Berlin. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) warnt vor dem steigenden Einfluss der Atomlobby. Politiker sollten sich nicht von "fadenscheinigen Argumenten" beeindrucken lassen. Von einer Renaissance der Atomkraft könne jedoch keine Rede sein, sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger.

Kurz vor dem 23. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl warnt der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) vor dem Einfluss der Atomlobby. Die großen Energiekonzerne behinderten den Ausbau der erneuerbaren Energien nach Kräften, kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger am Mittwoch in Berlin. Er forderte Energie- und Wirtschaftspolitiker aller Parteien auf, sich nicht von «fadenscheinigen Argumenten» der «Atommanager» beeindrucken zu lassen. Ein Comeback der Atomkraft sei nicht wünschenswert. Am 26. April 1986 war Block 4 des ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl explodiert. Eine radioaktive Wolke zog über halb Europa.

Weiger wies darauf hin, dass man von einer angeblichen Renaissance der Atomenergie nicht sprechen könne. Deutschland gehe mit dem Atomausstieg auch keinen Sonderweg. In Europa baue außer Finnland derzeit nur Frankreich an einem neuen Reaktor. Und in Bulgarien gehe es um die Fertigstellung eines «Uraltprojektes aus sozialistischen Zeiten». «Überall, wo in Europa neue Atomkraftwerke geplant werden, zeigt sich früher oder später, dass dies ein teurer Irrweg ist", sagte Weiger.

436 Atommeiler weltweit

Die Anzahl der weltweit betriebenen Atommeiler bezifferte der BUND auf aktuell 436. Dies seien acht weniger als vor sieben Jahren. Gesunken sei auch der Atomstromanteil. Er liege im globalen Strommix derzeit bei 14 Prozent. Trotz einiger weiterer AKW-Neubauten wie in China oder Indien gingen weltweit deutlich mehr Meiler altersbedingt vom Netz als neue gebaut würden. In der EU ist der Rückgang laut BUND besonders deutlich: Die Zahl der Atomkraftwerke sei 1988 am höchsten gewesen. Damals seien 177 Reaktoren in Betrieb gewesen, derzeit noch 145.

Der BUND kündigte an, sich in den kommenden Monaten verstärkt für die Beschleunigung des Atomausstiegs einzusetzen. Höhepunkt werde eine große Anti-Atom-Demonstration am 5. September in Berlin sein.

Bereits für Sonntag (26. April) haben Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltgruppen aus ganz Norddeutschland zu Protesten gegen das Atomkraftwerk Krümmel aufgerufen. «Das AKW darf nie wieder angefahren werden», sagte Jan Becker von der Initiative «Contratom» am Mittwoch. Alles spreche dafür, dass die Atomanlagen in Geesthacht Ursache für die Leukämiefälle in der Elbmarsch seien. Am Wochenende war bekanntgeworden, dass ein weiteres Kind in der Umgebung des AKW an Blutkrebs erkrankt ist. Das vom Energiekonzern Vattenfall betriebene AKW Krümmel steht nach einem Trafobrand ebenso seit Ende Juni 2007 still wie der Atommeiler in Brunsbüttel. Dort war es zu einem Kurzschluss gekommen. (ddp)

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