Hamburg. Donald Trumps Berater gibt eine Wahlempfehlung für die AfD ab – und das mitten im Wahlkampf. Ein Skandal. Der Kommentar von Matthias Iken.
Journalismus darf viel. Er darf Grenzen ausloten, er darf weh tun, er darf verärgern. Er schafft einen Marktplatz der offenen Demokratie, auf dem sich die Bürger ihre Meinung bilden können.
Journalismus muss aber auch viel – vor allem viel Verantwortung übernehmen. Nicht alles, was Aufmerksamkeit oder Klicks verspricht, ist guter Journalismus. Der Gastbeitrag von Elon Musk, der in der „Welt am Sonntag“ und auf welt.de erschien, ist meistgelesen und wird in der Öffentlichkeit eifrig diskutiert. Gut ist er nicht.
Elon Musks Beitrag schafft nur Unfrieden
Natürlich gibt es berechtigte Argumente gegen die deutsche Energiepolitik, die deutsche Wirtschaftspolitik oder die deutsche Migrationspolitik. Die Stichhaltigkeit dieser Argumente liegt im Auge des Betrachters. Dass Musks Ausführungen quer zum Mainstream liegen, mag die Empörung verstärken. Aber selbst in der Redaktion der „Welt“ hat der Abdruck schwere Turbulenzen ausgelöst.
Denn die Veröffentlichung in einem anerkannten Medium überschreitet gleich zwei rote Linien: In acht Wochen wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Da sollten prominente Einflussnahmen unterbleiben – jeder plumpe Wahlaufruf, und genau das ist dieser Text, wirkt im journalistischen Raum übergriffig. Das gilt schon für jede Mittelstandsvereinigung, die im Gastbeitrag Friedrich Merz feiert, wie für jedes Künstler:innenkollektiv, das für Robert Habeck trommelt.
Musk schürt die Ängste im Land, er untergräbt das Vertrauen
Erst recht gilt es, wenn Tesla-Gründer Elon Musk sich gar zu der These versteigt, nur die AfD könne Deutschland retten. Denn seine Zukunft taumele „am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs“, weiß der Amerikaner. Mit Verlaub, das ist absurd. Sein Text zeigt, dass er viel Meinung, aber wenig Ahnung hat – das Programm der vermeintlichen „Alternative für Deutschland“ mit EU-Austritt oder einem Ende der NATO-Mitgliedschaft scheint er kaum zu kennen.
Zugleich sind seine Ausführungen gefährlich: Musk schürt die Ängste im Land, er untergräbt das Vertrauen, das jede Demokratie zum Überleben braucht wie die Luft zum Atmen. Deutschland mag einen Politikwechsel benötigen, aber sicherlich keine Weltuntergangsszenarien eines US-Milliardärs.
Politische Einflussnahme aus den USA auf Deutschland
Noch fataler ist, woher diese Einflussnahme kommt: Sie stammt aus dem Umfeld des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Elon Musk ist längst einer der wichtigsten Einflüsterer des mächtigsten Mannes der Welt.
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Internationale Zurückhaltung und Respekt von dem Wähler verbieten solche Texte. Wenn aus Wladimir Putins Reich Wahlaufrufe für die AfD eingingen, wäre wohl niemand überrascht. Aber wenn sie aus den USA kommen und eilfertig von deutschen Medien veröffentlicht werden, wird es ernst. Verdammt ernst.