Karlsruhe. . Täter, die behinderte Menschen sexuell missbrauchen, müssen mit verschärften Strafen rechnen. Grund für das Karlsruher Urteil ist ein erschütternder Fall.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat den strafrechtlichen Schutz behinderter Menschen vor sexuellen Übergriffen gestärkt. Nach einem am Montag bekanntgegebenen Beschluss muss ein Täter mit einer doppelt harten Strafe rechnen, wenn er eine Behinderung des Opfers ausnutzt und es gleichzeitig bedroht.
Als Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung werden Übergriffe bestraft, die mit Gewalt, durch Drohungen oder unter Ausnutzung der Schutz- und Wehrlosigkeit des Opfers erzwungen werden. Im entschiedenen Fall war das Opfer wegen einer spastischen Lähmung auf einen Rollstuhl angewiesen und konnte eine Hand nicht bewegen. Der Täter erzwang von der jungen Frau mehrfach Oral-, Vaginal- und Analverkehr. Dabei drohte er, ihre Mutter zu ermorden, wenn sie nicht mitmache oder ihn verrate.
Das Landgericht Landshut hielt dem Täter am 22. Juni 2010 sowohl die Drohungen als auch die Ausnutzung der Wehrlosigkeit der Frau vor und verurteilte ihn zu sechseinhalb Jahren Haft sowie zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld an das Opfer.
Dieses Urteil griff der Täter mit dem rechtlichen Argument an, es dürften nur entweder die Drohungen oder die Schutzlosigkeit strafverschärfend berücksichtigt werden. Doch eine solche Einschränkung führe zu „untragbaren Strafbarkeitslücken“ gerade beim Schutz behinderter Menschen vor sexuellen Übergriffen, befand der BGH und wies die Revision ab. Das Gesetz lasse „beide Tatvarianten“ auch nebeneinander zu.
(AZ: 1 StR 580/10) (epd/afp)