Berlin. Große Koalition, Schwarz-Grün oder ein Dreierbündnis: Welche Parteien nach der Ampel die nächste Bundesregierung bilden könnten.
Vor den vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar ist nur eins sicher: Eine Neuauflage der Ampel-Koalition wird es nicht geben, ein anderes Bündnis wird Deutschland regieren. Von GroKo bis Brombeer: Ein Überblick über verschiedene Optionen und ihre Wahrscheinlichkeit.
Union und SPD
Ein Bündnis aus CDU, CSU und SPD wäre von den politisch denkbaren Partnerschaften auf Grundlage der aktuellen Umfragen eine naheliegende Lösung. CSU-Chef Markus Söder sagte bereits: „Die einzige im Moment realistische Chance ist mit der SPD ohne Olaf Scholz.“ In der Tat ist es schwer vorstellbar, dass Scholz unter einem Kanzler Friedrich Merz noch einmal einen Regierungsposten übernimmt. Inhaltlich wäre das Bündnis allerdings keinesfalls konfliktfrei: Merz will Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen, der Ukraine den Marschflugkörper Taurus liefern und das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abschaffen. All das lehnt die SPD bislang ab.
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Hinzu kommt: Die verhasste GroKo (Große Koalition) hatten die Sozialdemokraten nach der letzten Wahl jubelnd verlassen. Die SPD kritisierte, dass CDU und CSU in vielen Bereichen eine Modernisierung des Landes blockiert hätten. Die Sozialdemokraten wollen ihren Wahlkampf zudem auf die Schwächen zuspitzen, die sie bei Merz sehen – ein schlechtes Vorspiel für einen gemeinsamen Neuanfang.
Union und Grüne
In der CDU kommt es nicht gut an, dass Söder sich schon so deutlich auf die SPD festlegt und eine Koalition mit den Grünen verteufelt. Damit treibe er nicht nur die Kosten für Verhandlungen mit der SPD hoch, sondern enge auch den politischen Handlungsspielraum für die Union ein, wird kritisiert. Denn manche Christdemokraten bevorzugen Bündnisse mit den Grünen und verweisen auf Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, wo die CDU-Ministerpräsidenten Hendrick Wüst und Daniel Günther friedlich mit grünen Partnern regieren. Schwarz-Grün galt vor einigen Jahren schon einmal als die neue „Große Koalition“, die erfolgreiche Wirtschaftspolitik und wirksamen Klimaschutz verbinden könne.
In den Ampel-Jahren fand allerdings eine Entfremdung zwischen großen Teilen der Union und den Grünen statt. Auch Merz attackierte die Partei wiederholt scharf. Auffällig war jedoch, dass der CDU-Chef den designierten Grünen-Spitzenkandidaten Robert Habeck jetzt ausdrücklich als „angenehmen Gesprächspartner“ lobt. Gerade in der Ukraine-Politik würden die Grünen besser zur Union passen als zur SPD. Allerdings: Je nach Wahlausgang könnten Union und Grüne zusammen keine Mehrheit haben.
Union und FDP
Es wäre die Lieblingsoption von FDP-Chef Christian Lindner: ein bürgerlich-konservatives Bündnis mit einem Schwerpunkt auf der Wirtschaftspolitik. Damit es reicht, will Linder bei der Neuwahl „mehr als“ zehn Prozent der Stimmen holen. Aktuell muss seine Partei allerdings hoffen, es überhaupt wieder in den Bundestag zu schaffen. Hilfe der Union kann Lindner nicht erwarten. „Es wird keine Zweitstimmen-Hilfe von uns für die FDP geben“, stellt Merz klar. Seine Botschaft: Lieber Union wählen, als die Stimme zusammen mit der FDP in der außerparlamentarischen Opposition zu versenken. Fazit: Die Aussichten für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb im Bund (zuletzt 2009 bis 2013) sind schlecht.
Dreierbündnisse unter Führung der Union: Deutschland, Jamaika, Brombeer
Sollten Koalitionen zwischen Union und SPD oder Union und Grünen rechnerisch oder politisch nicht möglich sein, könnte die FDP doch noch ins Spiel kommen. Entweder in einer Deutschland-Koalition mit CDU/CSU und SPD oder in einer Jamaika-Koalition mit CDU/CDU und Grünen. Allerdings müsste die FDP in beiden Konstellationen mit einem der verhassten Ampel-Partner regieren. Die Lust darauf ist bei allen Beteiligten gering. Über einer Jamaika-Koalition schwebt zudem die Erinnerung an 2017: Damals platzte der Versuch einer Regierungsbildung – weil Lindner ihn beendete.
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Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen ging die CDU mangels anderer Mehrheiten den Versuch ein, neuartige Brombeer-Koalitionen mit SPD und der BSW-Partei von Sahra Wagenknecht zu verhandeln. In Sachsen brach das BSW das Experiment ab, in Thüringen sprechen die Parteien weiter miteinander. Für den Bund ist diese Konstellation keine Option – zu weit liegen Union und BSW in ihren Positionen etwa zur Ukraine und dem Verhältnis zu Russland auseinander. Koalitionen mit der AfD lehnt die Union ebenfalls ab.
Koalitionen unter Führung der SPD
Die aktuellen Umfragen sehen aktuell einen großen Vorsprung von CDU/CSU (etwa 33 Prozent) vor der SPD (etwa 16 Prozent). Kanzler Scholz und seine Partei hoffen, die Union noch einzuholen. Ein mögliches Regierungsbündnis wäre dann Rot-Schwarz unter Führung der SPD. Diese Option hätten die Sozialdemokraten auch nach der Bundestagswahl 2021 gehabt, sie entschieden sich dann aber für die Ampel-Koalition. Eine Neuauflage des Bündnisses ist nach dem Koalitionsbruch selbst mit anderem Führungspersonal derzeit nicht denkbar.
Wie die CDU nähert sich die SPD derzeit auf Landesebene der Wagenknecht-Partei an: In Brandenburg sprechen SPD mit Grünen und BSW über eine Koalition. Allerdings gilt auch in diesem Fall, dass eine Zusammenarbeit der SPD mit dem BSW auf Bundesebene keine Option ist. Grund sind auch hier die außenpolitischen Positionen der Wagenknecht-Partei.
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