Berlin. Merz teilte auf dem letzten großen Berliner Wahlkampfauftritt gegen den Grünen-Politiker aus. Auch zu der AfD hat er eine klare Meinung.
Der letzte große Auftritt des Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU), am Donnerstagabend im Gasometer in Berlin, hat nicht nur Parteifreunde angelockt. Ein Grüppchen Demonstranten hat sich ebenfalls vor dem mit Absperrgittern und von einem enormen Polizeiaufgebot abgeschirmten Euref-Campus eingefunden: „Nein zu Merz, Rassismus und Sozialabbau!“ rufen sie. Und auch Greenpeace hat einen Doppeldecker-Bus vorbeigeschickt, beklebt mit der Forderung: „Milliardäre besteuern, Klima retten!“
Im Inneren des Gasometers ist von den Protesten draußen nichts zu hören. der große Veranstaltungssaal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, viele der Anwesenden sind Parteimitglieder. So wie Lutz Reichelt. Der 79-Jährige ist Mitglied im CDU-Kreisverband Tempelhof-Schöneberg. „Ich erwarte mir inhaltlich nicht viel Neues“, sagt er. Aber es sei eine gute Gelegenheit, den Merz mal live zu sehen.

So sieht es auch Travel Manager Carsten. Der 45-Jährige ist kein CDU-Mitglied und hat bei der Kartenverlosung über Facebook eine der schnell vergriffenen Eintrittskarten ergattert. „Aber ich erwäge, die CDU zu wählen und es interessiert mich, wie sich der Kanzlerkandidat hier präsentiert“, sagt er. Von der Partei, die er bisher gewählt habe, sei er enttäuscht. Welche das ist, will er nicht sagen.
Doch bevor der Kanzlerkandidat die Bühne betritt, ist zunächst Geduld gefragt. Der Einlass mit Pass- und Taschenkontrolle, der bereits um 18 Uhr beginnt, zieht sich genauso in die Länge wie das um 19.30 Uhr startende Bühnenprogramm. Das gestalten zunächst der Spitzenkandidat der Berliner CDU, Jan-Marco Luczak, und die weiteren Wahlkreiskandidaten sowie Kai Wegner, Regierender Bürgermeister von Berlin und Vorsitzender der CDU Berlin. Zwischendurch werden Werbe-Videos des Kanzlerkandidaten gezeigt.
Um 20.15 Uhr kommt Merz endlich durch einen Hintereingang und schreitet unter dem Applaus der Menge und pathetischen Geigenklängen durch die Reihen wie ein Rockstar zur Bühne. Dort empfängt ihn der Regierende Bürgermeister: „Lieber Friedrich, man sieht es an der Polizeipräsenz, Berlin ist ein heißes Pflaster. Aber auf unsere Polizei ist Verlass“, sagt er – und schon wieder brandet Applaus auf.
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„Deutschland muss eine führende Rolle in Europa übernehmen“
Und Merz liefert genau das, was die große Mehrheit der geladenen Gäste und seine Parteifreunde von ihm erwarten. Er beschwört die wichtige Rolle der CDU in 75 Jahren Bundesrepublik und die wichtige Rolle Deutschlands in Europa. „Die deutsche Bundesregierung und der deutsche Bundeskanzler müssen endlich wieder eine führende Rolle in Europa übernehmen. Ich werde im Falle meiner Wahl einen wesentlichen Teil meiner Zeit damit verbringen, diese Europäische Union zusammenzuhalten“, verspricht er.
Merz nennt die wichtigsten Vorhaben, die eine CDU-geführte Bundesregierung umsetzen will. Er verspricht die Abschaffung des Bürgergeldes, den Bürokratieabbau, die Korrektur der Wirtschafts-, der Energie- und der Steuerpolitik der Ampel-Koalition. Und, natürlich, der Migrationspolitik. „Nach Magdeburg und Aschaffenburg ist klar, so geht es nicht mehr weiter“, sagt er. Und seit drei Wochen sei auch klar, wo die anderen Parteien in dieser Frage stehen, sagt Merz im Hinblick auf seinen Entwurf für das „Zustrombegrenzungsgesetz“, der im Bundestag scheiterte.
„Auf gar keinen Fall mit der AfD“
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Mit der selbst gestellten Frage, mit welcher der anderen Parteien er nach der der Wahl am kommenden Sonntag denn eine andere Migrationspolitik verabreden könne, versichert Merz: „Auf gar keinen Fall mit der AfD.“ Wieder brandet Applaus auf. „Die AfD steht in den wesentlichen politischen Fragen unseres Landes für das glatte Gegenteil von dem, was meine Partei in 75 Jahren Bundesrepublik und 35 Jahren deutsche Einheit aufgebaut hat.“
Noch größer ist der Applaus nur, als Merz verspricht, dass es „den Arbeitsplatz von Robert Habeck nächste Woche nicht mehr geben wird.“ Spätestens im Sommer 2023 hätte allen klar sein müssen, welche Fehlkonstruktion ein Ministerium sei, in dem Wirtschaft und Klima zusammengefasst sind. „Das sich ein Wirtschaftsminister der drittgrößten Industrienation der Welt fast ein ganzes Jahr lang mit der Frage beschäftigt, welche Heizung wir im Keller haben, ist ein Beweis dafür das dieser Mann dieser Aufgabe vom ersten Tag an nicht gewachsen war.“
„Merz war viel besser als in den Talkshows“
Am Ende seiner gut 50minütigen Rede appelliert Merz, Erst- und Zweitstimme der CDU zu geben. Nur das garantiere, dass Deutschland bei der Bundestagswahl nicht in den Populismus von links oder rechts abrutsche. „Wer hier im Raum sitzt und sich mit dem Gedanken trägt, ob er nicht doch die AfD wählen soll, muss wissen, dass wir mit dieser Partei nicht zusammenarbeiten werden. Wer AfD wählt, stärkt damit den Einfluss von Grünen und Sozialdemokraten in der Bundespolitik.“
Minutenlange Standig Ovations und das gemeinsame Absingen der Nationalhymne beenden den Abend. Travel-Manager Carsten und seine Begleitung hat Merz jedenfalls überzeugt. „Wir werden ihn auf jeden Fall wählen“, sagen die beiden. Und auch Lutz Reichelt ist begeistert: „Merz war so viel besser als in den Talkshows, er wird ein guter nächster Bundeskanzler.“