Bochum/Düsseldorf. . Das Gesetz zur Ladenöffnung in NRW steht auf dem Prüfstand. Es zeichnet sich ab, dass SPD und Grüne die Lockerung des Ladenschlusses wieder zurückdrehen wollen. Vor allem die verkaufsoffenen Sonntage ufern ihrer Meinung nach aus.

Gewerkschafter Michael Hermund schlägt vor der Bochumer Ratssitzung am Donnerstag Alarm: Die Stadt Bochum will dieses Jahr an insgesamt 13 Sonntagen den Einzelhändlern erlauben, ihre Läden zu öffnen. Zählt man alle Ausnahmen in den einzelnen Stadtteilen zusammen, kommt man allein in Bochum auf die stattliche Zahl von 35 Sonntagsöffnungen.

Zu viel, wie der DGB-Regionsvorsitzende findet. „Die Ausnahme wird zur Regel“, schimpft er und fragt: „Müssen denn bei jedem kleinen Fest auch die Geschäfte öffnen?“ Sein besonderer Groll: Die Stadtverwaltung begründe in der Vorlage für den Stadtrat noch nicht einmal mehr, warum an den genannten Sonntagen – darunter auch drei im Advent – geöffnet werden soll.

Beim Thema Sonntagsöffnung ist Bochum keine Ausnahme, wie der Blick in die Nachbarstädte zeigt. In Witten genehmigte die Stadt für dieses Jahr 16 verkaufsoffene Sonntage. In Essen liegen 38 Vorschläge für Sonntagsöffnungen auf dem Tisch, die jedoch noch nicht beschlossen sind. 30 verkaufsoffene Sonntage gab es vergangenes Jahr in Dortmund - in diesem Jahr bereits drei.

Köln Spitzenreiter

Wie stark die Sonntagsöffnungen seit Liberalisierung des Ladenöffnungsgesetzes ausgedehnt wurden, förderte 2010 auch eine Studie des NRW-Wirtschaftsministeriums zu Tage. Damals war Köln mit 66 der absolute Spitzenreiter. „Das Konkurrenzdenken zwischen den Städten schaukelt das Ganze zusätzlich auf“, beklagt Hermund.

Dabei ist laut Gesetz die Ladenöffnung eigentlich nur an vier Sonntagen gestattet. Und trotzdem haben mancherorts fast an jedem Sonntag irgendwo Läden geöffnet. Der Trick der Städte: Statt die vier Sonntage nur auf das ganze Stadtgebiet anzuwenden, erteilen die Städte die Erlaubnis auch für einzelne Stadtteile.

Doch mit dem Regierungswechsel in NRW wittern die Gewerkschaften Morgenluft: Fünf Jahre nach seiner Liberalisierung steht das Ladenöffnungsgesetz derzeit wieder auf dem Prüfstand. Und vieles deutet darauf hin, dass SPD und Grüne die Lockerung des Ladenschlusses zurückfahren könnten.

„Die Zahl der Sonntagsöffnungen ist enorm ins Kraut geschossen“, beklagt Daniela Schneckenburger, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. „Diesen Wildwuchs müssen wir zurückschneiden“, kündigte sie im Gespräch mit DerWesten an.

Einzelhandelsverband warnt vor Änderungen

Auch in den Reihen des Koalitionspartners SPD reift die Erkenntnis: „Die Sonntagsöffnung braucht eine Justierung“, sagte Thomas Eiskirch, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

SPD und Grüne setzen sich demnach dafür ein, dass es die Sonntagsöffnungen nur noch mit Anlassbezug geben darf – also keine Genehmigung mehr ohne triftigen Anlass erteilt wird. Eiskirch fordert eine Regelung, die auf Größe und Struktur der Städte Rücksicht nimmt. Wie dies ausgestaltet werden kann, darüber müsse noch diskutiert werden.

Mit der Eindämmung der Sonntagsöffnung sollen die Familienkultur und die Freizeit wieder mehr Raum bekommen und die Arbeitnehmer vor der Ausweitung der Sonntagsarbeit geschützt werden, betont die Grünen-Politikerin Schneckenburger. Sie ist überzeugt: „Die Mehrheit dafür gibt es im Landtag.“

Während Schneckenburger und Gewerkschafter Hermund glauben, dass eine Lockerung des Ladenschlusses dem Handel nicht geholfen habe, ist der Einzelhandelsverband NRW anderer Meinung. „Die jetzige Regelung stärkt vor allem den Handel in den Stadtteilen, der sich so Umsatz zurückholen kann“, betont Waltraud Loose vom Einzelhandelsverband NRW. „Wenn es nach uns geht, kann das bestehende Gesetz so bleiben“, unterstreicht sie und fordert: „Die stadtteilbezogene Genehmigung muss bleiben.“

Verdi NRW dagegen kämpft genau gegen diese Aufsplitterung der Genehmigungen. „Die stadtteilbezogenen Ausnahmen müssen weg“, sagt Gewerkschaftssekretär Folkert Küppers.