Berlin. Weil Geld knapp ist, hofft der Bund, die Ukraine aus anderen Quellen unterstützen zu können. In den eigenen Reihen wird Kritik laut.

Waffen, die schon genehmigt sind, werden zwar geliefert, für neue Militärhilfe Deutschlands an die Ukraine wird der Spielraum aber enger. Ein Grund dafür ist die angespannte Haushaltslage, ein anderer die Aussicht, Hilfen für die Ukraine möglicherweise aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen finanzieren zu können. Teile der Ampel versicherten am Sonntag, verlässlicher Partner der Ukraine zu bleiben – ausgerechnet ein SPD-Politiker äußerte aber scharfe Kritik an dem Kurs.

Auch interessant

Michael Roth (SPD), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, sagte dieser Redaktion, die Debatte über die künftige Finanzierung der Militärhilfen wirke wie ein verkappter Rückzug Deutschlands aus der Verantwortung. „Wir können unsere Sicherheit nicht von Haushaltszwängen abhängig machen. Die 50 Milliarden Dollar aus einem Hilfsfonds der G7, der sich auch aus den Zinserträgen der eingefrorenen russischen Vermögen füllen soll, sind bei Weitem nicht genug“. Die Ukraine müsse Waffenlieferungen erhalten, solange wie nötig.

Auch der Grünen-Politiker Robin Wagener, Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, machte seinem Ärger Luft. „Es handelt sich hier um eine Frage, die keinesfalls innenpolitischen Erwägungen geopfert werden darf – weder Landtagswahlen noch der strikten Einhaltung der Schuldenbremse“, sagte Wagener dieser Redaktion. Er erwarte von SPD, FDP und der Union, „sich zusammenzureißen und Verantwortung und Pragmatismus vor Parteipolitik zu stellen und das Problem zusammen zu lösen“. Denkbar seien ein Notlagenbeschluss, eine Reform der Schuldenbremse oder ein Sondervermögen, „in der sicheren Erwartung, dass die eingefrorenen russischen Gelder verwendet werden“.

Lindner-Brief löst Diskussion um künftige Ukraine-Hilfe aus

Der Debatte um die Zukunft der deutschen Ukraine-Hilfen war ein Schreiben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vorausgegangen. Lindner hatte darin den enger werdenden Spielraum umrissen. Mit Blick auf militärische Hilfe für die Ukraine hieß es darin, „neue Maßnahmen“ dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre „eine Finanzierung gesichert ist“. Und: „Bitte stellen Sie sicher, dass die Obergrenzen eingehalten werden.“ 

Haushalt 2025: Kein neues Geld für die Ukraine?

weitere Videos

    Für das laufende Jahr sind die Mittel für die Ukraine in Höhe von rund acht Milliarden Euro bereits verplant. Vier Milliarden Euro hat die Bundesregierung bisher im Etat für 2025 vorgesehen. Allerdings ist auch diese geplante Höchstgrenze offenbar bereits überbucht. Für 2026 sind dann nur noch drei Milliarden vorgesehen, für 2027 und 2028 je eine halbe Milliarde.

    Ukraine-Hilfen: Hoffen auf eine neue Geldquelle

    Eine Quelle innerhalb der Bundesregierung sagte laut „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS), man habe den Punkt erreicht, wo Deutschland der Ukraine keine Zusagen mehr machen könne: „Ende der Veranstaltung. Der Topf ist leer.“ Heißt auch: Alles, was möglicherweise wegen neuer Entwicklungen im Krieg mit Russland an Unterstützung für die Ukraine nötig werden könnte, dürfte schwer zu finanzieren sein.

    Die Bundesregierung plant deshalb, einen Großteil der Mittel für die Ukraine-Hilfe künftig auf anderem Wege ermöglichen zu können – und zwar mithilfe des eingefrorenen Vermögens der russischen Zentralbank.

    177108_569_177108_cover.jpg

    Wowtschansk: Zwischen Trümmern und Hoffnung

    Im Krisenmodus

    Finanzministerium: Erstmal müsste Bedarf angemeldet werden

    Weitergehende Hilfen aus Deutschland seien aber möglich, versicherte Christoph Meyer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag, gegenüber dieser Redaktion. „Was zusätzlich zu der bestehenden Unterstützung finanziert werden kann, werden Bundesregierung und Parlament prüfen. Bis dahin ist es Aufgabe des Verteidigungsministeriums, sauber darzulegen, welches Material für die Ukraine in diesem Jahr noch geliefert oder neu angeschafft werden kann. Die Darlegung des möglichen zusätzlichen Materialbedarfs ist durch das Verteidigungsministerium bisher nicht erfolgt“, sagte Meyer.

    Auch das Finanzministerium versicherte, dass es weiter gesprächsbereit sei. Dazu müssten Bedarfe aber konkret gemeldet und nachvollziehbar sein – bislang liege keine Bedarfsmeldung vor, so ein Sprecher.

    Ampel-Koalition betont auch Verlässlichkeit Deutschlands

    Grundsätzlich setzt die Bundesregierung darauf, dass die Ukraine künftig stärker mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen unterstützt werden kann. Die G7-Staaten hatten bereits beschlossen, der Ukraine bis Jahresende rund 50 Milliarden US-Dollar an Unterstützung zur Verfügung zu stellen, auch unter Einbezug der Zinsen aus dem russischen Geld. Das Finanzministerium sagte dazu: „Damit wird zukünftig die bilaterale Hilfe aus Deutschland teilweise in internationale Programme überführt.“ Fraglich ist jedoch, wann es dazu kommt.

    Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Lechte, sagte dieser Redaktion: „Sicher ist, dass die Ukraine sich auf ein Land verlassen kann und das ist Deutschland – auch in der Zukunft! Das Parlament steht hinter den Verteidigern der europäischen Sicherheitsarchitektur.“

    CDU/CSU: „Weiteres Kapitel ‚Tarnen, Täuschen, Tricksen‘“

    Die Opposition hingegen kritisierte die Bundesregierung scharf. Es sei zwar richtig, vor allem eingefrorenes russisches Zentralbankguthaben einzusetzen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, dieser Redaktion. „Aber kein Mensch weiß, ob, wann und wie viel Geld hier tatsächlich zur Verfügung stehen könnte. Auch in der Bundesregierung weiß niemand, wann die internationalen Verhandlungen dazu abgeschlossen werden können. Daher ist klar: Das ist ein weiteres Kapitel aus der Erzählung ‚Tarnen, Täuschen, Tricksen‘“, so Frei.