Karlsruhe.. Zehn Morde der RAF werden vermutlich nie aufgeklärt. Rainer Griesbaum hat Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt gefasst – jetzt geht er in Ruhestand.

Rainer Griesbaum, der stellvertretende Generalbundesanwalt, hat in seiner Laufbahn die RAF-Mörder Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt auf die Anklagebank gebracht, den Kampf gegen den islamistischen Terror geführt, zuletzt gegen die rechtsextreme NSU ermittelt. „Er ist der Nestor im Kampf gegen den Terror“, lobt sein Chef, Deutschlands oberster Ankläger Harald Range. Jetzt geht Griesbaum in den Ruhestand – und hinterlässt ein schwarzes Loch.

Denn: Insgesamt zehn Morde der „dritten Generation der RAF“ aus den Jahren 1985 bis 1992 bleiben vielleicht für immer ungeahndet.

Bittere Bilanz

Denn Griesbaums Staatsanwälte haben in den letzten Wochen mit Experten des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden zusammengesessen und eine bittere Bilanz gezogen. „Alle Ermittlungsansätze und alle Spuren sind abgearbeitet. Wir stecken in der Sackgasse“, sagt Griesbaum.

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Es geht dabei auch um Morde, die die Republik erschütterten:

Juli 1986: Der Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts und sein Fahrer Eckhard Groppler werden in Straßlach durch einen Bombenanschlag getötet.

November 1989: Unbekannte sprengen Alfred Herrhausen, Chef der Deutschen Bank, in seinem Wagen in Bad Homburg in die Luft.

Oktober 1986: In Bonn wird der Top-Diplomat Gerold von Braunmühl erschossen. Der Schütze lauerte ihm vor seinem Haus auf.

April 1991: Düsseldorf-Oberkassel. Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder, der vorher den Dortmunder Hoesch-Konzern geführt hat, stirbt, getroffen von zwei Kugeln. Der Mörder hat durch sein Wohnzimmerfenster gezielt. Hergard Rohwedder, die Ehefrau, wird verletzt. Rohwedder ist das letzte Opfer der „Rote Armee Fraktion“. 1998 erklärt sie sich für aufgelöst.

Vier Täter noch auf der Flucht

In den Akten der Bundesanwaltschaft gibt es noch immer 16 einzelne Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der dritten, der unbekannten Generation der Linksterroristen. Einige Vorgänge, so der Mord an dem US-Soldaten Edward Pimenthal 1985, konnten zwar aufgeklärt werden. In Rohwedders Garten fand man ein Haar von Wolfgang Grams, der sich später in Bad Kleinen selbst umbrachte. Und vier mutmaßliche Täter dieser Gruppe sind nach wie vor zur Fahndung ausgeschrieben: Burkhard Garweg, Friederike Krabbe, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub. Klette und Staub, das belegen DNA-Spuren, haben noch Anfang der 90er-Jahre in Duisburg einen Geldtransporter überfallen und eine Million Euro erbeutet.

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Letztendlich keinem Verdächtigen zuzuordnen und damit unaufklärbar bleiben die schwersten Taten aber, weil verurteilte und längst wieder freigekommene RAF-Mitglieder schweigen. Die Bundesanwälte sind überzeugt, dass Eva Haule und Birgit Hogefeld wissen, wer die Mörder von Rohwedder, Herrhausen und Braunmühl sind.

Hoffen auf Zukunftstechnik

Sie hätten ihre Kenntnis sogar schriftlich entweder in Leserbriefen („Die RAF ist verantwortlich...“) oder Interviews eingeräumt. Aber: „Rechtskräftig verurteilte ehemalige RAF-Mitglieder als Zeugen zu vernehmen, ist aus rechtlichen Gründen sehr eingeschränkt möglich“, weiß Cheffahnder Griesbaum. Auch gilt: „Bei Gefahr einer Selbstbelastung können sie die Aussage verweigern.“

Griesbaum hat eine letzte Hoffnung: die Entwicklung der Kriminaltechnik. Vielleicht bringt sie irgendwann eine Spur zu den Mördern. Doch dann ist er Pensionär.