Berlin. In der „Welt am Sonntag“ erklärt Milliardär Musk, warum er die AfD toll findet. Die Empörung ist groß – auch in der Bundespolitik.
Elon Musks Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“, in dem er seine Unterstützung für die in Teilen rechtsextreme AfD bei der Bundestagswahl bekräftigt und die Partei als „den letzten Funken Hoffnung“ für Deutschland bezeichnet, sorgt weiter für Furore. Im Gespräch mit unserer Redaktion zeigte sich Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, empört von den Aussagen des Tech-Milliardärs.
„Ich kann mich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hat“, sagte Merz. „Der Wahlaufruf von Elon Musk ist übergriffig und anmaßend.“ Der Berater von Donald Trump müsse bei der Abfassung seines Beitrags auch einige Dinge übersehen haben, fügte der CDU-Chef hinzu. So hätte es mit der AfD den Bau seines Tesla-Werkes in Brandenburg nie gegeben, „denn es war die AfD, aus der der heftigste Widerstand gegen dieses Werk kam“.
Merz erinnerte zudem daran, dass die AfD den Austritt aus der EU befürworte, was der deutschen Wirtschaft – „nicht nur der Automobilindustrie“ – massiv schaden würde. „Diese Zusammenhänge könnte man auch relativ leicht erkennen, vorausgesetzt, man informiert sich nicht allein über die eigenen Social-Media-Kanäle.“
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Elon Musk: AfD vertritt die richtigen Ansätze
Musk betont in seinem Beitrag in der „Welt“, dass die AfD seiner Ansicht nach in den Bereichen Wirtschaftsbelebung, Energieversorgung und Migrationskontrolle die richtigen Ansätze vertrete. Außerdem sehe er die AfD dem „politischen Realismus“ verpflichtet. Der X-Chef, der für provokante Postings in hoher Frequenz auf seiner Plattform bekannt ist und Kanzler Olaf Scholz (SPD) unter anderem als „Narren“ bezeichnet hatte, schreibt in der Zeitung weiter: „Die Darstellung der AfD als rechtsextrem ist eindeutig falsch, wenn man bedenkt, dass Alice Weidel, die Vorsitzende der Partei, eine gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka hat! Klingt das für Sie nach Hitler?“
Weidel zitierte auf X einen Ausschnitt aus Musks Beitrag, ohne ihn weiter zu kommentieren: „Die #AfD setzt sich für eine kontrollierte Einwanderungspolitik ein, die der Integration und dem Erhalt der deutschen Kultur und der Sicherheit Vorrang einräumt. Dabei geht es nicht um Fremdenfeindlichkeit, sondern darum, dass Deutschland seine Identität nicht im Streben nach Globalisierung verliert.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
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Künftiger „Welt“-Chefredakteur Burgard widerspricht Musk
In der Zeitung widersprach der künftige Chefredakteur der „Welt“-Gruppe, Jan Philipp Burgard, den Ausführungen des Milliardärs: „Musks Diagnose ist korrekt, doch sein Therapieansatz, nur die AfD könne Deutschland retten, ist fatal falsch.“ Beide Beiträge – der von Musk und der von Burgard – waren in der gedruckten Zeitung direkt nebeneinander platziert.
Innerhalb der Redaktion führte der Musk-Beitrag zu Ärger. Die Ressortleiterin Meinung von „Welt“ und „WamS“, Eva Marie Kogel, postete auf X, sie habe als Konsequenz aus dem Musk-Text „nach Andruck meine Kündigung eingereicht“. Auch andere Welt-Journalisten posteten öffentlich auf X ihren Unmut.
Ich habe immer gerne das Meinungsressort von WELT und WAMS geleitet. Heute ist in der Welt am Sonntag ein Text von Elon Musk erschienen. Ich habe gestern nach Andruck meine Kündigung eingereicht. https://t.co/Ss1FNGiwAL
— Eva Marie Kogel (@emkogel) December 28, 2024
Medienberichten zufolge soll der Abdruck des Gastbeitrages von Musk bereits vor Heiligabend eine heftige Kontroverse innerhalb der Redaktion ausgelöst haben. So habe der Redaktionsausschuss schon damals vor der Veröffentlichung gewarnt, schreibt der Branchendienst „Medieninsider“; der „Spiegel“ berichtet von weiterem Streit in der finalen Redaktionskonferenz am Freitag.
Axel Springer verteidigt Musk-Beitrag
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur antwortete der Medienkonzern Axel Springer mit einem Statement des Noch-„Welt“-Chefredakteurs Ulf Poschardt und seines Nachfolgers Burgard: „Die aktuelle Diskussion um den Text von Elon Musk ist sehr aufschlussreich. Demokratie und Journalismus leben von Meinungsfreiheit.“ Dazu gehöre es, sich auch mit polarisierenden Positionen auseinanderzusetzen und diese journalistisch einzuordnen. „Das wird auch künftig den Kompass der „Welt“ bestimmen. Wir werden „Die Welt“ noch entschiedener als Forum für solche Debatten entwickeln.“
Trotz der Gegenrede des designierten „Welt“-Chefredakteurs löste die Veröffentlichung scharfe Kritik aus. Der Grünen-Wahlkampfleiter Andreas Audretsch erklärte, „Tech-Milliardäre wie Elon Musk“ oder chinesische Staatskonzerne hätten die Möglichkeit, „mit ihren Plattformen und viel Geld unseren demokratischen Diskurs zu untergraben“. Musk versuche dies „Hand in Hand mit den Rechtsextremen in der AfD“. Dies sei „eine Gefahr für unsere Demokratie und die Meinungsfreiheit in unserem Land“, warnte Audretsch.
Vor der geplanten Bundestagswahl am 23. Februar liegt die AfD in Umfragen mit etwa 19 Prozent auf Platz zwei, hinter der Union mit mehr als 30 Prozent. Alle im Bundestag vertretenen Parteien schließen eine Zusammenarbeit mit der Rechtsaußenpartei aus.