Berlin. Viele feiern friedlich, doch für einige endet der Jahreswechsel tödlich. Auch Einsatzkräfte werden angegriffen. Das sorgt für Kritik.

Deutschland ist größtenteils friedlich in das neue Jahr gerutscht – doch die bittere Bilanz der Silvesternacht sind fünf Böller-Tote und erneut zum Teil massive Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst. In Berlin wurde ein Polizeibeamter so schwer von einem illegalen Feuerwerkskörper getroffen, dass er drohte, ein Bein zu verlieren. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor einer Zunahme von lebensgefährlichem Risikoverhalten in Teilen der Bevölkerung.

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„Fünf Tote durch schwere Böllerexplosionen ist eine schlimme Bilanz für den ersten Tag im neuen Jahr“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke dieser Redaktion. Die vielen Verletzten und Videos in den sozialen Medien zeigten, dass normales Feuerwerk einigen nicht mehr ausreiche. „Es muss immer mehr Sprengkraft, große Explosionen und viel Feuer dabei sein“, beklagte Kopelke. Selbstgebaute Sprengsätze und illegale Kugelbomben – so etwas dürfe nicht zu Silvester gehören.“

Tödliche Böller: Fünf Männer starben durch Feuerwerk

Tödlich endete die Böllerei Polizeiangaben zufolge ausschließlich für Männer: In Oschatz östlich von Leipzig starb ein 45-Jähriger, der eine sogenannte Großfeuerwerksbombe der Kategorie F4 gezündet hatte. Ein 50-Jähriger in Hartha in der Nähe von Chemnitz tödlich verletzt, als er mit Feuerwerk hantierte. Bei Paderborn starb ein 24-Jähriger beim Hantieren mit einem Feuerwerkskörper. Bei einer Explosion starb auch ein 20-Jähriger in Hamburg, in seinem Fall handelte es sich um einen selbstgebauten Böller. Ein Silvesterböller tötete außerdem einen 21-Jährigen im Norden von Brandenburg.

Silvester - Leipzig
Auch in dieser Silvesternacht gab es wieder Angriffe auf Einsatzkräfte – so wie hier im Leipziger Stadtteil Connewitz, als Polizisten mit Pyrotechnik beworfen wurden. © DPA Images | Sebastian Willnow

Mit Blick auf die Angriffe auf Polizisten in der Silvesternacht forderte Kopelke schnelle Konsequenzen für die Angreifer: „In Leipzig, München, Köln und Hamburg wurden wir gezielt beschossen und verletzt. Das muss schnelle und spürbare Konsequenzen für die Täter und spürbare Auswirkungen auch in die Linksextremistische Szene haben.“

Chef der Polizeigewerkschaft: Ertrage dieses Macho-Verhalten nicht mehr“

Kopelke kritisierte zudem die zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Polizisten im Einsatz: „Ich ertrage dieses Macho-Verhalten auf den Straßen und in den Sozialen Medien nicht mehr.“ Immer wieder gebe es junge Männer aus sozialen Brennpunkten, die meinten, sie beherrschten die Straße, so der Polizeigewerkschafter.

In der deutschen Hauptstadt gab es neben dem schwerverletzten Beamten 15 weitere Verletzte bei Polizei und Feuerwehr. Angriffe auf Polizisten gab es auch in Leipzig: Müll brannte, Barrikaden wurden gebaut, etwa 50 Menschen griffen Einsatzkräfte der Polizei mit Feuerwerk und Flaschen an.

Einsatzkräfte werden zu Zielscheibe: Zahlen steigen in einigen Bundesländern

In München randalierten mehrere Hundert Menschen und griffen laut Polizei Beamte an. Eine Polizeisprecherin sprach von schätzungsweise 200 bis 300 Personen aus dem linken Spektrum auf der Wittelsbacherbrücke. Die Polizei in Kiel wurde nach eigenen Angaben von einer größeren Menschengruppe attackiert, als die Beamten den Einsatz eines Notarztes absichern wollten. Streifenwagen seien von etwa 70 bis 80 Menschen angegangen worden.

Dass Sanitäter, Feuerwehrleute oder Polizisten selbst zur Zielscheibe werden, ist keine neue Entwicklung. Im abgelaufenen Jahr war in mehreren Bundesländern die Zahl der gemeldeten Angriffe auf Einsatz- und Rettungskräfte weiter gestiegen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) attestierte zuletzt mit Blick auf neue Zahlen zu Attacken gegen Polizisten in seinem Bundesland, „dass es dort draußen immer rauer wird und der Respekt bei ganz vielen auf der Strecke geblieben ist.“ 2023 seien allein in NRW „jeden Tag durchschnittlich 65 Polizistinnen und Polizisten Opfer von Gewalt geworden“.

Attacken auf Einsatzkräfte: DRK ruft zur Sensibilisierung der Bevölkerung auf

Nach den erneuten Attacken in der Silvesternacht fordert das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ein Umdenken – vor allem bei den Menschen selbst. „Das DRK ruft dazu auf, auf eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung für die verantwortungsvolle Arbeit der Einsatzkräfte und die Auswirkungen von Gewalt hinzuwirken. Das Bewusstsein, dass Einsatzkräfte einen lebensrettenden und wichtigen gesellschaftlichen Beitrag für jeden Einzelnen leisten, muss erhöht werden“, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt dieser Redaktion. Man verurteile grundsätzlich Angriffe auf Rettungskräfte, immer, überall und egal von wem. So etwas komme aber leider wieder vor, so Hasselfeldt weiter.

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Am Neujahrstag wurden auch erneut Rufe nach einem Böllerverbot laut. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, nannte den Jahreswechsel laut Mitteilung „eine Nacht des Grauens“. Er verwies auch auf viele Eltern, die ihre Kinder in der Nacht in die Notaufnahmen hatten bringen müssen. In Rostock war ein zehnjähriger Junge schwer verletzt worden, als ein Böller unmittelbar vor seinem Gesicht explodierte. „Wir können nicht länger hinnehmen, dass all diese Menschen jedes Jahr aufs Neue so leiden. Die Aufgabe der neuen Bundesregierung wird es sein, endlich ein Böllerverbot für 2025 zu beschließen“, forderte Resch.