Berlin. Finanzminister Lindner will den Haushalt nachverhandeln - der Vizekanzler ist irritiert. Habeck macht eine Ansage an die Koalitionspartner.

Vizekanzler Robert Habeck hat an die Ampelkoalition appelliert, den Streit um den Bundeshaushalt 2025 beizulegen. „Eine Regierung muss Probleme lösen und darf nicht bei Problembeschreibungen stehen bleiben“, sagte der Grünen-Politiker unserer Redaktion. Habeck fügte hinzu, in der Sache werde er sich erst äußern, „wenn eine Lösung gefunden ist“.

Haushalt 2025: Nach Streit schlagen die Koalitionäre mildere Töne an

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    Aus dem Umfeld des Wirtschaftsministers hieß es allerdings, Habeck sei „sehr irritiert“ darüber gewesen, dass ein Gutachten „einseitig und selektiv öffentlich gemacht wurde“, anstatt mit den Regierungspartnern über Lösungen zu beraten. Zuvor hatte sich bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwundert über das Vorgehen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) gezeigt.

    SPD-Chef Klingbeil kritisiert Lindner: „Öffentlicher Zirkus“

    SPD-Chef Lars Klingbeil unterstrich den Unmut der Sozialdemokraten über das Vorpreschen Lindners in der vergangenen Woche und kritisierte den „öffentlichen Zirkus“ um den Haushalt. „Das wäre alles vermeidbar gewesen, sich wieder auf öffentlicher Bühne zu streiten“, sagte Klingbeil am Mittwoch vor Journalisten und bezog dies auf Nachfrage ausdrücklich auf die Kommunikation des Finanzministeriums.

    Anstatt auf Grundlage von Gutachten die Rechtmäßigkeit des mühsam ausgehandelten Haushaltskompromisses öffentlich infrage zu stellen, hätten die offenen Fragen intern geklärt werden müssen, kritisierte der SPD-Vorsitzende. So stelle er sich Regierungshandeln vor: „Im Hintergrund, still und leise, geräuschlos.“

    SPD sauer: Lindner fuhr Scholz in die Parade

    Den Sozialdemokraten stößt allerdings auch sauer auf, dass Lindner die Zweifel seines Hauses über den Haushalt ausgerechnet an dem Tag bekannt machen ließ, an dem Scholz mit dem mit Russland ausgehandelten Gefangenenaustausch einen über lange Zeit im Geheimen vorbereiteten Erfolg feiern wollte. Stattdessen wurde darüber diskutiert, ob Scholz zum zweiten Mal einen rechtswidrigen Haushalt aufgestellt hat.

    Hintergrund des Streits sind drei Vorhaben, die die Finanzierungslücke im Etat für das kommende Jahr um acht Milliarden Euro reduzieren sollten. Wegen rechtlicher und wirtschaftlicher Bedenken hatte Lindner Gutachten in Auftrag gegeben. Der Finanzminister hält die Pläne weiter für rechtlich riskant. Nach Veröffentlichung der Expertisen gab es heftige Kritik am Finanzminister von SPD und Grünen.

    Haushaltsstreit: Der Kanzler spricht von einem „Mysterium“

    Innerhalb der Berliner Ampelkoalition gibt es verschiedene Lesarten der nun vorliegenden Gutachten. Kanzler Scholz schaltete sich sogar aus seinem Urlaub in den Streit ein. Der „Zeit“ sagte er: „Es war sinnvoll, die Handlungsoptionen der Bundesregierung gutachterlich überprüfen zu lassen, wie Deutsche Bahn und die Autobahnen im Haushalt finanziell gestärkt werden können. Klares Ergebnis des juristischen Gutachtens: Das geht.“ Die Bundesregierung werde jetzt vertraulich die nächsten Schritt beraten.

    Offenbar als Seitenhieb auf den FDP-Finanzminister fügte der Kanzler hinzu: „Es bleibt ein Mysterium, wie das eigentlich klare Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst werden konnte.“

    Scholz, Lindner und Habeck hatten sich ursprünglich darauf verständigt, der Deutschen Bahn und der Autobahngesellschaft Darlehen statt Zuschüsse zu zahlen und ungenutzte Mittel aus der Gaspreisbremse für andere Zwecke zu nutzen. Die Gutachter sehen zumindest Teile der Pläne kritisch.