Washington. Die Biografie des mutmaßlichen Attentäters weist nach amerikanischem Verständnis Pluspunkte auf. Doch privat erlitt er häufig Schiffbruch.

Shamsud-Din J., der nach einem Feuergefecht mit der Polizei gestorbene Attentäter von New Orleans, war ein waschechter Texaner, geboren in Beaumont, ein dekorierter Armeeveteran mit Afghanistan-Erfahrung, Vater von drei Kindern, studierter Computertechniker und zuletzt als Immobilienmakler im Großraum Houston tätig. 

Wie er – nach Angaben von US-Präsident Joe Biden – dem radikal-islamischen Terrornetzwerk Islamischer Staat (in den USA ISIS abgekürzt) verfiel, ist den Fahndern der Tragödie in der Neujahrsnacht auf der Bourbon Street in New Orleans noch ein Rätsel. 

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Bei dem Täter von New Orleans handelt es sich um Shamsud-Din J. © AFP | FBI

Wer war Shamsud-Din J.?

Fakt ist: J., Jahrgang 1982, saß am Steuer des weißen Ford-F-150-Trucks, der laut Polizei-Chefin Anne Kirkpatrick mit fester Tötungsabsicht im Amüsier-Viertel French Quarter in eine feiernde Menschenmenge raste, mindestens 15 Personen tötete und über 30 teil schwer verletzte. Wer war der Mann?  

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Auf seiner Profilseite bei der Beratungsfirma Deloitte, wo er seit 2021 bis zum vergangenen Herbst als „Senior Solutions Specialist“ tätig war, zählte J. Jagen und Beten zu seinen Interessen. „In der Tat werden die Rechtschaffenen aus einem Becher trinken, dessen Mischung aus Kafur besteht, einer Quelle, aus der die Diener Allahs trinken werden“, heißt es in einer Kopie seines Profils, das Reporter des „Wall Street Journal“ in die Finger bekommen haben. „Sie werden ihn kraftvoll sprudeln lassen. Sie erfüllen Gelübde und fürchten einen Tag, dessen Übel weit verbreitet sein wird.“ Konkrete Hinweise auf eine Radikalisierung habe es hier nicht gegeben.

At Least 10 Killed In New Orleans After Truck Plows Into Crowd On Bourbon St
In der Silvesternacht fuhr ein Mann in New Orleans in eine Menschenmenge. Mindestens 15 Menschen starben. © Getty Images via AFP | Michael Democker

J.s Biografie weist nach amerikanischem Verständnis Pluspunkte auf. Er diente zehn Jahre im Militär als Spezialist für Personalwesen und Informationstechnologie, war elf Monate im Kriegseinsatz in Afghanistan, wofür er mit der „Global War on Terrorism Medal“ ausgezeichnet wurde. 2015 schied er als aktiver Soldat aus der Armee aus, trat der Reserve bei, wo er 2020 laut Verteidigungsministerium ehrenhaft entlassen wurde. 

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Attentäter von New Orlean: Privat erlitt J. häufig Schiffbruch

In der Zwischenzeit erwarb er einen Uni-Abschluss von einer staatlichen Universität in Georgia (Computertechnik) und stieg später bei renommierten Firmen wie Accenture, Ernst & Young und schließlich Deloitte auf und verdiente zwischenzeitlich 125.000 US-Dollar im Jahr. 

Zuletzt versuchte er sich als Immobilienunternehmer. In einem Werbevideo trat J. mit gestutztem Bart und Sakko auf, empfahl sich Kunden als Mann hoher Arbeitsmoral und breiter Erfahrung. Die entsprechende Lizenz lief bereits Anfang 2023 aus.

Privat erlitt J. häufig Schiffbruch. Seine erste Ehe, aus der zwei Töchter hervorgingen, scheiterte 2012. Seine Ex-Frau bekam das Sorgerecht, er wurde zu umfassenden Alimenten verurteilt. Acht Jahre später ging auch die zweite Ehe kaputt; „aufgrund von Zwietracht oder Persönlichkeitskonflikten“, wie es in Gerichtsakten heißt. Seine zweite Ex-Frau erwirkte eine einstweilige Verfügung, die es J. verbot, ihr obszöne Nachrichten zu schicken und ihr oder ihrem Kind „körperliche Verletzungen“ zuzufügen. 

New Orleans: Nachbarin und Bruder äußern sich zum Attentäter

Zur Zeit der zweiten Scheidung, die 2022 vollzogen wurde, steckte J. ausweislich von E-Mails an Anwälte in massiven finanziellen Schwierigkeiten. Er war quasi pleite. Es drohte die Zwangsvollstreckung seines bescheidenen Hauses in einem Viertel von Houston, das von vielen Familien mit muslimischen Namen bewohnt wird. FBI und lokale Polizei führten dort noch am Mittwoch eine Razzia durch.

Belastbare Aussagen über seinen Gemüts- und Geisteszustand gibt es bisher kaum. Marilyn Bradford, eine ehemalige Nachbarin, beschrieb J. gegenüber dem „WSJ“ als introvertiert, aber aufmerksam. „Wenn er mich sah, sagte er: ‚Wie geht es Ihnen, Miss Marilyn?‘“, erklärte die 70-jährige Rentnerin.

Abdur J. , nach eigenen Angaben der Bruder des Täters, sagte der „New York Times“, der Täter sei „wirklich ein Schatz, ein netter Kerl, ein Freund, wirklich klug, fürsorglich“ gewesen und bereits in jungen Jahren zum Islam konvertiert. Chris Pousson, ein Jugendfreund J.s, erklärte gegenüber derselben Zeitung, J. sei ein Mensch gewesen, „der keine Probleme machte“. Aber man habe erkennen können, dass er in Glaubensfragen „wirklich intensiv geworden ist“.