Berlin. Seit 2007 gibt es Die Linke. Die Partei hat eine bewegte Geschichte. Welche Themen treiben die Genossen um? Wo sind dunkle Flecken?
Totgesagte leben länger. Die Linke schien politisch am Ende: Schon bei der Bundestagswahl 2021 war die Partei nur dank der Grundmandatsklausel überhaupt ins Parlament eingezogen. Dann verließ die einstige Galionsfigur Sahra Wagenknecht mit Getreuen die Partei, um ihr eigenes Bündnis zu gründen. Aus der Bundestagsfraktion wurde eine Gruppe, in Umfragen fristete Die Linke eine Existenz unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde.
Doch wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2025 sind die Herztöne der Partei wieder deutlicher zu vernehmen, teilweise werden der Linken sogar Traum-Zustimmungswerte um die sechs Prozent prognostiziert. Gelingt den Genossinnen und Genossen um ihre Spitzenkandidierenden, Heidi Reichinnek und Jan van Aken, der Einzug in den Bundestag, es wäre wohl das politische Comeback der 2020er-Jahre.
Wofür steht Die Linke? Welche Themen und Positionen vertritt die Partei, wer steht an der Spitze – und wo kommt Die Linke historisch her? Lesen Sie jetzt: den Steckbrief.
Die Linke: Wichtige Infos zur Partei im Steckbrief
Gründungsdatum | 16. Juni 2007 |
Parteivorsitzende | Ines Schwerdtner, Jan van Aken |
Spitzenkandidaten | Heidi Reichninnek, Jan van Aken |
Mitgliederzahl | 75.387 (Stand Februar 2025) |
Jugendorganisation | Linksjugend solid |
Die Linke: Von der Gründung bis zur Bundestagswahl 2021
Die Linke ist eine vergleichsweise junge Partei in der deutschen Parteienlandschaft. Sie gründete sich am 16. Juni 2007 in Berlin, aus zwei Hälften. Die eine bestand aus der Partei Arbeit & Soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative (WASG), einer linken SPD-Abspaltung um deren ehemaligen Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Die andere bildete die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), die Nachfolgerin der DDR-Einheitspartei SED.
Bis zu ihrer Gründung gab es – die 1956 verbotene KPD ausgenommen – keine gesamtdeutsche Partei links der SPD; in den ostdeutschen Bundesländern stellte die PDS eine linke Regionalpartei dar, die seit 1994 an den meisten Landesregierungen beteiligt war. In der Bonner Republik hatte die SPD viele linke Strömungen abgebildet und diese Position bis weit in die Nachwendezeit verteidigt. Mit den neoliberalen Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder ging aber ein Riss durch die Sozialdemokratie, der 2005 in der WASG mündete.
Maßgeblich an der Gründung beteiligt war neben Lafontaine der PDS-Bundesvorsitzende Lothar Bisky († 13. August 2013). Beide bildeten die erste Doppelspitze der Linken, die sich in den Folgejahren als feste politische Kraft in Deutschland etablierte. Nach 2007 schaffte es die Partei in sieben von zehn westdeutschen Landesparlamenten, bei der Bundestagswahl 2009 erzielte die Linke ihr bislang bestes Ergebnis: 11,9 Prozent Zweitstimmenanteil. Besonders stark war die Partei im Osten Deutschlands, wo sie 2009 auf 28,5 Prozent kam (8,3 Prozent im Westen).
Mit der Bundestagswahl 2013 bereits setzte der Abwärtstrend der Linken ein; gegenüber 2009 verlor die Partei 3,3 Prozentpunkte Zustimmung und 12 von 16 Direktmandaten in Ostdeutschland. 2017 legte die Partei nochmal leicht zu, um 0,6 Prozentpunkte.
2021 retteten drei Direktmandate die Partei vor einem Zerschellen an der Fünf-Prozent-Hürde; gerade mal noch 4,9 Prozent Zweitstimmenanteil hatte die – tief zerstrittene – Partei erzielt. Gleichzeitig war ihr im ostdeutschen Stammland eine große Konkurrentin erwachsen: die selbst ernannte Alternative für Deutschland.
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- Friedrich Merz (CDU): Von Blackrock ins Kanzleramt – der Unions-Kandidat
- Olaf Scholz (SPD): Hanseat, Europäer, Demokrat – der Verteidiger
- Robert Habeck (Grüne): Autor und Wirtschaftsminister – der Philosoph
- Sahra Wagenknecht (BSW): Parteigründerin mit Rechtsdrall – die Ex-Linke
- Heidi Reichinnek (Die Linke): TikTok-Star mit Herz für Menschen – die linke Frontfrau
- Jan van Aken (Die Linke): Rüstungskontrolleur mit Mission – der Linke
Die Linke: Aufwind im Bundestagswahlkampf
2025 nun scheint es, als erhielte die Linke wieder mehr Zulauf, die Partei schwankt Anfang Feburar in Umfragen zwischen vier und sechs Prozent. Im Wahlkampf setzt sie einerseits auf die Spitzenkandidaten Reichinnek und van Aken, wobei Erstere insbesondere bei jüngeren Menschen beliebt ist.
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![Jan van Aken, Spitzenkandidat und Co-Parteichef der Linken am 29. Januar 2025 in Berlin. Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services Jan van Aken / Die Linke](https://img.sparknews.funkemedien.de/408201738/408201738_1738347762_v1_1_200.jpeg)
Andererseits haben sich die Altlinken Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch zur „Mission Silberlocke“ zusammengetan – die drei wollen jeweils ein Direktmandat erringen, um die Partei gegebenenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde vorbei in den Bundestag zu hieven. Reichinnek selbst sieht noch eine dritte Säule ihrer Partei. Der „Rheinischen Post“ sagte sie: „Wir wären als Parteien nichts ohne die Leute, die Tag für Tag plakatieren, Infostände machen, auch da, wo es dann hart ist. Im ländlichen Raum, wo Rechte mehr Zustrom haben.“
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Die Linke: Wahlprogramm – Das sind die Themen der Partei
Die Linke ist die einzige Partei im Bundestag, die sich explizit als sozialistisch bezeichnet. Ihr politischer Fokus liegt auf sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeitsfragen, der Friedenspolitik und einer konsequenten Klimapolitik mit sozialem Ausgleich.
Soziale Gerechtigkeit: Die Linke fordert eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Sie setzt sich ein für die Erhöhung des Mindestlohns und der Renten, eine Vermögensteuer für Reiche und eine sanktionsfreie Grundsicherung. Ihre Position: Niemand soll in Deutschland in Armut leben müssen.
Wohnen: Die Linke plädiert für einen bundesweiten Mietendeckel, eine massive Förderung des sozialen Wohnungsbaus und notfalls die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne. Sie fordert eine Investitionsoffensive für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau, mit dem Ziel, einen Anteil von 30 Prozent gemeinnütziger Wohnungen zu erreichen. Leer stehender Wohnraum soll mit einer Abgabe belegt werden, und Zwangsräumungen in die Obdachlosigkeit sollen verboten werden.
Arbeit und Wirtschaft: Die Partei macht sich für Arbeitszeitmodelle stark, die bei vollem Lohnausgleich die Wochenarbeitszeit reduzieren. Sie fordert die Stärkung von Betriebsräten und Gewerkschaften und einen gesetzlichen Schutz für Beschäftigte, die eine Betriebsratswahl initiieren. Leiharbeit und sachgrundlose Befristung will die Partei beenden.
Feminismus: Als feministische Partei kämpft Die Linke für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, eine bessere Finanzierung von Frauenhäusern und einen Rechtsanspruch auf kostenlose Schwangerschaftsabbrüche sowie körperliche Selbstbestimmung.
![195517_1325_cover.jpg 195517_1325_cover.jpg](https://img.sparknews.funkemedien.de/407832718/407832718_1738852023_v1_1_200.jpeg)
Antifaschismus: Die Linke versteht sich als klare Gegenkraft zur AfD, möchte ein Parteiverbot prüfen, und tritt entschieden gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus auf. Sie fordert ein Verbot von Neonazi-Organisationen und setzt sich für eine Aufstockung von Programmen gegen rechts ein.
Friedenspolitik: Im Gegensatz zu anderen Parteien fordert Die Linke den Stopp aller Waffenexporte und diplomatische Lösungen für internationale Konflikte. Einen Nato-Austritt Deutschlands fordert die Partei nicht mehr explizit, sondern möchte für Europa eine Sicherheitsarchitektur schaffen, die auf friedlicher Koexistenz beruht und die Nato überflüssig macht.
Klima: Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören für Die Linke zusammen. Sie fordert eine sozial gerechte Energiewende, kostenlose ÖPNV-Angebote und eine Abkehr vom Kapitalismus als Voraussetzung für echten Klimaschutz. Ein soziales Klimageld und ein Energie-Soli für Reiche sollen die Energiewende finanzieren.
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![Elections voting, politics and elections illustration, hands leaving votes Adobe Stock Elections voting hands Adobe Stock](https://img.sparknews.funkemedien.de/408197283/408197283_1738247616_v1_1_200.jpeg)
Die Linke: Kritik und Skandale
Im Laufe ihres Bestehens hatte Die Linke sowohl intern mit Herausforderungen zu kämpfen als auch mit Kritik, die von außen an die Partei herangetragen wurde. Immer wieder wurde in der Vergangenheit der Partei die als unzureichend empfundene Abgrenzung von ihren SED-Wurzeln und dem DDR-Unrechtsstaat vorgehalten. Die CDU etwa begründet ihren Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine politische Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt, unter anderem damit, dass man nicht „mit der SED-Nachfolgepartei“ zusammenarbeiten könne, die sich vom DDR-Unrecht „mehr schlecht als recht“ distanziere.
Gleichzeitig stand Die Linke wegen Verbindungen von Parteimitgliedern zur linksextremen und linksradikalen Szene lange unter Beobachtung der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder. Der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, zum Beispiel musste bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, damit deutsche Inlandsgeheimdienste die Beobachtung einstellten. Seither haben die Dienste im Großen von der Partei abgelassen, beobachten aber „offen extremistische Strukturen“ der Linken weiterhin.
Im Jahr 2022 hatte Die Linke zudem mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs zu kämpfen. In mehreren Landesverbänden und auch der Bundestagsfraktion soll es zu solchen Verhaltensweisen gekommen sein; der #linkemetoo-Skandal erfasste auch die damalige Bundesvorsitzende Janine Wissler, gegen deren Ex-Partner Belästigungsvorwürfe vorgebracht worden waren. Wissler soll diese aber nicht ernst genommen haben. Die Vorsitzende entschuldigte sich schließlich öffentlich – zurückgetreten war aber ihre Co-Vorsitzende, Susanne Hennig-Wellsow.
![Hennig-Wellsow und Wissler Hennig-Wellsow und Wissler](https://img.sparknews.funkemedien.de/401358494/401358494_1721027559_v16_9_1200.jpeg)
Die Linke: Haltung zur Ukraine und zu Israel
Mit dem Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine im selben Jahr wurde zudem offenbar, wie schwer sich Mitglieder der Partei damit taten, den Aggressor Russland und Kremlherrscher Wladimir Putin auch als solchen zu benennen. Waffenlieferungen an Kiew lehnt die Partei weiterhin ab, setzt sich aber mit ihrem früheren Verhältnis zu Putins Russland kritisch auseinander. Den Krieg gegen die Ukraine bezeichnet die Partei mittlerweile als Verstoß gegen das Völkerrecht, in dem die Ukraine ein Recht auf Selbstverteidigung hat.
Das Hamas-Massaker an Hunderten Israelis vom 7. Oktober 2023 förderte dann ähnliches Verhalten zutage. Wieder waren es auch Mitglieder der Linken, die das antisemitische Morden der palästinensischen Terroristen nicht als solches bezeichnen wollten, sondern zu einer Art postkolonialem Widerstand gegen vermeintliche zionistische Landnahme verklärten.
Auf dem Bundesparteitag im Oktober 2024 rang sich die Partei dann zu einer Resolution durch, in der sie unter anderem einen Waffenstillstand forderte und einen Stopp für Waffenlieferungen an Israel. Gleichzeitig bekannte sich die Partei ausdrücklich zum Existenzrecht Israels: Der Holocaust mache den Staat notwendig, die historische Verantwortung Deutschlands könne aber „keine bedingungslose Unterstützung“ für die Kriegsführung der Netanjahu-Regierung bedeuten.
Die Zukunft der Linken: Wohin geht die Reise?
Nach dem Zerfall der Linksfraktion im Bundestag und der Abspaltung der Wagenknecht-Gruppe steht Die Linke vor der bislang größten Herausforderung ihrer Geschichte: Wird sie sich als eigenständige Kraft links der SPD behaupten können? Die Bundestagswahl 2025 wird darüber entscheiden, ob die Partei eine Zukunft im Parlament hat – oder ob sie in die Bedeutungslosigkeit abrutscht.
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