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Volker Kauder wird für seine Äußerungen zum Kinderwunsch homosexueller Paare kritisiert. Von „blankem Populismus“, sprach NRW-Emanzipationsministerin Steffens. „Für Menschen wie ihn haben wir einen Runden Tisch gegen Homophobie gegründet.“

Für seine Aussage, dass er nicht glaube, dass Kinder in einer homosexuellen Partnerschaft aufzuwachsen wünschten, erntete CDU/CSU-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder Kritik aus allen Parteien. „Kauders Aussage ärgert mich sehr. Vor allem, weil sie ohne Not gemacht wurde“, sagte Alexander Vogt, Bundesvorsitzender der Schwulen und Lesben in der Union der WAZ-Mediengruppe

Für NRW-Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) sind die Äußerungen des CDU-Mannes Kauder gar „blanker Populismus“. „Er weiß nicht, wovon er redet“, sagte die Ministerin der WAZ-Gruppe. Und: „Für Menschen wie Kauder haben wir in NRW einen Runden Tisch gegen Homophobie gegründet.“ Steffens hatte erst kürzlich ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Rechte von Homosexuellen vorgelegt.

Politisch-taktischer Hintergrund

Auch der Dortmunder FDP-Bundestagabgeordnete Mi­chael Kauch widersprach Kauder. „Es gibt Tausende Kinder, die bei Homosexuellen groß werden“, so Kauch. „Alle Studien belegen, dass dies keine negativen Folgen für die Kinder hat“. Auch FDP-Bundestagfraktions-Vize Miriam Gruß kritisierte Kauder: „Das ist absurd. Es ist nicht die Aufgabe von Herrn Kauder zu entscheiden, was sich Kinder wünschen. Für Kinder ist es entscheidend, dass sie stabile Bindungen haben. Die können sie sowohl zu heterosexuellen als auch zu homosexuellen Paaren aufbauen.“

Die scharfen Worte von Unions-Fraktionschef Volker Kauder gegen Adoptionen von Kindern durch homosexuelle Paare hat auch einen politisch-taktischen Hintergrund: Erst vor wenigen Wochen hatte sich die Mehrheit der Justizminister der Bundesländer für ein vollständiges Adoptionsrecht für Homosexuelle ausgesprochen.

Gemeinsame Adoption bislang nicht möglich

Und so sieht die derzeitige Rechtslage aus: Bisher steht die Möglichkeit einer Adoption lediglich Eheleuten und Alleinstehenden zu. Homosexuelle in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft können zwar das leibliche Kind des Partners adoptieren. Eine ge­meinsame Adoption ist aber nicht möglich, was unter anderem negative Auswirkungen auf die Hinterbliebenenversorgung des Kindes hat.

Doch auch unter den Länderministern war die Forderung umstritten. Der damalige Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne) bezeichnete die derzeitige Einschränkung des Adoptionsrechtes als „nicht systemgerecht“. Es handele sich um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Niedersachsens Justizminister Bernd ­Busemann (CDU) betonte da­gegen, er habe dem Beschluss nicht zugestimmt.

Streitpunkt in der Koalition

Bundesjustizministerin Sa­bine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verwies auf die schwierige Gemengelage in der schwarz-gelben Regierung. Die Liberalen-Politikerin unterstützte ein Adoptionsrecht für Schwule und Lesben. „Die Union lehnt es ab“, musste auch sie allerdings konstatieren. Dies hat Kauder mit seinen Äußerungen nun noch einmal bestätigt.

Allerdings: Auch in der Union gibt es eine Diskussion um das Familienbild. Ursula von der Leyen und andere stehen für ein liberales Familienbild. Kauder macht sich nun zum Fürsprecher der Konservativen in der Union. Alexander Vogt, Bundesvorsitzender der Schwulen und Lesben in der Union, erklärte gestern dazu: „Kauders Aussage ärgert mich sehr. Vor allem, weil sie ohne Not gemacht wurde.“

Rechtslage hin, Forderungen her – in Deutschland wachsen inzwischen mindestens 6600 Kinder in sogenannten „Regenbogenfamilien“ auf. Meist mit zwei lesbischen Müttern, seltener mit zwei schwulen Vätern. Die meisten Kinder stammen aus früheren heterosexuellen Beziehungen einer der Partner. Nach einer Studie der Uni Bamberg könnte es bundesweit nicht nur 6600, sondern über 12 000 dieser Regenbogenkinder geben.