Berlin/Halle. Vor allem in einer Region der Bundesrepublik ist man mit der aktuellen Staatsform unzufrieden. Auch das „Wir-Gefühl“ schwächelt.

In wenigen Wochen wird der 21. Bundestag gewählt. Nach vielen internationalen und auch nationalen Krisen in den vergangenen Jahren erfreut sich die in Deutschland geltende Regierungsform allerdings keiner großen Beliebtheit. Denn: Ein großer Teil der Deutschen hadert mit dem Funktionieren des demokratischen Systems. Das geht aus dem neuen „Deutschland-Monitor“ des Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider (SPD), hervor.

Laut der repräsentativen Untersuchung, die auf rund 4000 bundesweit geführten Interviews basiert, gibt es zwar einen breiten Konsens, dass es sich um die beste Staatsform handele, wie der „Spiegel“ berichtet. Knapp 40 Prozent der Gesamtbevölkerung aber sind der Studie zufolge mit der Funktionsweise der Demokratie unzufrieden.

Unzufriedenheit mit Demokratie: Jeder Zweite in Ostdeutschland ist kein Freund des Systems

In den neuen Bundesländern ist es sogar mehr als die Hälfte der Befragten – 53 Prozent. Besonders ausgeprägt ist diese Haltung laut Umfrage in ökonomisch schwächeren Regionen, in denen die Menschen zugleich eine fehlende soziale Gerechtigkeit beklagen und Sorgen vor einem wirtschaftlichen und sozialen Abstieg haben.

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Carsten Schneider führt den Unmut auf „Abwertungserfahrungen seit den Neunzigerjahren und fehlende Repräsentation“ zurück. Er fordert, mehr Führungspositionen mit Ostdeutschen zu besetzen. Gering ausgeprägt ist laut „Deutschland-Monitor“ auch das „Wir-Gefühl“ im Land. Nur 31 Prozent der Befragten haben demnach ein stabiles Grundvertrauen in ihre Mitmenschen. Nur jeder Achte schätzt den gesellschaftlichen Zusammenhalt positiv ein.

Auf lokaler Ebene ist das soziale Vertrauen dagegen im vergangenen Jahrzehnt gewachsen. Schneider sieht darin eine Chance: Man müsse den lokalen Zusammenhalt stärken, „ohne dabei auszugrenzen“. In den Nachbarschaften müsse man „offen sein für Menschen, die von außerhalb hinzuziehen, ob aus dem In- oder Ausland“.

Bundestagswahl: Diakonien im Osten warnen vor Populismus

Im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl warnt die Diakonie in Ostdeutschland zudem vor populistischen Parteien. „In der politischen Debatte versprechen populistische, radikale und nationalistische Parolen einfache Lösungen, die in Wahrheit die gesellschaftlichen Spannungen verschärfen und den inneren und äußeren Frieden gefährden“, heißt es in einer Erklärung der Landesverbände Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Mecklenburg-Vorpommern, Mitteldeutschland und Sachsen. Alle Formen der Ausgrenzung widersprächen der christlichen Überzeugung.

Wie auch Carsten Schneider betonen die Verbände, dass in den ostdeutschen Bundesländern die gegenwärtigen sozialen Herausforderungen deutlich zu Tage träten. Die Armutsgefährdung von Kindern, Jugendlichen und alten Menschen, eine überdurchschnittlich hohe Langzeitarbeitslosigkeit, die demografische Entwicklung und die wachsende Überalterung der Gesellschaft mit den Herausforderungen Einsamkeit und Pflegenotstand würden die Menschen umtreiben.

Als Diakonie setze man sich dafür ein, dass die staatliche Orientierung am Gemeinwohl, die Bildung und die gesellschaftliche Teilhabe auch in Krisenzeiten erhalten und gestärkt würden. „Dafür erheben wir unsere Stimme. Indem wir Menschen stärken, stärken wir auch die Demokratie“, so die Verbände weiter.