An Rhein und Ruhr. Die Kälte hat unter Obdachlosen so viele Tote wie seit elf Jahren nicht mehr gefordert. Experten warnen vor schwierigen Corona-Bedingungen.
In diesem Winter sind bundesweit nach Zählung der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe bereits 19 obdachlose Menschen (Stand, 11. Februar) den Kältetod gestorben, so viele wie seit elf Jahren nicht mehr. BAG-Sprecherin Werena Rosenke führt die Entwicklung jenseits des aktuellen Kälteeinbruchs auch auf die Bedingungen in der Corona-Pandemie zurück.
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der wohnungslosen Menschen deutlich zugenommen. In NRW stieg sie von rund 25.000 im Juni 2016 auf etwa 46.600 im Juni 2019 – ein Anstieg von 86 Prozent. „Damit steigt auch die Zahl der Obdachlosen, also derjenigen, die auf der Straße leben“, so Rosenke.
Corona macht die Lage noch schwieriger
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist die Lage für Obdachlose schwieriger geworden. In den Notunterkünften werden die Zimmer jetzt mit deutlich weniger Menschen belegt, um die Corona-Bestimmungen einhalten zu können.
Manche Kommunen, so Rosenke, hätten ihre Kapazitäten nicht erweitert, so dass nun weniger Obdachlose untergebracht werden könnten. Die BAG-Sprecherin fordert die Kommunen auf, leerstehende Hotels oder Ferienwohnungen anzumieten, um Obdachlose besser unterbringen zu können. Für vorbildhaft hält sie dabei Düsseldorf. Die Landeshauptstadt hat bereits neun Hotels angemietet und so Platz für mehrere Hundert Menschen geschaffen.
Bisher zwei Kältetote in Nordrhein-Westfalen
Rosenke weist aber auch darauf hin, dass viele Obdachlose aus Angst vor Corona den Unterkünften fernblieben, weswegen dort auf das Virus getestet werden solle.
In NRW gab es in diesem Winter laut BAG bislang zwei Kältetote – in Bonn und in Köln. Landessozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) betont: „Gerade in dieser kalten Jahreszeit, und erst recht unter Corona-Bedingungen, haben wir die Menschen, die kein eigenes Dach über dem Kopf haben, verstärkt im Blick.“ Man helfe gemeinsam mit den Trägern der Wohnungslosenhilfe unkompliziert, etwa durch die Verteilung von Schlafsäcken, Rucksäcken, Desinfektionsmitteln und Lebensmitteln.
Zudem, so Laumann, finanziere das Land warme Übernachtungsmöglichkeiten wie beheizte Zelte. „Für mich ist ganz klar: Wir müssen uns gerade in schwierigen Zeiten um diejenigen kümmern, die es schwer haben in der Gesellschaft. Das ist mir persönlich sehr wichtig.“
Corona-Notfallpaket für Obdachlose
Laut Landessozialministerium hat knapp die Hälfte (49,4 Prozent) der erfassten erwachsenen wohnungslosen Personen eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. Mehr als zwei Drittel der erfassten wohnungslosen Personen sind männlich (66,7 Prozent). Das Land stellt Kältehilfen zur Verfügung (2020: rund 340.000 Euro) und hat ein Corona-Notfallpaket zur Verbesserung der Situation obdachloser Menschen in der Corona-Krise bereitgestellt.