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Es ist ein Millionengeschäft für die Bahn: Sie hat 2009 etwa 700 Millionen Euro mit sogenannten Stationspreisen eingenommen. Sie fallen an, sobald ein Zug an einem Bahnhof hält. Seit Neujahr gibt es ein neues Preissystem. Bei Verkehrsexperten sorgt es für Unmut.

Für jeden Zug, der in Kleve hält, kassiert die Bahn 3,02 Euro. In Duisburg wird’s mit 8,72 Euro schon teurer. Am teuersten wird es für Bahn-Unternehmen indes in Westfalen: In Münster, Hamm oder Bielefeld macht es 16,97 Euro für einmal Einsteigen, Aussteigen, Weiterfahren.

Für die Bahn ist das ein gutes Geschäft, 2009 nahm sie mit diesen Stationspreisen an den bundesweit rund 5400 Bahnhöfen insgesamt fast 700 Millionen Euro ein. Auf Druck der Bundesnetzagentur gilt nun seit Samstag ein völlig neues Preissystem. Vor allem transparenter soll es sein – doch bei Verkehrsexperten in NRW sorgt es für Unmut. Die Bahn widerspricht in­des den Befürchtungen des NRW-Wirtschaftsministeriums, die neue Preisliste würde den Landesetat mit rund sieben Millionen Euro belasten. Der Konzern erwartet für NRW eine „moderate Erhöhung des Stationspreisvolumens in Höhe von 0,2 Mio Euro pro Jahr“.

Der VRR profitiert, Westfalen-Lippe zahlt zu

Allerdings erwartet auch der Konzern – wie das Land und andere Fachleute in NRW – durch die neue Preissystematik eine Verschiebung der Kosten zwischen den drei regionalen Nahverkehrs-Zweckverbänden. Einig ist man sich, dass auf Westfalen-Lippe (NWL) Zu­satzbelastungen von gut 7 Millionen Euro zu­kommen und auch im Rheinland (NVR) zwischen 1 und 2 Millionen Euro mehr anfallen. Während indes der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) von Entlastungen von rund 2 Millionen Euro ausgeht, prognostiziert ihm die Bahn Einsparungen von mehr als 8 Millionen Euro. So entsteht aus den vom Land erwarteten Mehrkosten ein Nullsummenspiel für die Bahn.

In den kommenden Tagen wollen sich Bahn, Land und Nahverkehrsverbände zu ei­nem klärenden Gespräch treffen. Dort dürfte wohl auch zur Sprache kommen, dass die Bahn mit den neuen Preisen auch für längere Züge mehr Geld verlangt – das trifft NRW pünktlich zur Umstellung einiger Züge auf mehr Wagen.

Keine Einschränkungen

Dennoch müsse niemand fürchten, dass der NRW-Nahverkehr wegen der Zusatzbelastungen eingeschränkt würde, versichert man im Wirtschaftsministerium. „Im Rahmen der ohnehin vorgesehenen Revision des ÖPNV-Gesetzes werden wir das aus­gleichen“ – sprich: im Zweifel zusätzliches Geld in den Nahverkehr pumpen.

Dennoch bleiben in der Stationspreisliste „einige Ungereimtheiten“, kritisiert Lothar Ebbers vom Fahrgastverband Pro Bahn in NRW. So gehört der Bahnhof von Al­tenbeken nun mit 16,97 Euro pro Zughalt (2010: 5,97 Euro) zu den teuersten Stationen in NRW, obwohl sich an den Bahn-Kriterien für die Preise (etwa Zahl der Reisenden, vorhandenes Servicepersonal oder technische Ausrüstung wie Aufzüge) kaum etwas verändert haben dürfte. Grund für die Preiserhöhung ist die neue Systematik: Wurden die Preise bislang im NRW-Vergleich erhoben, gilt ab 2011 die Region als Maßstab. Und da würden die großen Stationen, etwa im Ruhrgebiet, nun geringer be­lastet, weil sich die Kosten dort auf mehr Züge verteilen als im ländlichen Raum, sagt Ebbers.

Vor allem seien die Preise aber zu hoch und hätten so keine Anreizwirkung auf die Verkehrsunternehmen: Mehr als die Hälfte der Entgelte, die das Land für die Bestellung von Regionalzügen gibt, gingen für Stationspreise und die Nutzung der Bahntrassen drauf, sagt Ebbers. Könnte man diesen Anteil senken wäre mehr Raum für Wettbewerb zwischen den Anbietern und man könnte mehr Verkehr auf die Schiene bringen. „Das zeigen die Niederlande, in denen die Stationspreise deutlich niedriger sind.“