Berlin. Über 51 Millionen Euro haben Bundestagsabgeordnete seit der letzten Wahl nebenbei verdient. Wer bei den Nebeneinkünften ganz vorne liegt.
Ein Platz im Deutschen Bundestag ist ein Vollzeit-Job? Offenbar nicht in jedem Fall! Denn wie Daten von „abgeordnetenwatch.de“ und „Spiegel“ zeigen, hat fast die Hälfte der Abgeordneten Nebeneinkünfte, die bei der Bundestagspräsidentin gemeldet werden müssen. Das ist der Fall, wenn das Einkommen 1000 Euro im Monat oder 3000 Euro im Jahr übersteigt. Insgesamt summieren sich die Nebeneinkünfte der Abgeordneten seit der Bundestagswahl 2021 auf 51 Millionen Euro. Doch woher stammt das Geld?
- 130 Abgeordnete geben Einkünfte aus einer „entgeltlichen Tätigkeit neben dem Mandat“ an. Sie sind also entweder selbstständig oder angestellt tätig.
- Bei 66 Abgeordneten stammt das Geld aus Funktionen in Unternehmen, etwa einem Posten im Aufsichtsrat.
- 20 Mitglieder des Bundestags erhielten Geld aus Unternehmensbeteiligungen.
- Hinzu kommen Einkünfte aus Funktionen in Verbänden und Vereinen (etwa als Präsidentin oder Präsident) und Spenden. Auch Einladungen zu Reisen müssen als Einkünfte angegeben werden.
Seit der aktuellen Wahlperiode gelten strengere Regeln für die Offenlegung von Nebeneinkünften. Diese müssen nun, sofern sie die oben genannte Grenze übersteigen, auf den Cent genau angegeben werden. Zuvor hatten sich Mitglieder des Bundestags nur in Stufen einordnen müssen. Bei der höchsten Stufe „mehr als 250.000 Euro“ war dabei zum Beispiel nicht zu erkennen, ob ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete 250.001 Euro oder 1,5 Millionen Euro dazuverdient hat.
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Nebeneinkünfte im Bundestag: Vergleich der Top-Verdiener schwierig
Die genaueren Angaben, die nun verpflichtend sind, lassen Rückschlüsse darauf zu, wer die Top-Verdiener unter den Abgeordneten sind. Vergleiche sind dennoch schwierig. So gab etwa Albert Stegemann (CDU) einen Wert von über 7,8 Millionen Euro an. Der selbstständige Landwirt muss als solcher aber seinen Umsatz offenlegen. Davon muss er aber noch sämtliche Kosten des Betriebs abziehen. Wie viel für ihn am Ende übrig bleibt: unklar. Die Frage, ob es sich nicht um einen Interessenskonflikt handelt, wenn der Landwirt im Bundestag im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft sitzt, darf wohl trotzdem gestellt werden.
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Deutlich genauere Rückschlüsse auf das tatsächliche Einkommen sind etwa bei Ophelia Nick (Grüne) möglich. Sie bezieht ihr Geld zum Großteil aus Gewinnbeteiligungen von drei Unternehmen. Es handelt sich also tatsächlich um Geld, das bei ihr ankommt – und nicht um den Umsatz eines Unternehmens. Beim Bundestag angegeben hat Nick Nebeneinkünfte von fast 2,9 Millionen Euro seit der vergangenen Bundestagswahl. Einen Überblick über die von „abgeordnetenwatch.de“ aufgelisteten Nebeneinkünfte der Top-Verdiener im Parlament gibt unsere Tabelle:
Abgeordnete/r | Nebeneinkünfte | Quelle |
---|---|---|
Albert Stegemann (CDU) | 7.851.118 Euro | Eigener landwirtschaftlicher Betrieb |
Sebastian Brehm (CSU) | 7.122.511 Euro | Geschäftsführer von fünf Unternehmen |
Alexander Engelhard (CSU) | 3.582.103 Euro | Eigene Mühle für Bio-Getreide |
Thomas Heilmann (CDU) | 3.511.649 Euro | Beteiligungen im Immobiliensektor |
Ophelia Nick (Grüne) | 2.897.627 Euro | Gewinnbeteiligungen von drei Unternehmen |
Carl-Julius Cronenberg (FDP) | 2.137.081 Euro | Beteiligungen an Firmen |
Nezahat Baradari (SPD) | 1.350.165 Euro | Fachärztin für Kinder und Jugendliche |
Fritz Güntzler (CDU) | 1.229.101 Euro | Wirtschaftsprüfer und Steuerberater |
Robert Farle (fraktionslos, ehemals AfD) | 1.014.000 Euro | Rechtsanwalt und Geschäftsführer zweier Steuerberatungsgesellschaften |
Enrico Komning (AfD) | 1.008.481 Euro | Rechtsanwalt |
Betrachtet man die einzelnen Parteien, haben in der Unionsfraktion mit 63 Prozent die meisten Abgeordneten Nebeneinkünfte. Danach folgen FDP (59), SPD (43), BSW-Gruppe (40), Linke (36), Grüne (32) und AfD (22 Prozent).
Abgeordnetengesetz erlaubt Nebeneinkünfte – Bundestagsmandat „im Mittelpunkt der Tätigkeit“
Das Abgeordnetengesetz erlaubt explizit Nebentätigkeiten und Einkünfte daraus, solange das Bundestagsmandat „im Mittelpunkt der Tätigkeit“ steht und Nebenjobs offengelegt werden. Für ihre Tätigkeit im Bundestag erhalten Abgeordnete monatliche Diäten in Höhe von derzeit 11.227,20 Euro. Orientierungsgröße für die Diäten sind die Bezüge von Bundesrichtern. Die Diäten werden versteuert. Dazu kommt eine steuerfreie Aufwandspauschale von aktuell 5.051,54 Euro für Kosten zur Ausübung des Mandats zum Beispiel für die Miete des Wahlkreisbüros, für Büromaterial und die Unterkunft in Berlin.