Berlin. Die US-Regierung verlangt von Israel mehr Hilfslieferungen für den Gazastreifen – und setzt Premier Netanjahu eine Frist von einem Monat.
Die US-Regierung dringt in einem offiziellen Schreiben darauf, dass Israel die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessert. Sie setzte dafür eine Monatsfrist, was die Frage nach Sanktionen nach sich zieht. In den amerikanischen Medien wird über einen Stopp der Militärhilfe spekuliert. Es wäre ohnehin das einzige wirklich wirkungsvolle Druckmittel.
Die Aktion kommt unvermittelt. Gerade erst hatte US-Präsident Joe Biden eine neue Schützenhilfe für Israel angekündigt: die Lieferung eines hochmodernen Luftabwehrsystems.
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Zuletzt gab es überdies Signale, dass die Regierung von Benjamin Netanjahu die Appelle zur Mäßigung aus Washington ernst nehmen und einen Vergeltungsschlag gegen den Iran auf militärische Ziele beschränken will; ganz so, wie Biden es gefordert hatte. Im Klartext: keine Angriffe auf Atomanlegen oder die Ölinfrastruktur des Landes.
Ist die Monatsfrist für Israel ein Ultimatum?
Mal Waffenhilfe, mal Mahnungen – das zeigt, wie widersprüchlich das Verhältnis zwischen beiden Staaten, wie hin- und hergerissen die Regierung Biden ist. Er strebt eine Balance zwischen der Unterstützung für einen Verbündeten und der humanitäre Hilfe, die Israel blockiert. Er stört sich an Netanjahus Kompromisslosigkeit und an seinen Alleingängen im Nahost-Konflikt.
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Diese Zerrissenheit drückt der Brief aus, den Außenminister Antony J. Blinken und Verteidigungsminister Lloyd J. Austin an ihre israelischen Amtskollegen adressiert haben. „Wir schreiben Ihnen jetzt, um die tiefe Besorgnis der US-Regierung über die sich verschlechternde humanitäre Lage in Gaza zu unterstreichen und Ihre Regierung zu dringenden und nachhaltigen Maßnahmen in diesem Monat zu fordern, um diese Entwicklung umzukehren“, heißt es dort.
Harris in Erklärungsnöten im US-Wahlkampf
Wer eine Monatsfrist setzt und Konsequenzen anmahnt, muss im Zweifel den Worten Taten folgen lassen. Wobei die USA seit einem Jahr die Zustände in Gaza beklagen, ohne nennenswerte Konsequenzen gezogen zu haben. Das lässt sich daheim immer schlechter erklären.
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin, Bidens Stellvertreterin Kamala Harris, hatte gerade erst in sozialen Medien gepostet, Israel müsse mehr tun, um Hilfe nach Gaza zuzulassen. Wie der Zufall so spielt, ist Harris gerade in Michigan unterwegs. Das ist ein US-Bundesstaat, der heiß umkämpft ist, ein sogenannter Swing State, und eine große muslimische und arabisch-amerikanische Wählerschaft hat.
USA machen konkrete Vorgaben
Wahlkampf-Kalkül spielt eine Rolle, aber der Mahnbrief kommt gleichwohl nicht anlasslos. Blinken und Austin stellen fest, dass die Hilfslieferungen ein „sehr niedriges Niveau“ haben. Im September erreichten sie ihren niedrigsten Stand seit dem Hamas-Angriff auf Israel vor einem Jahr.
In dem Brief machen die USA konkrete Vorgaben:
- die Durchfahrt von mindestens 350 Lastwagen mit Hilfsgütern pro Tag nach Gaza;
- und humanitäre Pausen bei Militäroperationen, um Hilfslieferungen und Impfungen zu ermöglichen
Vizepräsidentin Harris verwies in ihrem Account auf die Uno. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit fast zwei Wochen keine Nahrungsmittel mehr in den Norden Gazas gelangt. „Israel muss dringend mehr tun, um den Hilfsfluss zu den Bedürftigen zu erleichtern. Zivilisten müssen geschützt werden und Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten haben. Das humanitäre Völkerrecht muss respektiert werden“, so Harris.
Sanktionen gegen Israel?
Besonders besorgt sind US-Behörden über den Norden Gazas, wo noch etwa 400.000 Palästinenser leben. In dem Brief wird Israel aufgefordert, die „Isolation“ des nördlichen Gazas zu beenden.
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Eine Aussetzung der Militärhilfe wäre nicht zwingend, ist aber keine Überinterpretation der Medien. Es gibt ein US-Gesetz, das Militärhilfe für jedes Land verbietet, das die Lieferung von US-amerikanischer humanitärer Hilfe blockiert. Wobei der Präsident Waffen liefern kann, wenn es „im nationalen Sicherheitsinteresse der Vereinigten Staaten liegt.“ Am Ende ist alles eine Frage des Ermessens.
Formal wird die Frist, die man Israel gesetzt hat, nicht als Ultimatum dargestellt. Man müsse den Israelis ausreichend Zeit geben, um Änderungen bei der Lieferung von Hilfsgütern umzusetzen. Wenn die Frist in 30 Tagen abläuft, ist die US-Wahl vorbei.
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