Berlin. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein sagt, wie es nach den Wahlen weitergehen soll – und fordert eine Zeitenwende in der Migrationspolitik.

Boris Rhein gewann die Hessen-Wahl im vergangenen Jahr mit 34,6 Prozent und regiert seither mit der SPD. Der CDU-Politiker, der auch als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz amtiert, sagt im Interview mit unserer Redaktion, was er von Koalitionen mit der Wagenknecht-Partei hält – und was Friedrich Merz mit den Wahlergebnissen der CDU in Thüringen und Sachsen zu tun hat.  

AfD vor CDU – ausgerechnet in Thüringen. Wie bitter ist dieser Wahlabend?

Boris Rhein: Bitter ist der Wahlabend für die Ampel-Parteien. Die Bundesregierung hat das Vertrauen der Menschen in unserem Land endgültig verloren. Sie ist von einer Mehrheit in Thüringen und Sachsen Lichtjahre entfernt. Es kann nach dieser Wahl kein Weiter-so geben. Gleichzeitig zeigen die Wahlergebnisse sehr klar: Die CDU ist die letzte verbliebene Volkspartei im Osten und hat von den etablierten Parteien in beiden Ländern die mit Abstand meisten Stimmen erreicht.

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Reicht Ihnen das?

Die Union ist sehr klar der politische Stabilitätsanker in Sachsen und Thüringen. Die Wahlergebnisse sind aber ohne Zweifel anspruchsvoll. Jetzt geht es darum, die Chancen zu sehen und nicht nur die Probleme. Wir haben die Möglichkeit, unter Führung von Michael Kretschmer und Mario Voigt in beiden Ländern stabile Regierungen zu bilden und sie aus der Mitte heraus zu führen. Diese Chance auf stabil geführte Regierungen sollten wir ergreifen. Die Frage, wie wir mit den Wahlergebnissen in Sachsen und Thüringen umgehen, wird unsere Demokratie im Osten, aber auch in ganz Deutschland auf Jahre prägen.

Die Union könnte viel stärker von der Schwäche der Ampel profitieren …

Wir sehen auch an diesen Wahlergebnissen ganz deutlich: Die Union ist stabil und genießt ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung. Die CDU hat mit Friedrich Merz an der Spitze die Zeit in der Opposition genutzt für ein klares Profil und ein bürgerliches Programm. Damit liegt unser Potenzial deutlich über 30 Prozent. Jetzt geht es darum, dieses Potenzial weiter auszuschöpfen und noch mehr Menschen von unserem Kurs zu überzeugen. Fakt ist: Wir sind das Kontrastprogramm zur Ampelregierung in Berlin. Die katastrophale Politik der Ampel allerdings hat das Vertrauen in die Politik insgesamt erschüttert.

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Diese Woche verhandeln Sie mit der Ampel über Konsequenzen aus dem Terroranschlag von Solingen. Was soll dabei herauskommen?

Wir brauchen eine Zeitenwende in der Migrationspolitik. Die Länder fordern den Bund schon seit langem zum Handeln auf. Der Bund muss die Kontrollen an den Binnengrenzen fortsetzen und endlich anfangen, an den Grenzen konsequent zurückzuweisen. Wir brauchen außerdem eine konsequente Umsetzung der Dublin-Regeln auf europäischer Ebene, mehr sichere Herkunftsstaaten, Asylverfahren in Drittstaaten. Es muss natürlich auch nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden. Straftätern und Gefährdern gehört die Staatsbürgerschaft entzogen, Abschiebe- und Haftmöglichkeiten müssen ausgeweitet werden. Die entscheidende Frage lautet: Wie sorgen wir ganz konkret dafür, dass weniger Menschen ins Land kommen? Und ist die Ampelregierung bereit, endlich zu handeln und einen Schlussstrich zu ziehen unter ihre falsche Politik? Deutschland hat ein Terrorproblem bei der Migration und darauf muss die Ampel regieren.

Der Absturz der Ampelparteien hat auch zur Folge, dass die Union über neue Koalitionspartner nachdenken muss. Können Sie sich ein Bündnis mit der Wagenknecht-Partei vorstellen – auf Landes- oder Bundesebene?

Bislang ist das BSW vor allem eine Partei mit sehr wenigen Mitgliedern, dünnen Positionen und einem großen Personenkult. Auf Bundesebene halte ich eine Zusammenarbeit für ausgeschlossen, weil das BSW gänzlich andere außenpolitische Vorstellungen hat als die Union: Russland-freundlich, Nato-feindlich und Abschottungs-fixiert. Aber all das wird nicht in Landesparlamenten entschieden. In Thüringen und Sachsen werden unsere Landesverbände jetzt die Lage sondieren und dann entscheiden, mit welchen Partnern sie zusammenarbeiten. Wichtig ist, dass wir mit den Wahlergebnissen bedacht umgehen und die Landesverbände unter Führung von Michael Kretschmer und Mario Voigt dabei unterstützen, in Sachsen und Thüringen stabile Regierungen zu bilden.

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Macht es der Ausgang der Ost-Wahlen wahrscheinlicher, dass Friedrich Merz Kanzlerkandidat wird?

In Sachsen ist die CDU sehr stark, und auch in Thüringen ist eine konstruktive Politik ohne uns nicht möglich. Das ist sehr klar auch ein Erfolg unseres Bundesvorsitzenden Friedrich Merz

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