Washington. Der designierte US-Präsident setzt heute im Kongress auf die Wiederwahl von Sprecher Mike Johnson. Doch es gibt republikanischen Widerstand.
Am 6. Januar, vier Jahre nach der von ihm selbst angefachten blutigen Attacke auf die Herzkammer der amerikanischen Demokratie, möchte Donald Trump die letzte Hürde vor der Amtseinführung am 20. Januar ohne Zwischenfälle nehmen: die Beglaubigung des Wahlsieges vom 5. November durch den Kongress im Kapitol von Washington.
Vor allem aus diesem Grund hat sich der designierte 47. US-Präsident hinter den Republikaner Mike Johnson, den amtierenden Sprecher des Repräsentantenhauses, gestellt und dessen Wiederwahl empfohlen.
Allein, der trotz seiner 52 Jahre immer noch bubenhaft aussehende Politiker aus Louisiana löst auf dem Rechts-außen-Flügel seiner Fraktion derart allergische Reaktionen aus, dass er angesichts knapper Mehrheitsverhältnisse bei der für heute Abend (ab circa 19 Uhr europäischer Zeit) geplanten Wahl zum Speaker, immerhin die Nr. 3 im Staate, durchfallen könnte.
Donald Trump: Kurz vor der Amtseinführung ist sein Triumph in Gefahr
Was wiederum am 6. Januar die vorgeschriebene Zertifizierung des Trump-Sieges unter Vorsitz von Vizepräsidentin Kamala Harris erschweren könnte. 2021, damals ging es um den Sieg von Joe Biden, den Trump bis heute nicht anerkennt, wurde die Prozedur durch von Trump-Anhängern verübte Gewalt am Kapitol stundenlang verzögert.
Ohne einen offiziell gewählten Sprecher ist das Repräsentantenhaus „nicht geschäftsfähig”, sagen Verfassungsrechtler in Washington. Ohne ihn könnten darum nicht die Wahlleutestimmen des Electoral College ausgezählt und der Wahlsieg Trumps wasserdicht beurkundet werden. Ohne einen Speaker dürfen die Abgeordneten nicht einmal vereidigt werden oder die Regeln des parlamentarischen Betriebs geändert werden.
Treten alle 219 Republikaner und alle 215 Demokraten an, die für ihren Chef Hakeem Jeffries stimmen werden, heißt es bei den Konservativen, „kann Johnson es sich nicht leisten, mehr als eine Stimme seiner Fraktion zu verlieren, um den Vorsitz zu gewinnen”. Diesen einen, Thomas Massie, gibt es bereits. Der Abgeordnete aus Kentucky hält Johnson für unfähig, die vor allem vom fiskalisch konservativen „Freedom Caucus” der Republikaner verlangten Haushaltskürzungen durchzusetzen.
Republikaner sprechen Warnung aus
Neben Massie behält sich nach letztem Stand über ein Dutzend konservativer Abgeordneter vor, den eigenen Mann an der Spitze vor die Pumpe laufen zu lassen. Sie verlangen von Johnson diverse Konzessionen, was das Staatsbudget und die Machtverteilung in wichtigen Kongress-Ausschüssen angeht. An solchen Extradeals ist Johnsons Vorgänger Kevin McCarthy 2023 gescheitert. Erst muteten seine „Parteifreunde” ihm 15 Wahlgänge zu, später booteten sie ihn kaltblütig aus.
Prominente Republikaner wie Newt Gingrich, einst selbst Speaker, raten den potenziellen Abweichlern dringend dazu, ihren Widerstandsgeist zu unterdrücken. Er warnt, dass ein Nein zu Johnson die Demokraten stärken und Donald Trump den Start in eine ambitionierte zweite Präsidentschaft verhageln könnte.
„Wenn wir auch nur einen Moment damit verbringen, darüber zu streiten, wer der Sprecher sein sollte, haben wir Zeit verschwendet”, sagte dazu der republikanische Abgeordnete Dusty Johnson im US-Fernsehen. „Das Problem ist, dass wir einige farbenfrohere Mitglieder haben, die die Dinge vielleicht anders sehen.“ Chip Roy zum Beispiel.
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„Können uns hier kein Palastdrama leisten“
Der wortmächtige Abgeordnete aus Texas verlangt drastische öffentliche Minderausgaben, zu denen sich Johnson bekennen müsse, um seine Stimme zu bekommen. Der hält dagegen: „Wir können uns hier kein Palastdrama leisten. Wir müssen den Kongress in Gang bringen.” Andernfalls bleibe Trumps Agenda-First-Programm schon im Frühstadium stecken. Roy ist nicht allein. Auch Andy Biggs, Tim Burchett, Victoria Spartz und Andy Harris zeigten sich unbeeindruckt von Trumps Wahlaufruf für Johnson.
Aber die Oppositionellen haben eine große Schwachstelle: Niemand macht bisher Anstalten, gegen Johnson anzutreten. Darum sagt Trump siegessicher: „Er ist derjenige, der im Moment gewinnen kann. Die Leute mögen ihn. Fast jeder mag ihn.“ Alternativen, die in Washington hinter vorgehaltener Hand diskutiert werden, sehen unvorteilhaft aus. So wird etwa erwogen, das Datum der Bestätigung von Trumps Wahl näher an den 20. Januar zu schieben. Selbst der ehemalige Abgeordnete Matt Gaetz, der zuvor mit Johnson und seinem Führungsteam oft aneinandergeraten war, hält davon nichts. Man dürfe die Bestätigung von Trump nicht aufs Spiel setzen, der Widerstand gegen Johnson sei „sinnlos”.
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