Berlin. Der Bundeskanzler will einem Medienbericht zufolge ausloten, ob die Ampel noch Überlebenschancen hat. Die Politik-News im Blog.
- Ende der Ampel? Scholz beruft Krisentreffen ein
- Kubicki: Ampel muss diese Woche Entscheidungen treffen
- Grünen-Fraktionschefin warnt vor wirtschaftlichen Folgen schwindender Biodiversität
- FDP-Chef stellt neue Forderungen auf
- Auch nächster Industriegipfel ohne Habeck und Lindner – FDP plant erneut eigenes Treffen
Im Newsblog halten wir Sie über die wichtigsten bundespolitischen Entwicklungen auf dem Laufenden.
Politik-News vom 3. November – Nach Lindners Positionspapier – was jetzt auf die Ampel zukommt
16.08 Uhr: Die Tage der Ampel könnten bald gezählt sein. Und zwar möglicherweise an den Fingern zweier Hände. Dem Bündnis stehen entscheidende Tage bevor. Die chronisch fragile Partnerschaft ist erschüttert worden durch das Grundsatzpapier von FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner mit der Forderung nach einer radikalen Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik. Es enthält Punkte, die das Ampel-Bündnis sprengen dürften, wenn Lindner auf deren Umsetzung besteht. Wie geht es jetzt weiter?
Scholz beraumt Krisentreffen ein
14.20 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will offenbar mehrere Krisentreffen mit den Spitzen der Koalitionsparteien abhalten. Wie der „Spiegel“ am Sonntag berichtet, hat der Kanzler zwei bis drei Sechs-Augen-Gespräche mit den Ministern Habeck und Lindner anberaumt – bevor am Mittwoch der Koalitionsausschuss tagt.
Dem Bericht zufolge geht es um nichts weniger als das mögliche vorzeitige Ende der Ampel-Koalition. Scholz‘ Ziel sei es, „vor der Zusammenkunft am Mittwoch Klarheit darüber zu schaffen, dass die Ampel weiterhin zusammenbleibt“, schreibt der „Spiegel“.
Kubicki: Ampel muss diese Woche Entscheidungen treffen
11.35 Uhr: Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki (72) hat die Ampel-Partner zu raschen Entscheidungen gedrängt: Die FDP sei bereit, schnelle und tiefgreifende Entscheidungen zur Wohlstandssicherung zu treffen, sagte Kubicki dieser Redaktion. „Die ersten Entscheidungen sollten idealerweise schon diese Woche gefällt werden.“
Er erwarte von den Koalitionspartnern eine ehrliche Anerkennung der aktuellen ökonomischen Lage und „keine neuen sozialistischen Staatslenkungsphantasien“, erklärte Kubicki. Wer die Zeichen der Zeit nicht erkenne, dürfe sich nicht über mangelnde Unterstützung der Wählerinnen und Wähler beklagen.
Politik-News vom 2. November: UN-Artenschutzkonferenz – Grünen-Fraktionschefin warnt vor wirtschaftlichen Folgen schwindender Biodiversität
19.20 Uhr: Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann warnt nach dem Ende der UN-Artenschutzkonferenz im kolumbianischen Cali vor den wirtschaftlichen Folgen des Verlusts von Biodiversität. „Der Verlust der biologischen Vielfalt ist eine Krise der Artenvielfalt, die ebenso ernst ist, wie die Klimakrise – sie muss endlich auch so behandelt werden“, sagte Haßelmann unserer Redaktion.
Der globale Naturschutz könne nur erfolgreich sein, wenn die Weltgemeinschaft gemeinsam entschlossen handelt. „Eine intakte Natur schützt uns direkt“, erklärte Haßelmann weiter. Freifließende Flüsse würden Hochwasser verhindern, stabile Bergwälder vor Lawinen schützen. „Biodiversität ist unsere Lebensversicherung - die wir endlich ernsthaft absichern müssen“, sagte die Grünen-Politikerin. „Die wirtschaftlichen Folgen eines Biodiversitätsverlusts wären enorm und betreffen Branchen wie Tourismus, Forstwirtschaft und Pharmazie.“
Haßelmann weist zudem auf das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz hin, mit man in Deutschland einen ersten Schritt getan habe für mehr Schutz von Natur und Umwelt. „Jetzt brauchen wir eine nationale Biodiversitätsstrategie mit klaren Zielen“, sagte sie. Dringend notwendig seien außerdem weniger Pestizide auf den Feldern, der Schutz von Mooren und die Wiederherstellung zerstörter Moore und Auen. „Ökosysteme, die einmal zerstört oder Arten, die ausgestorben sind, kommen nie wieder zurück“, so Haßelmann. „Wir müssen jetzt handeln, bevor es zu spät ist. Wir müssen erhalten, was uns erhält.“
Die Biodiversitäts-COP in Cali ist am Samstag zu Ende gegangen. In wichtigen Finanzierungsfragen gab es allerdings keine Einigung.
Politik-News vom 1. November: FDP-Chef Lindner stellt neues Grundsatzpapier vor – Provokation Richtung SPD und Grüne?
15.53 Uhr: Christian Lindner will ein neues Grundsatzpapier zur Förderung der deutschen Wirtschaft vorstellen. In dem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, finden sich zahlreiche Forderungen, die den Streit unter den Ampel-Parteien weiter anheizen könnten. Laut dem Magazin „Stern“ kursiert das Papier bereits innerhalb der Koalition.
In dem 18-seitigen Schreiben fordert der Finanzminister unter anderem den Einstieg in die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und Steuererleichterungen für Unternehmen. Zudem brauche es ein Moratorium zum Stopp aller neuen Regulierungen. Die Bürokratie dürfe nicht weiter steigen, heißt es.
Was als Affront gegen die Grünen aufgefasst werden kann: Lindner will die nationalen Klimaziele abschaffen und durch die europäischen Klimaziele ersetzen. Ebenfalls sollen „unnötige klimapolitische Regulierungen und Subventionen“ abgeschafft werden. Erneuerbare Energien sollen nicht weiter mit Staatsgeldern gefördert werden.
Arbeitnehmer sollen künftig mehr arbeiten, dazu will Lindner eine Ausweitung der Arbeitszeiten. Arbeitslosen soll das Bürgergeld gekürzt werden. Das Schreiben dürfte von SPD und Grünen als Provokation aufgefasst werden. Denn zahlreiche Punkte, die Lindner fordert, galten bislang in der Koalition als unverhandelbar.
Politik-News vom 30. Oktober: Auch nächster Industriegipfel ohne Habeck und Lindner – FDP plant erneut eigenes Treffen
16.28 Uhr: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzministerminister Christian Lindner (FDP) müssen weiter draußen bleiben: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will seine beiden Koalitionspartner auch zum nächsten Industriegipfel nicht ins Kanzleramt einladen. „Im Augenblick ist für das Treffen am 15. November der Kreis derer, die da gestern zusammengekommen sind, vorgesehen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Bei der Gipfelpremiere am Dienstag waren 13 Vertreter von Industrieverbänden, Gewerkschaften und ausgewählten großen Unternehmen dabei.
Die FDP-Fraktion plant unterdessen am nächsten Montag ebenfalls ein weiteres eigenes Treffen mit Wirtschaftsverbänden. Das sagte ein Sprecher der Fraktion der Deutschen Presse-Agentur. Es hätten sich viele Verbände und Unternehmen gemeldet, die gerne weitere Vorschläge besprechen wollten. Teilnehmen würden Fraktionschef Christian Dürr, Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sowie Branchenverbände. Der Kreis solle gegenüber dem Treffen vom Dienstag erweitert werden.
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Grüne-Jugend-Chefin kritisiert designierte Bundesparteichefin Brantner – und schießt gegen Schwaz-grün
14.30 Uhr: Die neue Grüne-Jugend-Vorsitzende Jette Nietzard blickt skeptisch auf die designierte Chefin der Bundespartei, Franziska Brantner. Diese habe „in der Vergangenheit Inhalte vertreten, die sich zu sehr an konservativen Vorstellungen und zu wenig an sozial gerechtem Klimaschutz orientieren“, sagte Nietzard dem „Spiegel“ laut Vorabmeldung vom Mittwoch. Brantner habe „unser Vertrauen noch nicht gewonnen“.
Brantner, die als parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium arbeitet, kandidiert beim Bundesparteitag der Grünen in Wiesbaden Mitte November zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Felix Banaszak für den Vorsitz. Der bisherige Grünen-Vorstand war im September nach enttäuschenden Landtagswahlergebnissen geschlossen zurückgetreten. Auch der komplette Vorstand der Grünen Jugend war im September zurückgetreten – und verließ sogar die Partei. Seit Mitte Oktober sind Nietzard und Jakob Blasel neue Vorsitzende der Jugendorganisation.
Nietzard positionierte sich im „Spiegel“ gegen eine mögliche Koalition der Grünen mit der Union nach der Bundestagswahl. „Schwarz-Grün ist ein Traum Konservativer und ein Albtraum für die zukünftigen Generationen“, sagte sie. Die Union stehe nicht für eine menschenwürdige Politik. „Ob Frauenrechte, Kinderrechte oder Selbstbestimmung. Alles, was die CDU kann, ist Fortschritt verweigern.“
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Inflation steigt im Oktober deutlich auf zwei Prozent
14.07 Uhr: Die Inflationsrate in Deutschland steigt wieder. Die Verbraucherpreise lagen im Oktober um 2,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats – nach 1,6 Prozent im September, wie das Statistische Bundesamt auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte.
Deutsche Wirtschaft wächst überraschend im dritten Quartal
10.35 Uhr: Die deutsche Wirtschaft ist im Sommer unerwartet gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal um 0,2 Prozent gemessen am Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilt. Ökonomen hatten mit einem neuerlichen Rückgang gerechnet. Die Statistiker teilten mit, im dritten Quartal seien vor allem die staatlichen und privaten Konsumausgaben gestiegen.
Noch im zweiten Quartal war die Wirtschaft leicht geschrumpft. Viele Volkswirte hatten erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt nun das zweite Quartal in Folge schrumpft und damit in eine „technische Rezession“ abrutscht. Zum Jahresstart war Europas größte Volkswirtschaft leicht gewachsen, doch die erhoffte Erholung blieb zunächst aus. Im zweiten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt nach neuesten Berechnungen um 0,3 Prozent zurückgegangen und damit etwas stärker als zunächst berichtet.
Politik-News vom 29. Oktober: Umfrage – Grüne fallen auf niedrigsten Wert seit 2017
17.30 Uhr: Die Grünen haben in einer Umfrage erneut an Zustimmung in der Bevölkerung eingebüßt und liegen nun auf dem tiefsten Wert seit der Bundestagswahl 2017. Laut am Dienstag veröffentlichten „Trendbarometer“ von RTL und ntv würden nur noch neun Prozent der Befragten die Grünen wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre. Das ist ein Minus von zwei Prozentpunkten im Vergleich zur Vorwoche.
2017 hatten die Grünen bei der Bundestagswahl 8,9 Prozent geholt. Danach stiegen ihre Umfrageergebnisse teils kräftig an und lagen bei Forsa, das die Umfragen für RTL und ntv erhebt, im Frühjahr 2021 bei bis zu 28 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2021 gewannen die Grünen dann 14,7 Prozent der Stimmen.
Seit gut einem Jahr sinken die Umfragewerte. Das Führungsduo Ricarda Lang und Omid Nouripour kündigte vor diesem Hintergrund Ende September seinen Rückzug an, auf einem Bundesparteitag im November soll eine neue Parteispitze gewählt werden.
In der Umfrage vom Dienstag bleiben CDU und CSU mit 32 Prozent klar stärkste Kraft und gewannen im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt hinzu. Dahinter folgen jeweils unverändert die AfD mit 17 Prozent und die SPD mit 16 Prozent. Das BSW kommt ebenfalls unverändert auf sieben Prozent, die FDP legt einen Prozentpunkt zu und erreicht vier Prozent. Die Linke bleibt bei drei Prozent, sonstige Parteien bei zwölf Prozent.
Das Institut Forsa befragte vom 22. bis 28. Oktober insgesamt 2503 Menschen. Die statistische Fehlertoleranz wird mit plus/minus 2,5 Prozentpunkten angegeben.
FDP will „Richtungsentscheidungen“ in Ampel
12.57 Uhr: Die FDP hält angesichts der Wirtschaftsflaute in Deutschland „Richtungsentscheidungen“ in den kommenden Wochen in der Koalition für möglich. Das sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr nach einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden in Berlin. Dem Treffen wurde im Vorfeld viel Beachtung geschenkt, da Bundeskanzler Olaf Scholz separat zu einer ähnlichen Veranstaltung geladen hatte, die für den späten Nachmittag geplant ist.
„Wir wollen wieder aufschließen zu den großen Industrienationen“, so Dürr weiter. Deutschland sollte wieder in der Champions League spielen. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sagte auf die Frage, ob es bald gemeinsame Beratungen der Koalition gebe, er komme regelmäßig mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zusammen. Solche Treffen stünden in der nächsten Zeit auch wieder an. Auf eine Frage zum Fortbestehen der Koalition sagte Lindner: „Es gibt auch so etwas wie eine Regierungsverpflichtung und für Deutschland ist es allemal besser, wenn eine Regierung eine gemeinsame Richtung findet, sie beschreibt und umsetzt.“
Die wirtschaftspolitische Diskussion sei jetzt da, wo sie hingehöre, nämlich ganz oben auf der Tagesordnung, sagte Lindner: „Klar ist, dass wir in den nächsten Wochen alleine schon aufgrund der Zeitplanung für den Bundeshaushalt 2025 ja auch zu einer gemeinsamen Position werden finden müssen.“
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Politik-News vom 27. Oktober: Politikwissenschaftler Schröder attestiert Kanzler Hilflosigkeit – „Scholz delegitimiert sich dadurch auch für jeden Wahlkampf“
20 Uhr: Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Hilflosigkeit attestiert und das öffentliche Auftreten der Ampel-Koalition als „Tragödie“ bezeichnet. „Der Kanzler wirkt sehr hilflos, durchsetzungsschwach und wird durch das illoyale Verhalten der Koalitionspartner regelrecht vorgeführt“, sagte Schröder, Politik-Professor von der Universität Kassel unserer Redaktion.
Schröder sieht Scholz auch für den kommenden Bundestagswahlkampf geschwächt. „Scholz delegitimiert sich dadurch auch für jeden Wahlkampf. Wie will man Durchsetzungsstärke demonstrieren, wenn man sich im Stundentakt von den eigenen Koalitionspartnern vorführen lässt?“, fragte der Politikbeobachter.
Insgesamt erklärte Schröder, kein gemeinsames Regierungshandeln zu sehen: „Sondern es sind drei Partner mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen, die sich nicht aufeinander zubewegen, sondern ihre Eigenständigkeit und Beharrlichkeit unterstreichen und ihren Unwillen, diese Regierung zu einem positiven Ende führen zu wollen.“
CDU-Chef Friedrich Merz hat den Regierungswillen von Sahra Wagenknecht angezweifelt
19.55 Uhr: Angesichts schwieriger Sondierungen mit dem BSW nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hat CDU-Chef Friedrich Merz Zweifel am Regierungswillen von BSW-Chefin Sahra Wagenknecht bekundet. Sein Stand sei, dass die Landtagsabgeordneten in Thüringen und in Sachsen eher bereit seien, Gespräche zu führen als Wagenknecht, sagte der Unionsfraktionschef in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Frau Wagenknecht will gar nicht regieren.“
Wagenknecht wolle verhindern, dass das BSW in politische Verantwortung kommt. „Sie will einen Bundestagswahlkampf führen, in dem sie ständig Nein sagt und die Positionen von Russland und (dessen Präsidenten Wladimir) Putin vertritt. Und das kann sie nicht gut, wenn sie zwischendurch auch in der politischen Verantwortung steht“, sagte Merz.
Gespräche mit der Linken über eine Regierungsbildung in Thüringen wegen der schwierigen Mehrheitsverhältnisse lehnte der Unionskanzlerkandidat mit Verweis auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit der Linken ab. Zuvor hatte der frühere Generalsekretär der CDU, Mario Czaja, mit Blick auf Thüringen dafür plädiert, den Beschluss zu überdenken. Merz bezeichnete den Vorstoß als „Einzelmeinung, die in der CDU überhaupt keinen Widerhall findet“.