Berlin. Präsident Biden verwechselt Selenskyj mit Putin und spricht von Vizepräsident Trump. Eine Hirnforscherin erklärt, wie Patzer passieren.

Wie konnte das nur passieren? Zweimal unterlief US-Präsident Joe Biden vor der Weltöffentlichkeit ein Lapsus. Er stand schon nach dem verwirrenden TV-Duell gegen Donald Trump unter Beobachtung, aber jetzt wird der Präsidentschaftskandidat der Demokraten regelrecht angezählt.

Hat der Hollywood-Star George Clooney recht, wenn er von einer Schlacht spricht, die Joe Biden nicht gewinnen könne, „den Kampf gegen die Zeit“? Oder ist es ganz normal, dass uns das Gehirn einen Streich spielt? Wir haben dazu eine Expertin befragt, Isabell Wartenburger, Professorin für Patholinguistik an der Universität Potsdam.

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Die gute Nachricht für Biden ist, „Versprecher passieren jedem von uns.“ Die schlechte Nachricht ist, die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt im Alter ab. Laut der Wissenschaftlerin geht das „bereits ab Mitte der 20er-Jahre los.“ Biden wird im November 82 Jahre alt.

Trump reagiert auf Bidens Versprecher mit bösem Kommentar

Hirnforscher wie sie können genau erklären, wie das Gehirn einen Satz formt, eigentlich recht planvoll: „Aus dem, was man sagen möchte, programmiert das Gehirn dann, wie sich die Artikulationsorgane bewegen“: Zunge, Lippen, Gaumen. „Und diese Laute werden dann hörbar produziert. So entsteht gesprochene Sprache.“

Recht häufig komme es bei diesem Prozess zu Fehlern. Solche Versprecher blieben meistens unbemerkt. Im Fernsehen sagt man dazu: versendet. „Sie fallen besonders dann auf, wenn Wörter oder Namen auf eine lustige Weise verdreht werden.“ Wie man es nimmt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, den Biden ausgerechnet mit dem Kremlchef verwechselte („Bitte begrüßen Sie Präsident Putin“), rettete die Situation schlagfertig: „Ich bin besser.“ Mit Sarkasmus reagierte Konkurrent Trump: „Great Job“, kommentierte er den Auftritt auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social.

Der Blick auf Biden hat sich verhärtet

Die breite Öffentlichkeit nahm die präsidialen Aussetzer nicht mit Humor. Sie nahm sie eher als Beleg dafür, dass Biden geistig abbaut. Biden kennt die Erwartungshaltung, so realistisch ist er schon. Er bemerkte, er sei entschlossen zu kandidieren, „aber es ist wichtig, dass ich Ängste zerstreue“.

Das ist ihm misslungen. Jenseits des Alters gibt es weitere Erklärungen für seine Aussetzer. Eine davon ist die ungeheuerliche (und demütigende) Drucksituation, vor allen Augen (und Ohren) einen geistigen Fitnesstest ablegen zu müssen. Geradezu eine Prüfungssituation. Tatsächlich können solche Versprecher laut der Patholinguistin „besonders häufig passieren, wenn man aufgeregt ist.“ Und das darf man in diesem Fall, bei aller Erfahrung und Routine, bei Biden getrost unterstellen.

Bidens richtige Erklärungsversuche

Forscher gehen davon aus, „dass die Bedeutungen der Wörter in einem Sprachnetzwerk als Eigenschaften gespeichert sind. Wenn ich zum Beispiel ‚Apfel‘ sage, ist im Gehirn auch, ‚Birne‘ aktiv, da beide Wörter ähnliche Eigenschaften haben. Es kann dann also passieren, dass ich Birne statt Apfel sage.“

Biden selbst hat nach Wartenburgers Beobachtung spontan ganz gut reflektiert, was ihm da passiert ist. Wartenburger: „Weil er sich so sehr mit Putin beschäftigt, ist dieser Name in seinem Sprachnetzwerk gerade sehr aktiv. Und dies könnte erklären, warum er diesen Namen als Versprecher für Präsident Selenskyj als ukrainischen Präsidenten produziert hat.“ Oder auch warum er einmal von Vizepräsident Trump sprach statt Vizepräsidentin Harris – noch ein Fauxpas. Man kann wohl annehmen, dass ihn niemand in den letzten Jahren so umgetrieben hat wie seine größten Widersacher: daheim Trump und international Putin.

Dieser Versprecher hallen nach

Wortverdrehungen oder Versprecher passieren erst recht häufig, „wenn Teile des Sprachzentrums im Gehirn geschädigt sind“, zum Beispiel, wenn jemand einen Schlaganfall hatte und in der Folge an einer Sprachstörung leidet, der sogenannten Aphasie. Das könne die Kommunikation stark einschränken.

Das ist keine Ferndiagnose. Fakt ist aber, dass die Gesundheit des Präsidenten in den USA diskutiert wird. Möglicherweise ist Biden nur etwas unterlaufen, was jedem von uns passiert: ein Versprecher. Aber der Blick auf ihn hat sich geändert: Er ist härter, zweifelnder, unbarmherziger geworden, selbst von Biden-Fan George Clooney. Diese Versprecher werden lange nachhallen.

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