Düsseldorf. Nach dem Corona-Gipfel mit Merkel hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet die Lockdown-Regeln für NRW erläutert. Das kommt auf die Bürger zu.
Es ist das abrupte Ende von Weihnachtsgeschäft, Präsenzunterricht an den Schulen, der Illusion vom Kita-Regelbetrieb und der Verheißung einer rasch wiederkehrenden „verantwortungsvolle Normalität“. Ganz Deutschland und vor allem die NRW-Landesregierung, die sich lange gegen einen harten Lockdown gesträubt hatte, mussten am Sonntag eine radikale Wende in der Krisenbekämpfungsstrategie einläuten:
Bund und Länder werden das öffentliche Leben ab Mittwoch (16. Dezember) bis zum 10. Januar herunterfahren. Darauf einigten sich am Sonntagvormittag die 16 Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Angesichts anhaltend hoher Corona-Infektionszahlen steht Deutschland nun vor einem mehrwöchigen Shutdown.
Kurz vor dem bundesweit geplanten Corona-Lockdown informiert Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag (10.00 Uhr) das Parlament. In einer Sondersitzung wird der Düsseldorfer Landtag über Einzelheiten der Bund-Länder-Vereinbarungen vom Wochenende unterrichtet.
Im Anschluss an das Corona-Krisengespräch am Sonntag ist NRW-Ministerpräsident Armin Laschet bereits vor die Kameras getreten und informierte zur Lage in der Corona-Pandemie und über weitere Maßnahmen für NRW. Welche das sind, lesen Sie hier:
Corona-Lockdown in NRW: Das sind die Regeln
„Deutschland befindet sich in einer ernsten Lage“, sagte Armin Laschet zu Beginn der Pressekonferenz. Der schnellstmögliche Lockdown sei die Antwort darauf. Man wolle eine nationale Gesundheitsnotlage verhindern.
Der NRW-Ministerpräsident stellte die Bürger auf eine harte Zeit ein. „Es braucht für einige Wochen nicht nur Ruhe, sondern Stillstand. In Deutschland und Nordrhein-Westfalen“, so Laschet. „Wir brauchen jetzt eine Vor-Quarantäne vor dem Weihnachtsfest und deutliche Maßnahmen danach.“ Es gelte, eine „nationale Gesundheitsnotlage“ zu verhindern.Hamsterkäufe und überfüllte Innenstädte müssten vermieden werden. Es sei eine Bewährungsprobe für das Land. Alle genannten Maßnahmen gelten ab dem 16. Dezember und bis zum 10. Januar.
Kontaktbeschränkungen: Die Kontakte sollen mit Ausnahme der Zeit vom 24. bis 26. Dezember wie bisher auf maximal fünf Personen aus zwei Hausständen reduziert bleiben. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen.
Weihnachten: An Heiligabend sowie an den beiden Weihnachtsfeiertagen können über den eigenen Hausstand hinaus noch vier Erwachsene und deren Kinder unter 14 Jahren aus dem „engsten Familienkreis“ eingeladen werden, auch wenn am Ende damit mehr als zwei Hausstände zusammentreffen. Allerdings darf sich auf diese Weise nur der engste Familienkreis treffen, das heißt: Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandten in gerader Linie, Geschwistern, Geschwisterkindern und deren jeweiligen Haushaltsangehörigen. Beispiel: Eltern dürfen ihre beiden erwachsenen Kinder, die nicht mehr zuhause leben, plus deren Kinder unter 14 an den Feiertagen einladen.
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Kontrollen: Privaträume bleiben für die Polizei weitgehend tabu. „Wir werden überall, wo man feststellen kann, dass Regeln nicht eingehalten werden, sie durchsetzen. Aber es wird keine Stichproben unter Weihnachtsbäumen geben“, kündigte Laschet an. Er appellierte vielmehr an die Bevölkerung: „Das Ziel muss sein, nicht wieder das Schlupfloch zu suchen.“
Hotels: Die Öffnung der Hotels für Verwandtschaftsbesuche über die Feiertage, die NRW ebenso wie einige andere Länder angekündigt hatte, wird wieder zurückgenommen. Dies sei als Angebot gedacht gewesen für die Reisen von größeren Gruppen zu Familienbesuchen, als noch bis zu zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten sich treffen können sollten. „Da jetzt die Zahl auf den allerengsten Familienkreis reduziert ist, wird auch für die Hotels klar gestellt, dass keine Hotelübernachtung stattfinden sollte“, erklärte Laschet.
Silvester: Für Silvester und Neujahr gibt es keine Sonderregeln, das heißt, es dürfen sich maximal fünf Personen aus zwei Hausständen treffen. Angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie gilt ein bundesweites An- und Versammlungsverbot, so dass keine Open-Air-Partys stattfinden können. Auf "publikumsträchtigen Plätzen", die von den Kommunen bestimmt werden, gilt ein Feuerwerksverbot. Zudem wird der Verkauf von Böllern vor Silvester grundsätzlich verboten. Bereits erworbene Raketen sollten nicht gezündet werden. „Die Sorge ist groß, dass unsere Krankenhäuser selbst mit kleinen Verletzungen zusätzlich belastet werden“, so Laschet zum Böllerverbot.
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Alkoholverbot: Wegen des Trends zu „Glühwein-Wanderungen“ und Stehpartys vor Imbissbuden wird der Verzehr von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum vom 16. Dezember bis 10. Januar grundsätzlich untersagt. Verstöße sollen mit einem Bußgeld geahndet werden.
Ausgangssperren: In Regionen mit extrem hohen Infektionszahlen kann die Kommunalverwaltung in Absprache mit dem Land Ausgangssperren verhängen. Ohne triftigen Grund oder ab einer bestimmten Uhrzeit darf man dann nicht mehr vor die Tür treten. Zurzeit gibt es in NRW nur in den Landkreisen Düren und Lippe Ausgangssperren.
Handel: NRW schließt von Mittwoch, 16. Dezember bis mindestens 10. Januar alle Läden, außer jene Geschäfte, die den täglichen Bedarf abdecken: Dazu gehören unter anderem der Lebensmittel-Einzelhandel, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Banken, Poststellen, Reinigungen, Wochenmärkte und Direktvermarkter für Lebensmittel, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser und Apotheken. Auch der Weihnachtsbaum-Verkauf bleibt möglich.
Damit bleiben Friseure und andere Dienstleistungsbetriebe wie Baumärkte geschlossen. Der Lockdown im Einzelhandel ist damit umfassender als im März, als zumindest noch Baumärkte Kunden bedienen durften. Eine Übersicht, welche Geschäfte schließen müssen, finden Sie hier.
In den Innenstädten war wegen der ungewissen Lage am Samstag ein erheblicher Kundenansturm verzeichnet worden. Es bleibt abzuwarten, ob nun auch am Montag und Dienstag die Menschen noch einmal in die Geschäfte und Shopping Malls strömen werden, um letzte Besorgungen vor Weihnachten zu erledigen. Armin Laschet kündigt für diesen Fall strikte Kontrollen der Corona-Regeln an.
Dienstleistungen: Nur noch medizinisch notwendige Physio-, Ergo oder Logotherapien sowie Fußpflege bleiben vom 16. Dezember an erlaubt. Friseursalons, Kosmetikstudios oder Massagepraxen müssen dagegen schließen.
Schule: Ab Montag muss niemand mehr seine Kinder in die Schule schicken. Das hat das Land bereits am Freitag entschieden. Ab Klasse acht wird der Unterricht grundsätzlich nicht mehr im Klassenzimmer erteilt, sondern auf Distanz. Das heißt: Die Schüler lernen zuhause und bekommen Lernmaterial auf digitalem Weg. Die Schulen bleiben dennoch bis zum 18. Dezember geöffnet für Schüler der Klassen 1 bis 7 sowie Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf. Die Eltern können aber entscheiden, ihre Töchter und Söhne nicht zur Schule zu schicken. Mehr zu den Regeln in den Schulen lesen Sie hier.
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Im gemeinsamen Beschlusspapier der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten heißt es konkret, dass Kinder zwischen dem 16. Dezember und dem 10. Januar „wann immer möglich“ zu Hause betreut werden sollten. Schulen sollen dafür entweder „grundsätzlich geschlossen“ werden, oder die Präsenzpflicht werde ausgesetzt, das bedeutet Unterricht zu Hause. Auch von Extra-Urlaub ist die Rede: „Für Eltern werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub zu nehmen.“
Lesen Sie hier:Lockdown ab Mittwoch – Das wurde beim Gipfel beschlossen
Kita: Die Kindertagesstätten in NRW bleiben grundsätzlich geöffnet, doch Familienminister Joachim Stamp (FDP) hatte schon vergangenen Freitag alle Eltern aufgerufen, die Kindergartenkinder möglichst zuhause zu behalten. Ministerpräsident Laschet begründete das Verfahren damit, dass man - anders als im Frühjahr - nicht wieder bestimmte Berufsgruppen aus der sogenannten kritischen Infrastruktur mit Betreuungsanspruch habe herausheben wollen.
Pflegeheime: Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sollen auch an den Feiertagen Besuch empfangen können. Als besondere Schutzvorkehrung will NRW das Heimpersonal mehrmals pro Woche verpflichtend testen, außerdem soll in Regionen mit hoher Corona-Inzidenz für Besucher der Nachweis eines aktuellen negativen Coronatests (höchstens 24 Stunden alt) verbindlich werden. Für Mitarbeitende gilt die Pflicht, FFP2-Masken zu tragen. Anders als im Frühjahr dürfe man die Alten und Pflegebedürftigen „nicht wieder abschotten“, sagte Laschet.
Gottesdienste: Messen an Weihnachten sind nur in sehr eingeschränktem Rahmen möglich. Zwischen den Gläubigen, die auch in der Kirchbank Maske tragen müssen, ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Es herrscht Gesangsverbot und Anmeldepflicht. Laschet will mit den Glaubensgemeinschaften besprechen, wie darüber hinaus ein Mittelweg zwischen Infektionsschutz und dem Grundrecht auf Religionsausübung am besten beschritten werden kann.
Einreise-Quarantäne: In NRW wurde die obligatorische Quarantäne-Verpflichtung für Einreisende aus ausländischen Risikogebieten vom Oberverwaltungsgericht gekippt. Hintergrund war die rechtliche Argumentation, dass die lokale Corona-Inzidenz im Herkunftsland niedriger sein kann als am Zielort in NRW. Laschet kündigte Nachbesserungen und regionale Klarstellungen innerhalb der nächsten Tage an.
Hilfen für Betriebe: Geschäfte, die wegen des Lockdowns schließen müssen, sollen einen großen Teil ihrer Fixkosten vom Bund erstattet bekommen. Dazu zählen Mieten, Pachten, Finanzierungen oder Abschreibungen für den Wertverlust von Waren. Bei Umsatzrückgängen von mehr als 70 Prozent werden zum Beispiel 90 Prozent der Fixkosten erstattet. Der Höchstbetrag liegt bei 500.000 Euro. Es soll rasche Abschlagszahlungen geben. Der Bund rechnet damit, dass diese Erstattungen den Steuerzahler bundesweit rund elf Milliarden Euro pro Monat kosten werden.
Kehrtwende in der Schulpolitik: Opposition fordert Gebauers Rücktritt
Bereits am Freitag hatte die schwarz-gelbe Landesregierung eine drastische Kehrtwende in ihrer Bekämpfungsstrategie vollzogen. Armin Laschet (CDU) hatte sich zu diesem Zeitpunkt für die sofortige Schließung fast aller Geschäfte, eine Rücknahme der geplanten Lockerungen von Kontaktbeschränkungen an Weihnachten und ein Ende des Präsenzunterrichts an den Schulen stark gemacht. Viele Schulleiter hatten die Kurzfristigkeit der Ankündigung beklagt.
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Auch Lehrer- und Elternverbände reagierten entsetzt auf den abrupten Richtungswechsel. Über Monate wurde von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) jede Alternative zum Präsenzunterricht abgelehnt und den Kommunen zum Teil verboten. Die SPD-Opposition im Landtag fordert Gebauers Rücktritt. Die Ministerin sieht sich jedoch als Taktgeberin der Bund-Länder-Entscheidungen: „Der heutige Beschluss zeigt, dass die Landesregierung bereits im Vorfeld vorausschauend gehandelt und die richtigen Entscheidungen getroffen hatte“, teilte Gebauer am Sonntag mit.
SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte die Landesregierung auf, im Bildungsbereich zu einer „verantwortungsvollen Kommunikation“ zurückzukommen. Laschet wollte derweil nicht ausschließen, dass der Lockdown im neuen Jahr verlängert wird: „Wenn erforderlich, wird auch nach dem 10. Januar werden weiter Maßnahmen da sein.“
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(jha/tobi/dpa)