Düsseldorf. In den NRW-Kitas gilt wegen Corona eine Notbetreuung. 42 Prozent der Kinder werden weiter gebracht. Erzieherinnen kritisieren laxe Umsetzung.
Trotz der „Bundesnotbremse“ sind die Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen gut besucht. In Kommunen, in denen die Corona-Infektionszahlen in der vergangenen Woche erstmals die verschärften Maßnahmen ausgelöst haben, wurden durchschnittlich trotzdem rund 42 Prozent aller Kinder betreut. Zum Vergleich: In Städten, die nicht unter die „Bundesnotbremse“ fallen, waren es rund 72 Prozent. Das geht aus einer ersten Bilanz hervor, die NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Freitagabend gegenüber unserer Redaktion zog.
Die laxe Umsetzung der Bundesnotbremse in den Kindertagesstätten in NRW hatte Kritik hervorvorgerufen. „Die Kontaktreduzierung ist nicht möglich, da es keine wirkliche Begrenzung und Regelung für die Inanspruchnahme des Betreuungsangebots gibt“, kritisierten die Kita-Leitungen des Evangelischen Bildungswerks Duisburg in einem Offenen Brief an NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP). Von einer Umgehung des verschärften Bundesinfektionsschutzgesetzes ist unter Erziehern die Rede.
NRW hat eine eigene Definition für Notbremse in Kitas
Kitas müssen seit vergangener Woche bundesweit ab einer lokalen Inzidenz von 165 Neuinfektionen (pro Woche und 100.000 Einwohner) in die Notbetreuung wechseln. In NRW können sich Eltern jedoch den Betreuungsbedarf mit einem Formular selbst bescheinigen, ohne berufliche oder familiäre Zwänge belegen zu müssen. Deshalb gehen offenbar weiter viele Kinder in die Kita, obwohl die Mehrzahl der NRW-Kommunen über einer Inzidenz von 165 liegt.
Minister Stamp glaubt an verantwortungsvolles Nutzen der Notbetreuung
Stamp verteidigte die umstrittene Eigenerklärung als praxisnah: „Wir wollten die Kita-Leitungen nicht in die Situation bringen, dass sie das, was von den Eltern angemeldet wird, bürokratisch überprüfen müssen“, sagte er dem WDR. Er gehe davon aus, dass die „bedarfsorientierte Notbetreuung“ verantwortungsvoll genutzt werde.
Anders als während des ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 hatte sich die Landesregierung bewusst gegen ein Kita-Betretungsverbot mit Ausnahmen nur für Kinder von Angehörigen bestimmter „systemrelevanter“ Berufsgruppen entschieden, da dies zu großer Verärgerung in der Elternschaft geführt habe.
SPD-Landeschef Kutschaty: "Zurück zur Notbetreuung, wenn es nicht funktioniert"
NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty fordert gegebenenfalls eine Kurskorrektur: „Wenn wir jetzt feststellen, dass die freiwillige Reduzierung der Kita-Teilnahme nicht funktioniert, dann müssen wir wieder zur Notbetreuung zurück. Dann sollten Eltern einen Nachweis vom Arbeitgeber vorlegen müssen, dass sie unabkömmlich sind.“
Eine Sprecherin der Fachgewerkschaft komba sagte dieser Redaktion, viele Erzieherinnen seien in Sorge, weil es „keine echte Notbetreuung“ gebe. Für eine Bewertung der Lage sei es aber zu früh. Auch Barbara Nolte, Kita-Expertin des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) rät: „Wir sollten noch die Füße stillhalten und warten, bis verlässliche Zahlen zur Notbetreuung vorliegen.“ Der VBE besteht aber darauf, dass die versprochenen Schnelltests in den Kitas ankommen. "Bisher wird vielerorts nur kleckerweise geliefert“, so Nolte.
Der Landeselternbeirat begrüßt ausdrücklich die Regelung in NRW. Damit werde der individuelle, familiäre Bedarf in den Fokus gerückt.