Berlin. Zwei Tage nach dem Anschlag in München erliegen Mutter und Tochter ihren Verletzungen. In der „SZ“ ergreifen die Hinterbliebenen das Wort.

Zwei Tage lang kämpften Mutter und Tochter um ihr Leben. Am Samstagabend dann die traurige Gewissheit: Die 37-jährige Frau, die am Donnerstag noch nichtsahnend für einen höheren Lohn demonstrierte, und ihre zweijährige Tochter sind tot. Der 24-jährige Farhad N. war in die Menschenmenge gerast, hatte die beiden mit seinem Mini wohl so schwer getroffen, dass sie ihren Verletzungen erlagen. Die Behörden gehen mittlerweile von einem Anschlag aus. Der tatverdächtige Afghane könnte aus islamistischen Motiven gehandelt haben.

Kurz nachdem das Landeskriminalamt den Tod von Mutter und Tochter bekanntgegeben hatte, meldeten sich am Samstagabend die Angehörigen der beiden Opfer zu Wort. In einem Statement, das der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt, bedanken sie sich bei „den Hilfskräften, bei den Pflegekräften, Ärztinnen für die gute Unterstützung, Begleitung und für den emotionalen Beistand.“

München: Mädchen Hafsa lag im Kinderwagen, als der Mini anraste

Im Gespräch mit der „SZ“ erklärten die Angehörigen – unter ihnen der Ehemann und Vater –, dass die Verstorbenen sich am Ende des Demonstrationszuges aufhielten. Die zweijährige Tochter lag im Kinderwagen, als der Tatverdächtige mit seinem Auto auf die Menschenmenge traf. Ihr Mann bestätigte, dass es sich um den Kinderwagen handele, der auf Fotos nach der Tat zu sehen war.

Vehicle Driven Into Crowd In Munich
Kurz nach dem Anschlag liegt ein zerstörter Kinderwagen auf der Straße. In ihm soll das zweijährige Mädchen Hafsa gelegen haben. © Getty Images | Johannes Simon

Die Frau des 38-jährigen Witwers heiße Amel, seine Tochter Hafsa. Die 37-Jährige stamme aus Algerien und sei im Alter von vier Jahren nach Deutschland gekommen, berichtet die Zeitung. Nach einem Umweltschutz-Studium arbeitete sie als Ingenieurin seit 2017 bei der Münchner Stadtentwässerung. Das deckt sich mit Aussagen von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), dem zufolge die Frau bei der Stadt München angestellt war. Auch er reagierte entsetzt: „Der Schmerz ist nicht in Worte zu fassen. Wir werden der Familie alle nur erdenkliche Unterstützung in dieser düsteren Zeit anbieten“, so der SPD-Politiker.

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Meine schwerste Entscheidung

„Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat. War aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung“ , zitiert die SZ aus dem Statement der Familie. „Ihr war es sehr wichtig, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben.“ Im Gespräch mit der SZ ergänzten die Angehörigen, dass die Tat nicht instrumentalisiert werden dürfe, „um Hass zu schüren.“