Berlin. In den Meinungsumfragen tut sich bislang wenig. Aber viele Bürger wissen noch gar nicht, welcher Partei sie ihre Stimme geben werden.

Am Sonntag sind es noch drei Wochen bis zur Bundestagswahl. Die aufgeheizte Debatte der vergangenen Tage über die Migrationspolitik und den Umgang mit der AfD haben sich in den aktuellen Meinungsumfragen bisher kaum bemerkbar gemacht: Die Union um Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) könnte demnach weiterhin mit rund 30 Prozent der Stimmen rechnen, wenn bereits jetzt gewählt würde. Auf Platz zwei käme die AfD mit etwa 20 Prozent, gefolgt von SPD und Grünen mit etwa 15 beziehungsweise 14 Prozent.

Wahlkampf Bundestagswahl 2025
Plakate in Frankfurt am Main: Am 23. Februar haben die Bundesbürger die Wahl. Aber viele wissen noch nicht, an welcher Stelle sie ihr Kreuz machen und ob sie überhaupt wählen gehen. © IMAGO/greatif | IMAGO/Florian Gaul

Diese Werte sind allerdings nur bedingt aussagekräftig. Denn die Daten wurden zu einem großen Teil vor dem vergangenen Mittwoch erhoben – also jenem Tag, an dem die Union einen Antrag zur Asylpolitik mithilfe der Alternative für Deutschland durchsetzte und anschließend ein politisches Erdbeben sondergleichen erlebte. Wie das beim Wähler ankommt, dürfte erst ab der kommenden Woche deutlicher werden.

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Umso mehr treibt die Strategen in den Berliner Parteizentralen gerade die Frage um, was bis zur Wahl noch in der Gruppe der unentschlossenen Wähler zu holen ist. Also bei jenen Wahlberechtigten, die sich noch nicht festgelegt haben, für wen sie sie am 23. Februar stimmen oder ob sie dann überhaupt zur Wahl gehen werden. Die Gruppe der Unentschlossenen ist sehr groß – und zwar größer als der Stimmenanteil, den die meisten Parteien Stand jetzt beim Urnengang auf sich vereinen könnten.

Bundestagswahl: Bis Ende Februar kann noch einiges passieren

„Es sind rund 25 Prozent und damit ähnlich viele wie vor der Wahl 2021“, sagt der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, im Gespräch mit dieser Redaktion. Güllner geht gleichwohl davon aus, dass der Messer-Anschlag von Aschaffenburg und die darauf folgenden Debatten der vergangenen Tage den Anteil der Unentschlossenen etwas reduziert haben und jetzt insbesondere AfD und SPD einen Mobilisierungsschub erfahren.  

Auch das Institut Infratest Dimap, das regelmäßig den ARD-Deutschlandtrend erstellt, geht von einem hohen Anteil Unentschlossener aus. Direktor Stefan Merz sagt: „Im Augenblick nennt uns etwa ein Fünftel der Bürgerinnen und Bürger keine Partei, wenn wir fragen, wen sie wählen würden, wenn bereits am Sonntag Wahl wäre.“ Das heiße aber nicht, dass sich bei den anderen vier Fünftel bis zum Wahltag nicht noch etwas ändern könne – dass sie also doch eine andere Partei wählen oder vielleicht auch gar nicht an der Wahl teilnehmen.

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Viele sind generell unzufrieden mit dem Angebot der Parteien

Ob ein Viertel oder ein Fünftel: Den hohen Anteil der unentschlossenen Wahlberechtigten führen Experten darauf zurück, dass viele generell unzufrieden sind mit dem inhaltlichen und personellen Angebot, dass die Parteien ihnen unterbreiten. Die ehemalige Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist bei den Wählern ohnehin seit vielen Monaten unten durch, eine Neuauflage nicht gewünscht. Der Union von Friedrich Merz wiederum ist es trotz der Unbeliebtheit der Scholz-Regierung nie gelungen, eine richtige Wechselstimmung im Land zu erzeugen.

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Die wichtigen Themen vor der Wahl sind hingegen klar – und sie dürften auch entscheidend beim Versuch der Parteien sein, beim Endspurt möglichst viele unentschlossene Wähler für sich zu gewinnen. Laut dem jüngsten ZDF-Politbarometer nennt fast jeder Zweite das Thema Krieg und Frieden, wenn er nach relevanten Themen für seine eigene Wahlentscheidung gefragt wird. Es folgen Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Flüchtlinge/Asyl und Klimaschutz. Fragt man allerdings, was die wichtigsten Probleme in Deutschland seien, liegt der Komplex Asyl/Flüchtlinge/Zuwanderung deutlich vorn, und zwar vor der wirtschaftlichen Lage.