Berlin. Nur Krise und politische Karambolagen? Stimmt nicht. Zum Tag der Deutschen Einheit blicken wir auf die guten Nachrichten aus Ostdeutschland.

Mehr als ein Drittel eines Jahrhunderts ist vergangen, seit aus zwei deutschen Staaten wieder einer wurde. Und doch sind Ost und West als Kategorien nach wie vor sehr präsent. Vor dem Hintergrund von drei Landtagswahlen in diesem Jahr und starken AfD-Ergebnissen bei allen dreien dreht sich die öffentliche Diskussion oft darum, was seitdem nicht funktioniert hat und wo noch Dinge aufzuholen sind.

Dabei gerät leicht aus dem Blick, was seit der Wiedervereinigung gelungen ist – und wo Ostdeutschland besser dasteht als der Westen. Zum Tag der Deutschen Einheit deshalb hier ein paar gute Nachrichten zu deren Stand:

Die wirtschaftliche Entwicklung:

Ostdeutschland liegt, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, zwar immer noch unter dem deutschen Durchschnitt. Aber von den wirtschaftlichen Verheerungen der 1990er und 2000er Jahre ist die Region inzwischen weit entfernt. Bei der Quote der Erwerbstätigen sind die ostdeutschen Bundesländer inzwischen mit 76,7 Prozent auf Augenhöhe mit Westdeutschland (77,3 Prozent), die Arbeitslosenquote liegt inzwischen nur noch geringfügig über dem gesamtdeutschen Schnitt. Und im Osten wird investiert: Einige der größten Unternehmensansiedlungen der vergangenen Jahre gingen etwa nach Brandenburg und Sachsen.

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Vereinbarkeit von Beruf und Familie:

Wurde in Westdeutschland die Hausfrauenehe als gesellschaftliche Norm hochgehalten, haben Frauen in der DDR üblicherweise auch außer Haus gearbeitet – auch, weil das Land die Arbeitskräfte brauchte. Heute noch ist die Quote von Müttern, die Vollzeit arbeiten, dort höher als im Westen: 67 Prozent auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gegenüber 52 Prozent auf dem Gebiet der „alten“ BRD.

Das liegt auch daran, dass die Rahmenbedingungen für Vereinbarkeit besser sind. So ist die Zahl der fehlenden Kita-Plätze im Osten deutlich geringer als in Westdeutschland. Laut Bertelsmann-Stiftung fehlten im Westen 2023 rund 362.400 Betreuungsplätze. Im Osten dagegen waren es nur 21.200. Dass mehr Mütter Vollzeit arbeiten, zeigt sich auch in der Gehaltsstatistik: Die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern ist in Ostdeutschland kleiner.

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Mehr Sichtbarkeit:

Die Debatte darüber, was den Osten ausmacht und was bleibt von vier Jahrzehnten DDR, wird seit einer Weile auch in der breiten Öffentlichkeit sichtbar und mit Tiefe geführt. Das zeigt sich zum Beispiel auf den Bestseller-Listen im Buchhandel: In verschiedenen Kategorien finden sich da mit „Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk, „Ungleich vereint“ von Steffen Mau und „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ von Dirk Oschmann aktuell drei Bücher, die sich des Themas annehmen.

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Innere Einheit:

Die Mehrheit der Menschen findet, dass es eine gute Sache ist, dass Deutschland wieder zusammengewachsen ist– und das in beiden Teilen des Landes. Laut einer repräsentativen Befragung der Friedrich-Schiller-Universität Jena aus dem vergangenen Jahr gaben 66 Prozent der Ostdeutschen und 63 Prozent der Westdeutschen an, dass die Wiedervereinigung für sie persönlich mehr Vor- als Nachteile hatte. Auch für den jeweiligen Landesteil sagt das eine Mehrheit, wenn auch zum Teil knapper. In Westdeutschland zogen 65 Prozent der Befragten eine positive Bilanz – für Ostdeutschland taten das 52 Prozent der Ostdeutschen. Weitere 21 Prozent fanden, Positives und Negatives hielten sich die Waage. Nur 15 Prozent sahen überwiegend Nachteile.