Essen. Ärgerliche Taktbrüche: Der Regionalverband Ruhr macht 65 „Schwachstellen“ im Nahverkehr zwischen benachbarten Revierstädten ausfindig.

Im oft als Flickenteppich bespöttelten öffentlichen Nahverkehr des Ruhrgebiets soll es schon bald in einem besonders sensiblen Bereich entscheidende Fortschritte geben. Der Regionalverband Ruhr (RVR) hat in enger Zusammenarbeit mit Kommunen, Verkehrsunternehmen und dem VRR bislang insgesamt 65 verschiedene „Schwachstellen“ im grenznahen ÖPNV zwischen benachbarten Revierkommunen ausfindig gemacht.

Taktbrüche und fehlende Verbindungen

Das heißt: Dort wo es heute noch unliebsame Taktbrüche, Probleme bei den Übergängen von einem Verkehrsbetriebe zum anderen oder gänzlich fehlende ÖPNV-Verbindungen gibt, könnten schon morgen zusätzliche Busse rollen oder besser abgestimmte Fahrpläne den Pendler-Alltag erleichtern.

Zustimmen müssen die Städte selbst

Geht es nach den RVR-Planern, könnten diese Lücken bereits ab 2024 nach und nach geschlossen werden. Zurzeit erarbeitet der RVR eine Prioritätenliste von 46 dieser Lücken im städteübergreifenden ÖPNV. Die Vorlage geht bereits im März in die politischen Gremien des Verbandes. Zustimmen müssen am Ende auch die Städte selbst. Denn als sogenannte Aufgabenträger des ÖPNV stehen die Kommunen für die Kosten gerade, die eine Fahrplanausweitung in wahrscheinlich erheblichem Ausmaß mit sich bringen würde.

Fördermittel vom Land?

RVR-Planungsdezernent Stefan Kuczera ist jedoch „guter Dinge“, dass das Land Fördermittel für das Projekt bereitstellen wird, wie er dieser Redaktion bestätigte. Und RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel verweist auf NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes. Die CDU-Politikerin hatte sich im RVR-Kommunalrat, dem einflussreichen Gremium der elf Oberbürgermeister und vier Landräte des Reviers, erst kürzlich überaus wohlwollend zur Mobilitäts-Initiative des RVR geäußert.

Kommunale Planung endet an der Stadtgrenze

Beispiele für stiefmütterlich behandelte Nahtstellen im städteübergreifenden ÖPNV gibt es im Ruhrgebiet mit seiner dichten Siedlungsstruktur und oftmals kaum wahrnehmbaren Stadtgrenzen zuhauf. Ob zwischen Oberhausen-Lirich und dem gegenüberliegenden Duisburg, zwischen Essen-Karnap und dem benachbarten Gelsenkirchen-Horst oder zwischen Essen-Kray und Bochum-Wattenscheid: Überall endet die kommunale Nahverkehrsplanung vor der eigenen Stadtgrenze.

Oftmals liegen Stadtteilzentren und Wohngebiete benachbarter Kommunen nur wenige Hundert Meter Luftlinie auseinander. Doch wer auf den ÖPNV angewiesen ist und kein Auto nehmen will oder kann, der muss nicht selten eine umständliche Reise über mehrere Hauptbahnhöfe antreten, um das selben Ziel zu erreichen.

Kreis Wesel macht nicht mit

Dass sich der Regionalverband überhaupt mit dem Thema Nahverkehr beschäftigt, geht auf eine Initiative der Revier-OBs aus dem Jahr 2019 zurück. Sie hatten sich mit den Chefs der großen kommunalen Verkehrsunternehmen auf einen Elf-Punkte-Plan zur Stärkung des ÖPNV geeinigt. Ziel: die Abstimmung der Nahverkehrspläne. Einzig der Kreis Wesel scherte aus dem gemeinsame Projekt aus.