Essen. VRR-Studie rechnet mit bleibender Änderung der Mobilität. Die großen Ruhr-Unis forschen unterdessen an neuen Verkehrskonzepten.

Wie werden wir uns nach der Pandemie fortbewegen? Diese Frage beschäftigt derzeit gleich mehrere große Akteure der Region. Zwei Studien sind aktuell auf dem Markt, die dem erwarteten Mobilitätsverhalten der Menschen nach Corona auf den Zahn fühlen.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat gemeinsam mit den örtlichen Industrie- und Handelskammern die Folgen der Pandemie für den Berufsverkehr untersuchen lassen. Zentrales Ergebnis der vom Mobility Institut Berlin durchgeführten Umfrage unter 600 Unternehmen mit insgesamt 270.000 Beschäftigten: Der Trend zu mehr Homeoffice wird auch nach der Pandemie anhalten, der Gesamtverkehr in der Folge dauerhaft um 5,5 bis 8 Prozent zurückgehen.

Ein Viertel der Beschäftigten werden von Zuhause aus arbeiten

Rund ein Viertel aller Arbeitnehmer werde demnach künftig wohl an einigen Tagen in der Woche von Zuhause arbeiten. Vor der Pandemie taten dies nur zehn Prozent. Der erwartbare Rückgang des Berufsverkehrs hat für die ÖPNV-Planer gravierende Auswirkungen. „Berufs- und Ausbildungsverkehre sind unser Kerngeschäft“, sagte VRR-Vortstandsmitglied Luis de Castrillo am Dienstag bei der Präsentation der Studie. Der VRR reagiert mit einem neuen Tarifangeboten. Das neue „FlexTicket“ soll den Veränderungen Rechnung tragen. Zielgruppe dieser Kombination aus Grundbetrag und Rabattierung von Tagestickets sind Berufstätige, für die sich das klassische Monatsabo nicht mehr lohnt.

Gemeinsames Forschungsprojekt "InnaMoRuhr" der drei großen Ruhr-Universitäten 

Pläne für eine Mobilität von morgen schmieden auch die drei großen Ruhrgebiets-Universitäten. Mit 15.000 Beschäftigten und 120.000 Studierenden bieten sich die Bochumer Ruhr-Uni, die TU Dortmund und die Universität Duisburg-Essen als Reallabor für Verkehrskonzepte geradezu an. Das vom Land mit 1,9 Millionen Euro geförderte Forschungsprojekt „InnaMoRuhr“ untersucht im Auftrag der Ruhr-Konferenz, wie die Mobilität zwischen den Uni-Standorten künftig aufgestellt sein sollte.

Oft gescholtener ÖPNV bekommt in der Umfrage gute Noten

Am Dienstag stellte das Team um den Dortmunder Soziologie-Professor Johannes Weyer die Ergebnisse einer Befragung unter mehr als 10.000 Hochschulangehörigen und Studierenden vor. Überraschende Erkenntnis: Der in der Region oft gescholtene ÖPNV bekommt in der Umfrage mehrheitlich gute Noten. Lediglich knapp 19 Prozent übten deutliche Kritik am vorhandenen Nahverkehrsangebot. Untersucht hat das interdisziplinäre Forscherteam auch die Veränderungen von Wünsche und Gewohnheiten unter dem Eindruck der Corona-Pandemie: Das Fahrrad geht dabei als klarer Sieger unter den Verkehrsmitteln hervor. Das Auto kann sich mit einer Verschiebung hin zu alternativen Antrieben behaupten. Der ÖPNV verliert an Zuspruch.

Ab kommenden Jahr wollen die Forscher ihre Erkenntnisse in Simulationen untermauern. Anschließend geht es an die konkrete Umsetzung von Referenzprojekten an den Uni-Standorten.  E-Shuttledienste oder digitale Mitfahr-Plattformen könnten also bald Wirklichkeit werden.