Düsseldorf. Ein breites Bündnis hat in München ein System erfunden, um die strengen Bargeld-Regeln für Geflüchtete zu umgehen. Ein Vorbild für NRW?

Einem Bündnis aus Nichtregierungsorganisationen, Beratungsstellen für Geflüchtete, Gewerkschaftern und anderen Aktivisten .ist es in München gelungen, die strengen bayerischen Regeln bei der Bezahlkarte für Flüchtlinge auszuhebeln. Der Trick: Geflüchtete erhalten die Chance, mit ihrer Karte in einer Art Wechselstube doch an mehr Bargeld zu kommen, als ihnen eigentlich zusteht.

Reichen 50 Euro in bar für Geflüchtete, oder ist dieser Regel diskriminierend?

Der Hintergrund: Bayern hat sich dafür entschieden, nur noch Bezahlkarten mit Abhebe-Limit an Geflüchtete zu geben. Mit diesen Karten können sich die Nutzer an Geldautomaten höchstens 50 Euro im Monat auszahlen lassen. Das sei angemessen, meint Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Mit 50 Euro in bar könnten Flüchtlinge das Notwendige bezahlen -- eine Busfahrkarte etwa oder ein Brötchen beim Bäcker. Bezahlkarten sollen Überweisungen ins Ausland erschweren, zum Beispiel an Schleuser und Schlepper, und den Anreiz für irreguläre Migration senken.

Für das Bündnis „Offen bleiben München“ sind diese Einschränkungen „rechtspopulistische Symbolpolitik“, das Limit von 50 Euro Bargeld im Monat findet es „diskriminierend“. In München haben sie daher ein System erfunden, mit dem die Regeln ausgetrickst werden können.

So funktioniert der Trick: Erst Geld für Gutscheine, dann Gutscheine für Geld

Uns so funktioniert es: Ein Geflüchteter kauft einen Gutschein bei Aldi, Edeka, Rewe, Lidl, oder dm. In einer „Wechselstube“ bekommt er dafür Bargeld. Bürgerinnen und Bürger tauschen anschließend in dem Büro Bargeld gegen die Gutscheine.

Die FDP-Landtagsfraktion in NRW fordert jetzt von der schwarz-gelben Landesregierung Antworten auf die Fragen, ob es in NRW vergleichbare Versuche zur Umgehung der Bezahlkarte gebe und ob NRW schon über Gegenmaßnahmen nachdenke.

FDP-Politiker Lürbke: „Diese Schlupflöcher dürfen in NRW nicht entstehen“

„Die Entwicklungen in Bayern zeigen, wie leicht die Bezahlkartenregelung für Flüchtlinge umgangen werden kann. Es ist völlig inakzeptabel, dass in Nordrhein-Westfalen ähnliche Schlupflöcher entstehen könnten“, sagte FDP-Fraktionsvize Marc Lürbke dieser Redaktion. „Es darf nicht sein, dass die Steuerungsfunktion der Bezahlkartenregelung durch derartige Tricksereien ausgehebelt wird. Die Integrität unserer Sozialleistungen muss gewährleistet sein“, so Lürbke weiter. NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) stehe hier in der Pflicht.

Verzögerung bei der Bezahlkarte

Bei der bundesweiten Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge kommt es zu Verzögerungen. Grund sind Einsprüche von Unternehmen im Ausschreibungsverfahren, wie das zuständige Unternehmen Dataport in Hamburg mitteilte.

Zu Hintergrund, Zahl sowie möglicher Dauer dieser Nachprüfungsverfahren und inwieweit diese die Einführung der Bezahlkarte verzögern könnten wurde nichts bekannt. Dataport war mit dem Ausschreibungsverfahren für das geplante länderübergreifende bargeldlose Bezahlsystem für Flüchtlinge beauftragt worden.

14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar darauf verständigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Die Karte soll unter anderem Geldzahlungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern verhindern, Kommunen bei der Verwaltung entlasten und den Anreiz für irreguläre Migration senken. (dpa)

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte im Juni die Initiativen weniger Länder, Bezahlkarten mit nur 50 Euro Bargeldrest an Geflüchtete auszugeben, gelobt. In NRW sind die Städte allerdings nicht dazu verpflichtet, diese Bezahlkarten einzuführen. Viele Kommunen zögern, weil sie den Verwaltungsaufwand, der damit verbunden wäre, fürchten.

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