Düsseldorf. Sprengstoffanschlag auf Linken-Zentrum in Oberhausen ist womöglich kein Einzelfall. Unter extremen Rechten herrsche “Endzeitstimmung“.

Nach dem Sprengstoffanschlag auf ein Zentrum der Linkspartei in Oberhausen und angesichts zahlreicher Angriffe auf Lokalpolitiker warnen Beobachter vor einer Radikalisierung der rechten Szene.

„Ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den Anschlägen, ist Spekulation. Wir müssen zunächst die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen abwarten. Man kann aber feststellen, dass sich diese Fälle häufen und dass es möglicherweise keine Einzelfälle sind“, sagte Alexander Häusler, Rechtsextremismus-Experte an der Hochschule Düsseldorf, dieser Redaktion.

Führt zunehmender Frust unter Rechten zu diesen Gewaltausbrüchen?

„Es gibt starke Radikalisierungstendenzen in der rechtextremen Szene und im Umfeld der Querdenker-Szene“, erklärt Häusler. Dort mache sich „Endzeit-Stimmung“ breit. Die Versuche, mit Demos eine breite Öffentlichkeit zu erreichen und mit militantem Auftreten anschlussfähig an die Gesellschaft zu werden, seien weitgehend gescheitert. Das Fenster, dass sich für Radikale in der Pandemie scheinbar öffnete, schließe sich eher wieder.

„Aus einem Gefühl der Enttäuschung heraus radikalisieren sich diese Szenen nach dem Motto: Wenn wir jetzt nicht handeln, ist es zu spät. Einzelne Mitglieder der klassischen Neonazi- Szene oder einzelne Querdenker könnten aus diesem Gefühl heraus Anschläge verüben“, so Häusler.

Seit 2019 mehr als 130 politisch motivierte Taten gegen Partei-Einrichtungen

An Rhein und Ruhr In NRW hat es seit Anfang 2019 mehr als 130 politisch motivierte Straftaten gegen Einrichtungen von Parteien gegeben. Das berichtet das NRW-Innenministerium auf Anfrage dieser Redaktion. Am häufigsten war die SPD betroffen (30 Delikte). Auf Einrichtungen der AfD wurden 24 Straftaten gezählt, auf die der CDU 21, gegen die Grünen richteten sich 20, gegen die Linke 19 Delikte.

Die Hintergründe der Explosion am Dienstag, die an dem Linken-Zentrum und umliegenden Gebäuden in Oberhausen schwere Schäden verursachte, sind unklar, der Staatsschutz ermittelt. Die Partei vermutet die Täter im rechten Spektrum, da das Zentrum wiederholt mit rechten Parolen beschmiert worden war. Am Wochenende nahmen in Oberhausen mehrere Hundert Menschen an einer Solidaritätskundgebung teil.

Aktuelle Straftaten gegen Lokalpolitiker in Erkelenz und in Bayreuth

Übergriffe auf Lokalpolitiker häufen sich. In Erkelenz beschmierten letzte Woche Unbekannte das Auto des Grünen-Ratsmitgliedes Manoj Jansen mit einem Hakenkreuz und dem Wort „Jude“. In Bayreuth erlitt am Wochenende Stadtrat Halil Tasdelen (SPD) nach einer offenbar rassistisch motivierten Attacke einen Nasenbeinbruch.

Die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Verena Schäffer, beobachtet „eine deutliche Radikalisierung und hohe Gewaltbereitschaft im rechtsextremen Spektrum“, insbesondere im Bereich der Hasskriminalität und angeheizt durch rassistische und antisemitische Verschwörungsmythen.“ Der Staat müsse konsequent dagegen vorgehen, Gefährder beobachten, Haftbefehle vollstrecken und Rechtsextreme entwaffnen, sagte sie dieser Zeitung.