Berlin. Die Finanzierung des Tickets ist nur bis 2025 gesichert. Erst zum Januar stieg der Monatspreis auf 58 Euro. Wie es 2026 weitergehen könnte.
Die Zukunft des Deutschland-Tickets für den Nahverkehr erscheint erneut offen. So hat der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter angekündigt, dass Bayern sich nicht weiter an der Finanzierung beteiligen wird. Der Bund müsse die gesamten Kosten übernehmen, verlangt der CSU-Minister. Die Finanzierung im laufenden Jahr ist gesichert, die weitere Zukunft der bundesweit geltenden Zeitkarte für den Nahverkehr ist offen. 2025 schießen Bund und Länder je 1,5 Milliarden Euro dazu, die Einnahmeausfälle der Verkehrsverbünde ausgleichen sollen.
Doch das reicht nicht. Ausgerechnet der Erfolg des Tickets schmälert deren Einnahmen. 13,5 Millionen Kunden fahren derzeit mit dem Einheitsticket. Immer mehr Fahrgäste sind im vergangenen Jahr aus anderen Tarifen auf das Deutschlandticket umgestiegen. Die aus den anderen Tarifen resultierenden Einnahmen sind im vergangenen Jahr deshalb um mehr als drei Milliarden Euro gesunken. „94 Prozent der Nahverkehrsunternehmen arbeiten nicht wirtschaftlich“, beschreibt Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), die Folgen. Da zugleich die Kosten, etwa für Personal und Energie gestiegen sind, droht laut VDV in vielen Regionen eine Einschränkung des Nahverkehrsangebots.
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An das Ende des Einheitsfahrscheins glaubt VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff jedoch nicht. „Das D-Ticket wird bleiben“, verspricht er. Doch wie die Zukunft aussieht, weiß auch er nicht. Die neue Bundesregierung müsse schnell Entscheidungen treffen, fordert der Verband, „es muss Planbarkeit geben“. Eine Stellschraube ist der Preis des D-Tickets. Seit Jahresbeginn kostet es 58 Euro im Monat, neun Euro mehr als im vergangenen Jahr. Die überwiegende Mehrheit der Kunden hat die Anhebung nicht abgeschreckt. Die durchschnittliche Kündigungsquote ist Wortmann zufolge nur geringfügig angestiegen.
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Kostendeckend kann das Angebot wohl kaum gestaltet werden. Wie teuer das D-Ticket werden kann, ohne dass die Fahrgäste aussteigen, müssen die Unternehmen noch ausloten. „Wir haben keine riesige Preiselastizität“, weiß Wolff. Allzu groß werden weitere Preissprünge demnach nicht ausfallen. Auch zusätzliche Abonnenten könnten einen Beitrag dazu leisten, die Einnahmeausfälle zu verringern. „Wenn irgendwo Musik drin ist, dann beim Jobticket“, sagt Wolff. Solange die Zukunft ungewiss ist, erwarte er aber keine weitere Verbreitung in den Betrieben.
Nun ist die nächste Bundesregierung gefragt. Sie muss die Rahmenbedingungen für die Weiterführung des D-Tickets setzen. Am schwersten dürfte es für das Angebot im Falle einer unionsgeführten Bundesregierung werden. Die CSU ist seit jeher kein Freund des D-Tickets und auch CDU-Chef Friedrich Merz will sich auf eine Fortführung des Angebots nicht festlegen. Dagegen bekennt sich die SPD dazu und will auch ein attraktives Preisniveau erhalten. Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter und setzen sich für eine Absenkung des Preises auf wieder 49 Euro ein. Die AfD will das D-Ticket ebenfalls beibehalten, aber zu einem „ehrlichen“ Preis. Über die Höhe sagt das Wahlprogramm nichts aus. Radikaler gibt sich die Linke. Die Partei will daraus ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket machen. Auch FDP und BSW stehen zum Einheitsfahrschein.
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Die Branche selbst will das Angebot weiterentwickeln. So haben die einzelnen Verkehrsverbünde zum Beispiel immer noch unterschiedliche Zusatzleistungen in ihr D-Ticket eingebaut. Dazu gehört beispielsweise die kostenfreie Mitnahme von Fahrrädern oder Kindern. Der VDV hätte lieber ein einheitliches Leistungsangebot. Für die weitere Finanzierung hat der Verband auch einen Vorschlag parat. Der Ticketpreis solle an einen Preisindex gekoppelt werden, der sich an der Kostenentwicklung bei den Unternehmen orientiert, schlägt Wortmann vor.
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Bessere Angebote: Nahverkehrsunternehmen sehen großes Potenzial beim autonomen Fahren
Über das D-Ticket hinaus plagen die Verkehrsunternehmen auch noch andere existenzielle Sorgen. Das betrifft die vom VDV auch vertretenen Güterbahnen. Auf sie kommen erhebliche Erhöhungen der Nutzungsgebühren für das Schienennetz zu. Das hängt mit der Entscheidung der Ampel zusammen, die Deutsche Bahn mit zusätzlichem Eigenkapital auszustatten. Diese Finanzspritze müssen die Nutzer der Trassen dem Bund über Gebühren hoch verzinsen. Das betrifft vor allem den Fern- und den Güterverkehr. Die Cargounternehmen befürchten nun, dass sie im Wettbewerb mit dem Lkw angesichts drastisch steigender Kosten nicht mehr mithalten können. Eine geplante Förderung der Trassenpreise als Ausgleich liegt seit dem Scheitern der Ampel auf Eis. „Das heutige Trassenpreissystem muss dringend reformiert werden“, verlangt der VDV von der künftigen Regierung.
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Mehr Geld wollen die Verkehrsunternehmen auch für die Modernisierung ihrer Fahrzeugflotten. Dazu gehört eine Förderung von Innovationen wie autonom fahrenden Shuttlebussen oder automatisierten Bus- und Schienenverkehren. Im autonomen Fahren sehen die Nahverkehrsunternehmen große Potenziale für bessere Angebote. Davon könnten vor allem Bewohner ländlicher Regionen auf lange Sicht profitieren, etwa durch bessere Rufbus-Angebote. Auch für die Anschaffung emissionsfreier Busse ist laut VDV eine weitere Förderung notwendig. Eine zusätzliche Milliarde Euro schwebt dem Verband dabei vor.