr freimütigen“ Gespräch hätten beide Seiten ausgelotet, wie die USA die Regimegegner besser unterstützen könnten. Jibril forderte offenbar von den USA sofortige Waffenlieferungen. Der bislang stellvertretende US-Botschafter in Tripolis, Chris Stevens, wurde zum offiziellen Verbindungsmann zur Opposition ernannt. Er soll schon in Kürze nach Bengasi reisen.
In einem Interview mit der italienischen Zeitung „Il Giornale“ brüstete sich Gewaltherrscher Muammar Gaddafi mit den Erfolgen seiner Eliteeinheiten. Die Aufständischen hätten „keine Hoffnung mehr, ihr Schicksal ist besiegelt“, erklärte der Despot. Sie hätten nur noch zwei Optionen – „sich zu ergeben oder zu fliehen“. Wer sich nicht ergebe, der werde getötet. Verhandlungen mit seinen Gegnern schloss Gaddafi erneut aus, der auf den Chef des Nationalrat, den früheren Justizminister Mustafa Abdel Jalil, ein Kopfgeld von 400.000 Euro hatte aussetzen lassen.
Derweil ist wegen der Kämpfe die Ölproduktion Libyens nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IAEA) komplett zum Erliegen gekommen. Libyen trug bisher etwa zwei Prozent zu der Welterdölförderung bei.