Berlin. Der Berliner Unternehmer Harald Christ lud Politiker, Wirtschaftsvertreter und Medienleute zu seinem Geburtstag. Warum er nichts bereut.

Es war seine Geburtstagsfeier im Berlin Capital Club, die bundespolitischen Zündstoff hervorbrachte: Am 3. Februar ist der Berliner Unternehmer Harald Christ 53 Jahre alt geworden. Am Abend zuvor feierte er in seinen Geburtstag hinein. Mit seinem Bekanntenkreis. Allerdings stehen in seinem Adressbuch neben Vertretern aus Wirtschaft und Medien und diversen Politikern eben auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Christ lädt oft ein, mal zu sich nach Hause, mal in den Capital Club. Zusammenkünfte wie diese sind es, die im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 für Aufsehen sorgen. Zuletzt hatte ein privater Abend in Laschets Berliner Wohnung, bei dem unter anderem. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dabei war, für Aufsehen gesorgt, denn er fand am Donnerstag vor der umstrittenen Abstimmung im Bundestag über Friedrich Merz‘ Fünf-Punkte-Plan zur Migration statt.

Nun also bereitet eine Geburtstagsfeier dem Bundeskanzler Probleme: Scholz soll dort den Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) mit der Bemerkung, er sei „Hofnarr“ der CDU beleidigt haben. Einige sehen darin Rassismus gegen den Ex-Musikmanager und Spross einer tansanischen Diplomatenfamilie. Die Morgenpost erreicht den Gastgeber des Fests. Gleich hat er ein dienstliches Mittagessen, aber danach Zeit für ein kurzes Gespräch. „Wollen Sie mir noch nachträglich zum Geburtstag gratulieren?“, fragt Christ im Scherz. Natürlich weiß er, worum es geht. „Ich bin da vollkommen gelassen. Man muss die derzeitige Situation betrachten: Wir haben Wahlkampf, sonst würde so etwas sicherlich gar keine Rolle spielen. Bei meinem Geburtstag waren 300 Gäste aus allen Parteien der demokratischen Mitte, Wirtschaft und Medien eingeladen. Alle waren privat zu Gast. Auch der Kanzler und seine Frau.“

Harald Christ hat alle Medienvertreter gebeten, die Privatsphäre zu respektieren

Christ ist wichtig, dass die Privatheit nicht nur unausgesprochene Übereinkunft war, sondern, dass er sie in seiner Begrüßungsrede „ausdrücklich betont“ habe. „Außerdem habe ich in meiner Rede die anwesenden Medienvertreter persönlich angesprochen und darum gebeten, auch die Privatsphäre der anwesenden Politiker zu respektieren – damit sich nicht wiederholt, was einige Tage vorher aus einer Zusammenkunft zu der Armin Laschet geladen hatte, öffentlich geworden ist“, sagt der Unternehmer, Sohn eines Fließband-Arbeiters bei Opel und einer Hausfrau. „Das ist die Grundvoraussetzung, nur so entsteht ein Rahmen, in dem auch mal parteiübergreifend kontrovers diskutiert werden kann – gerade vor dem Hintergrund der ereignisreichen Woche im Deutschen Bundestag.“

Dass Christ geradeheraus ist, zeigt sich auch an seinem politischen Engagement: Nach mehr als 30 Jahren in der SPD war Christ im Frühjahr 2020 in die FDP eingetreten. Im September 2020 wurde der Unternehmer auf Vorschlag von Parteichef Christian Lindner Schatzmeister, er gab das Amt aber nach rund eineinhalb Jahren wieder ab. Als Reaktion auf die „D-Day“-Affäre der FDP Ende November 2024 hat er mit einem Schreiben seinen Austritt aus der Partei erklärt. Er wolle sich künftig unabhängig von der Mitgliedschaft in einer Partei engagieren, sagte er damals.

Zum Verhalten von Focus-Chefredakteur Georg Meck, der das mitgehörte Gespräch öffentlich machte und damit die Diskussion auslöste, möchte er hingegen nichts sagen. „Da ich mich an meine eigenen Regeln halte, spreche ich auch nicht über einzelne Gäste. Ich kann nur sagen, dass ich es als Gastgeber bedaure, sollte es zu persönlichen Missverständnissen in der Kommunikation zwischen einzelnen Gästen gekommen sein. Ich war aber in der besagten Situation nicht zugegen. Das Wohl aller meiner Gäste ist mir wichtig – am Ende sind es aber auch erwachsene Leute.“

Harald Christ: „Schließe jeden Rassismus bei Olaf Scholz aus“

Aber dass er mit Mecks Vorgehen nicht einverstanden ist, lässt sich nicht schwer aus Christs Worten heraushören. „Bis zum Zeitpunkt einer gezielten Indiskretion, haben sich auch alle an die Chatham House Rules (Regeln über die Verschwiegenheit von Zusammenkünften) gehalten“, sagt Christ gegenüber der Berliner Morgenpost. Und setzt dann noch nach. „Warum erst 10 Tage nach dem Geburtstagsempfang darüber berichtet wurde, darüber kann sich jeder selbst eine Meinung bilden. Und da ich mich an meine eigenen Regeln halte, werde ich das nicht weiter kommentieren. Ich wäre dankbar, wenn wir nun zu den wichtigen Themen zurückkehren könnten: Es stellen sich substanzielle politische Fragen für die Zukunft Deutschlands, wenn man sich die Situation der Wirtschaft, das was wir dieser Tage aus den USA zu hören bekommen oder Vorfälle wie in Magdeburg und Donnerstag in München anschauen.“

Gleichwohl hat Gastgeber Christ, als die Vorwürfe gegen den Bundeskanzler öffentlich wurden, Kontakt gesucht und gefunden. „Ich habe mit allen Beteiligten, die ich erreichen konnte, gesprochen und unterschiedliche Darstellungen der Situation gehört. Worin aber bei allen Einigkeit bestand, ist, dass es keinen Rassismus gab in dieser Situation. Ich war nicht direkt dabei, aber ich kenne Olaf Scholz seit 30 Jahren und schließe jeden Rassismus bei Olaf Scholz aus.“

Gastgeber wittert eine Kampagne gegen Bundeskanzler Olaf Scholz

Für Christ steht fest: „Dem Bundeskanzler so etwas zuzuschreiben, auch von Personen, die nicht dabei waren, ist absurd. Dass an diesem Abend lebhaft diskutiert worden ist, bleibt unbestritten. Dass bei solchen Gelegenheiten auch einmal Klartext geredet wird, ist doch klar – und genau dafür bieten sich solche Abende in privater Atmosphäre auch an. Dass Formulierungen wie „Hofnarr“ von Leuten, die nicht dabei gewesen sind, nun überinterpretiert werden, fühlt sich für mich nach Kampagne im Endspurt eines Bundestagswahlkampfes an.“

Den Spaß an Gesellschaften hat sich Christ dadurch aber nicht verderben lassen. Er schaut mit Freude auf seinen 54. Geburtstag im Februar 2026. „Natürlich feiere ich auch im kommenden Jahr und lade wieder zu meinem Geburtstagsempfang ein. Es gibt auch gar keinen Grund, das nicht zu tun: Ich werde wieder ein Jahr älter und werde weiter Anlässe schaffen, um parteiübergreifend Politik, Wirtschaft und Medien zusammenzubringen, damit sie sich engagiert und durchaus auch kontrovers in einem möglichst geschützten Raum austauschen können.“