Berlin. Schon in der Vergangenheit hat Israel einen hohen Preis gezahlt, um Geiseln freizubekommen. Ein Ex-BND-Agent erklärt die Gründe.
Knapp hundert israelische Geiseln befinden sich noch in der Gewalt der Hamas. Nachdem Israel am frühen Freitagmorgen eine Einigung im Geiseldeal verkündet hat, sollen sie nun nach und nach freikommen. Israel lässt im Gegenzug palästinensische Gefangene frei – und zwar wohl mehr als 1000, darunter auch Terroristen. Schon in der Vergangenheit hat Israel einen hohen Preis gezahlt, um die Freilassung von Geiseln zu erreichen.
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„Wer keine gangbare militärische oder politische Option zur Befreiung der Geiseln hat, muss sich auf Forderungen des Gegners einlassen“, sagt der frühere ranghohe BND-Agent Gerhard Conrad dieser Redaktion. Conrad ist ein Nahost-Experte, der in der Vergangenheit unter anderem den Austausch von Gefangenen zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz verhandelte. Israel habe „immer wieder diesen Kompromiss gegenüber seinen Gegnern eingehen müssen“ – gegenüber der Hamas, der Hisbollah oder palästinensische Gruppierungen wie der PFLP-GC.
Gilad Shalit: Für den von der Hamas entführten Soldaten ließ Israel 1027 Häftlinge frei
Conrad erinnert an den sogenannten Ahmad-Jibril-Deal von 1985: Damals entließ Israel rund 1100 palästinensische Häftlinge aus dem Gefängnis für die Freilassung von drei israelischen Soldaten, die während des Libanonkriegs 1982 in Gefangenschaft geraten waren. Ein weiteres Beispiel für die Bereitschaft Israels, sehr viele Häftlinge freizulassen, wenn dafür israelische Staatsbürger freikommen, ist der Fall Gilad Shalit.
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Der israelische Soldat wurde 2006 von der Hamas in Israel entführt und in den Gaza-Streifen verschleppt. Nach fünf Jahren kam Shalit wieder frei: Damals erklärte sich Israel bereit, den Soldaten gegen 1027 palästinensische Häftlinge auszutauschen. „Aufgrund der hohen Zahlen palästinensischer Häftlinge in Israel ergeben sich disproportionale Forderungen nach ihrer Freilassung im Austausch gegen die stets deutlich wenigeren israelischen Geiseln“, analysiert Conrad das Muster.
Ex-Verhandler: Leidenszeit wird auch nach einer Freilassung nicht vorbei sein
Shalit habe seine fünfjährige Gefangenschaft „unter überwiegend erträglichen Umständen“ verbracht. „Die am 7. Oktober 2023 gewaltsam entführten Geiseln haben vielfach neben einem entbehrungsreichen Leben im Untergrund ein wesentlich brutaleres und menschenverachtendes Verhalten ihrer Entführer erleiden müssen, wie ja aus vielfachen Zeugenaussagen Betroffener bereits offenkundig geworden ist“, sagt der Ex-BND-Agent. „Die schreckliche Leidenszeit der Geiseln wird auch nach ihrer zu erhoffenden Befreiung daher noch lange nicht vorbei sein.“
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