Essen. Seit Mai streiken Uniklinik-Beschäftigte für einen Tarifvertrag Entlastung. Der Landtag macht den Weg frei, nun appelliert Verdi ans Land.
Der Tarifkonflikt an den sechs Universitätskliniken in NRW spitzt sich nach Darstellung der Gewerkschaft Verdi „in dramatischer Weise“ zu. Nach über acht Wochen Streik und 15 Verhandlungstagen sind die Gespräche über einen „Tarifvertrag Entlastung“ offenbar ins Stocken geraten.
Die Arbeitgeber stellten den Kern des geforderten Tarifwerks infrage, sagte Gabriele Schmidt, Verdi-Landesleiterin in NRW, in einer Mitteilung vom Mittwoch. Sie hätten am Dienstag erklärt, dass es mit ihnen keine Regelungen geben werde, die „real entstehenden Be- und Überlastungssituationen der einzelnen Beschäftigten“ auszugleichen, so Schmidts Vorwurf. Laut Verdi stellten die Klinikleitungen zudem infrage, ob der Flächentarifvertrag weiterhin für die Uniklinik-Beschäftigten gilt. Darin sind Fragen zu Einkommen, Arbeitszeit oder Urlaubsansprüche für alle Landesbeschäftigten geregelt.
Verdi-Chefin: Uniklinik-Affront gegen Landesregierung
Die Verdi-Chefin sieht die neue schwarz-grüne Landesregierung in der Pflicht einzugreifen. „Sie muss ein Machtwort sprechen“, sagt Schmidt und spricht von einem Affront der Klinikleitungen gegen die Landesregierung. Im Frühjahr hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) noch zugesichert, dass Uniklinik-Beschäftigte gegenüber anderen Landesbeschäftigten nicht schlechter gestellt werden sollten.
Seit Mai streiken Uniklinik-Beschäftigte für einen Tarifvertrag, mit dem sie höhere Personalschlüssel für Pflege, Kreißsaal, Service oder auch die Physiotherapie vereinbaren wollen. Wenn Beschäftigte in unterbesetzten Schichten arbeiten, wollen sie dafür einen Freizeitausgleich erhalten. Der Streik hat erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung im Land.
Unikliniken weist Vorwürfe zurück: Verdi halte an bürokratischem Modell fest
Die Unikliniken weisen die Darstellung von Verdi zurück und werfen der Gewerkschaft in einer Mitteilung von Mittwochnachmittag ihrerseits vor, an einem bürokratischen Entlastungsmodell festzuhalten, das bei Unikliniken nicht ohne weiteres umsetzbar ist, und den Streik mit unverminderter Härte fortzusetzen.
„Wir sind nicht stehen geblieben, sondern haben unser Angebot im Rahmen der Verhandlungen deutlich weiterentwickelt“, sagt Andrea Schmidt-Rumposch, Pflegedirektorin der Universitätsmedizin Essen. Wer in der Pflege einer nordrhein-westfälischen Uniklinik arbeitet, könne sich daher zukünftig sicher sein, dass es keine besseren Regelungen in anderen Krankenhäusern gibt.
Uniklinik-Chef zum Tarifstreit- „Wir verweigern uns nicht“Mit ihrem angebotenen Personalaufbau in der Pflege erreichten die Personalschlüssel an den Unikliniken auch im europäischen Vergleich ein sehr hohes Niveau. Zudem habe man Vorschläge zum Personalaufbau auf andere patientennahe Bereiche wie etwa den OP-Bereich ausgeweitet. Statt fünf Entalstugnstage für Pflegekräften soll es nun bis zu sieben freie Tage auch für Beschäftigten in patientennahen Bereichen geben. Den anvisierten Stellenaufbau haben die Unikliniken bislang nicht öffentlich beziffert.
Neues Hochschulgesetz: Unikliniken sollen eigenen Arbeitgeberverband gründen
Bereits im Vorfeld hatte es unterschiedliche Meinungen zu der Frage gegeben, ob die Kliniken überhaupt einen „Tarifvertrag Entlastung“ aushandeln dürfen. Am Mittwoch hat der Landtag mit den Stimmen von CDU, SPD, Grüne und AfD mehrheitlich eine Änderung des Hochschulgesetzes beschlossen, die das nun ermöglicht. Dazu sollen die Kliniken einen eigenen Arbeitgeberverband gründen. Sie treten damit aus dem Arbeitgeberverband des Landes und so auch aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) aus.
Damit der durch TdL und Gewerkschaften ausgehandelte Flächentarifvertrag trotzdem weiterhin für die Unikliniken gilt, sollte ein sogenannter Anerkennungsvertrag geschlossen werden.